Rheumatoide Arthritis: Mit Bewegung gegen den Schmerz
Für Menschen, die an entzündlichem Rheuma erkrankt sind, gibt es neben der medikamentösen Behandlung weitere wichtige Möglichkeiten, ihre Lebensqualität zu beeinflussen. Bewegung ist die zweite Säule der Therapie von rheumatoider Arthritis, der häufigsten entzündlichen Form von Rheuma. In den Phasen zwischen den Schüben und bei Rheuma im Frühstadium gilt es, sich aufzuraffen, selbst wenn man erschöpft ist oder nicht schmerzfrei. Auch mit einer vollwertigen Ernährung können Patientinnen und Patienten die Erkrankung positiv beeinflussen. Worauf sie bei Sport und Speisen achten sollten, erklärt Dr. Astrid Maroß, Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie im AOK-Bundesverband.
Merkmale der rheumatoiden Arthritis
Rheuma ist ein Sammelbegriff für eine Vielzahl verschiedener Krankheitsformen. Die rheumatoide Arthritis ist die häufigste entzündliche Form von Rheuma. Etwa ein Prozent aller Erwachsenen in Deutschland sind betroffen, darunter zwei- bis dreimal so viele Frauen wie Männer. Frauen erkranken zudem im Durchschnitt zehn Jahre früher. Bei der rheumatoiden Arthritis (auch primäre chronische Polyarthritis genannt) entzündet sich die Gelenkinnenhaut – vermutlich aufgrund einer Fehlsteuerung des Immunsystems. Die Erkrankung beginnt meist nach dem 50. Lebensjahr. Zunächst sind oft die Gelenke an Fingern und Zehen betroffen, sie schmerzen und schwellen an. Charakteristisch ist die sogenannte Morgensteife: Beim Aufwachen sind die Gelenke besonders unbeweglich. Im Laufe von Wochen und Monaten können mehr und mehr Gelenke erkranken.
In den ersten Wochen und Monaten sind die Anzeichen meist nur wenig ausgeprägt. Einige Betroffene beschreiben eher Beschwerden wie Müdigkeit und Abgeschlagenheit oder leichtere Schmerzen im Bewegungsapparat. Die typischen Gelenkschwellungen treten manchmal erst etwas später auf. Daher kann es schwierig sein, Rheuma frühzeitig festzustellen. Diagnostiziert wird Rheuma aufgrund eines ausführlichen Patientengesprächs, einer körperlichen Untersuchung, Bluttests und bildgebender Verfahren.
Mit moderner medikamentöser Therapie lässt sich der Verlauf der rheumatoiden Arthritis viel besser beeinflussen als in der Vergangenheit. So können Entzündungen gehemmt, das Fortschreiten der Erkrankung verzögert sowie Schmerzen und Schwellungen gelindert werden.
Schonen schadet
Viele Menschen mit entzündlichem Rheuma neigen dazu, sich so wenig wie möglich zu bewegen: weil die Gelenke schmerzen, weil sie Angst haben, die Gelenke noch mehr zu schädigen oder weil sie befürchten, einen Krankheitsschub auszulösen, oder auch, weil sie durch die Erkrankung sehr erschöpft sind. Tatsächlich galt früher eher der Rat, sich zu schonen. Heute ist das anders. „Wenn Rheumabetroffene sich zu wenig bewegen, bleibt die Behandlung unter ihrem Potenzial“, sagt Ärztin Maroß. „Körperliche Aktivität verbessert auch bei Rheumapatientinnen und -patienten die Gesundheit und hilft, die kranken Gelenke beweglich zu halten.“
O-Ton von Dr. Astrid Maroß, Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie im AOK-Bundesverband
Körperliche Aktivität steigert die Lebensqualität
So hat sich in Studien gezeigt, dass die Lebensqualität durch zwei- bis dreimal Ausdauertraining pro Woche steigt. Die Patienten und Patientinnen waren in ihrem Alltag weniger eingeschränkt und die Schmerzen gingen zurück. Andere Studien haben Kräftigungsübungen mit leichten Gewichten oder Geräten untersucht: Auch dadurch haben sich die Beeinträchtigungen durch die Erkrankung verringert. „Das legt nahe, dass Sport entzündungsfördernde Botenstoffe im Körper hemmen kann“, so Dr. Maroß. Allgemein zeigen die Forschungsergebnisse, dass körperliche Aktivität die Fitness, Kraft und Beweglichkeit der Erkrankten verbessern und die rheumabedingte Erschöpfung lindern kann. Als zusätzlicher Effekt wirkt sich körperliche Aktivität positiv auf Herz und Kreislauf aus, was für Rheumapatientinnen und -patienten besonders wichtig ist, weil sie ein höheres Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall haben. Zudem beugt Bewegung einer Osteoporose vor, umgangssprachlich auch Knochenschwund genannt – ebenfalls ein Risiko bei rheumatischen Erkrankungen.
Geeignet sind Sportarten, die die Gelenke schonen und nicht zu mehr Beschwerden führen. Empfohlen werden Schwimmen und Wassergymnastik – vor allem in lauwarmem Wasser –, Radfahren, (Nordic) Walking, Tai Chi, Yoga oder Training an Geräten. Sportarten dagegen, bei denen starke Erschütterungen, Fehlhaltungen und einseitige Belastungen auftreten, kommen nicht infrage. Tennis und Fußball zum Beispiel scheiden also eher aus. Was immer gilt: In Zeiten einer akuten Entzündung sollte das Training ruhen.
Speziell für Rheumakranke wurde das sogenannte Funktionstraining entwickelt. Die speziellen Übungen dienen dazu, die kranken Gelenke in ihren Funktionen beweglich zu halten. „Bewegung ohne Belastung“ lautet dabei das Prinzip.
Auf die Ernährung achten
Auch eine ausgewogene Ernährung, die Entzündungsschüben vorbeugt, kann die Behandlung von Rheuma gut ergänzen. Wer seine Ernährung umstellt und damit langfristig sein Gewicht reduziert, entlastet seine Gelenke zusätzlich. Wer Rheuma hat, sollte Lebensmittel mit viel Arachidonsäure vermeiden, denn größere Mengen davon fördern Entzündungen. Arachidonsäure ist in den meisten tierischen Nahrungsmitteln enthalten, wie Fleisch, Wurst, Milch, Käse, Sahne oder Eier. Diese Lebensmittel gilt es also möglichst vom Speiseplan zu streichen. Mit maximal zwei kleinen Fleischportionen ist die empfohlene Höchstmenge pro Woche bereits erreicht.
Entzündungshemmende Lebensmittel
Entzündungshemmend dagegen wirken zum einen Lebensmittel mit der Fettsäure des Fischöls – also fetter Seefisch wie Hering, Lachs und Makrele. Zum anderen haben Lebensmittel mit Linolsäure einen antientzündlichen Effekt. Linolsäure ist vor allem in pflanzlichen Ölen wie Lein-, Raps-, Weizenkeim-, Soja- und Walnussöl zu finden. So ist für Rheumapatienten und -patientinnen eine vollwertige Ernährung gut geeignet, die viel Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse, pflanzliche Öle und möglichst zweimal pro Woche Seefisch enthält.