Zöliakie: Wenn Getreide krank macht

Zöliakie ist eine chronische Entzündung der Dünndarmschleimhaut und beruht auf einer Unverträglichkeit gegenüber dem Klebereiweiß Gluten. Das Eiweißgemisch steckt in den meisten gängigen Getreidesorten wie Weizen, Dinkel, Roggen, Hafer, Gerste und Grünkern sowie in den alten Weizensorten Einkorn, Emmer und Kamut. Auftreten kann die Erkrankung in jedem Alter und bleibt ein Leben lang bestehen.

Eine Frau und ein Mann schauen bei dem Einkauf auf die Liste mit den Inhaltsstoffen.

Gefahr der Mangelernährung

Zöliakie ist eine Autoimmunkrankheit. Bei Betroffenen reagiert die Schleimhaut des Dünndarms mit Entzündungen, wenn sie Gluten zu sich nehmen. Durch die Entzündung verkümmern mit der Zeit die winzigen, fingerförmigen Darmzotten. „In der Folge kann der Körper nicht mehr genügend Nährstoffe aus dem Darm aufnehmen und es besteht die Gefahr einer Mangelernährung“, sagt Semra Köksal, Ernährungsberaterin bei der AOK. Aus diesem Grund kann die Erkrankung bei Kindern, wenn sie unerkannt bleibt, zu schweren Wachstumsstörungen führen. Etwa ein bis zwei Prozent der Menschen in Europa haben eine nachgewiesene Zöliakie.

Vielfältige Anzeichen

Die Anzeichen für Zöliakie sind vielfältig: Bei Säuglingen und Kleinkindern kann ein aufgeblähter Bauch, der im Kontrast zu einem mageren Körper steht, auf die Erkrankung hinweisen. Weitere Symptome sind Appetitlosigkeit, Erbrechen, Durchfälle und mangelndes Interesse am Spielen. Ältere Kinder klagen häufig über Bauchschmerzen, Durchfälle oder Verstopfung. Kleinwuchs oder eine verzögerte Pubertät können ebenfalls Anzeichen der Erkrankung sein. Im Erwachsenenalter haben viele Betroffene keine oder unspezifische Symptome wie Blähungen, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen oder fettige Stühle. Bei anderen führt die gestörte Nährstoffaufnahme zu einem Vitamin- und Mineralstoffmangel sowie zu Gewichtsverlust. Osteoporose (Knochenschwund) oder Unfruchtbarkeit können ebenfalls auf die Erkrankung hinweisen.

Radio O-Ton von Semra Köksal, Ernährungsberaterin bei der AOK

Diagnose und Behandlung

Besteht der Verdacht auf eine Zöliakie, sollte fachärztlicher Rat eingeholt werden. Um die Diagnose zu stellen, werden Antikörper aus dem Blut bestimmt. Zudem werden während einer Magenspiegelung Gewebeproben aus der Dünndarmschleimhaut entnommen, um eine Schädigung des Dünndarms festzustellen. Eine aussagekräftige Diagnose lässt sich nur stellen, wenn sich die Patientinnen und Patienten glutenhaltig ernähren. Die einzige Möglichkeit, eine Zöliakie zu behandeln, ist hingegen eine glutenfreie Ernährung. Wenn Betroffene selbst kleinste Mengen an Gluten meiden, haben sie in der Regel keine Beschwerden.

Ausgewogene Ernährung auch mit Zöliakie möglich

„Auch wer an Zöliakie leidet, kann sich lecker und ausgewogen ernähren“, sagt Köksal. Um die Umstellung der Ernährung besser zu bewältigen, ist eine Ernährungsberatung sinnvoll. Unproblematisch sind glutenfreie Getreidesorten wie Reis, Mais, Hirse und Buchweizen sowie als Alternative Kartoffeln. Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Salate, Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Nüsse, Eier und Honig sind von Natur aus glutenfrei. Essen können Menschen mit Zöliakie außerdem Tofu, Sojamilch und Mozzarella in Salzlake. „Es gibt ein umfangreiches Angebot an glutenfreien Lebensmitteln, sodass Betroffene auf Brot, Nudeln und Kuchen nicht verzichten müssen“, so Köksal weiter.

Vorsicht geboten ist zum Beispiel bei Wurstwaren, Joghurt, Eiscreme, Pudding, Schokolade oder Fertiggerichten, in denen glutenhaltiges Mehl als Bindemittel steckt. Bier und Malzbier enthalten ebenfalls Gluten. Auch in Pommes frites, Kroketten, Kartoffelpuffer, Frischkäsezubereitungen mit Kräutern, Nuss-Nougat-Cremes, Ketchup, Senf und Chips kann Gluten enthalten sein. „Die Zutatenliste von industriell gefertigten Lebensmitteln sollte sorgfältig durchgelesen werden, um sicherzugehen, dass sie glutenfrei sind", rät Köksal. Diese Lebensmittel sind entsprechend auf der Verpackung mit der Aufschrift „glutenfrei“ und einer durchstrichenen Ähre gekennzeichnet. Bei loser Ware sollte nachgefragt werden.

Auch Inhaltsstoffe von Medikamenten prüfen

Da auch Arzneimittel das Getreideeiweiß enthalten können, empfiehlt sich, die Inhaltsstoffe von Medikamenten ebenfalls zu prüfen oder sich in der Apotheke oder Arztpraxis beraten zu lassen. Vor der Zubereitung glutenfreier Mahlzeiten muss das Kochgeschirr sorgfältig gereinigt werden, am besten ist ein separates für Menschen mit Zöliakie. Glutenhaltige und glutenfreie Lebensmittel sollten getrennt gelagert werden. Und es sind Restaurants zu bevorzugen, die sich mit der Zubereitung glutenfreier Speisen auskennen.

Glutenfreie Ernährung nur bei ärztlich gesicherter Diagnose

Zunehmend steigen auch Menschen ohne Glutenunverträglichkeit auf glutenfreie Lebensmittel um; sei es, weil sie bei sich eine Unverträglichkeit vermuten oder weil sie hoffen, so gesünder zu leben. „Die Umstellung auf glutenfreie Nahrungsmittel ist aber nur bei einer ärztlich gesicherten Diagnose sinnvoll“, betont Ernährungsexpertin Köksal. Da vor allem Getreide eine Vielzahl an Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen enthält, kann der Verzicht darauf zu einer Unterversorgung mit lebenswichtigen Nährstoffen führen.