Niedriger Blutdruck: Das bringt den Kreislauf in Schwung

Wem beim Aufstehen öfter schwindelig oder schwarz vor Augen wird, wer häufiger müde und unkonzentriert ist oder oft kalte Hände und Füße hat, leidet möglicherweise an niedrigem Blutdruck, in der Fachsprache Hypotonie genannt.

Foto: Eine junge Frau fasst sich mit beiden Händen an den Kopf und hat ein schmerzverzerrtes Gesicht.

Die gute Nachricht: Niedriger Blutdruck an sich ist keine Krankheit und in der Regel nicht gefährlich – im Gegensatz zum hohen Blutdruck, der Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen kann. Außerdem kann jeder selbst eine Menge tun, um den Kreislauf aus dem Keller zu holen. Dr. Martin Roesler, Arzt im AOK-Bundesverband, erklärt, was man bei niedrigem Blutdruck beachten muss. Als normaler Blutdruck bei Erwachsenen gelten laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) Werte von 120/80 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule, Hg: chemisch Quecksilber). Von Hypotonie, niedrigem Blutdruck, spricht man bei Blutdruckwerten von unter 100 zu 60 mmHg.

Die vier Kategorien des niedrigen Blutdrucks

Bei der primären Hypotonie liegt dauerhaft niedriger Blutdruck ohne Beschwerden und Behandlungsnotwendigkeit vor. Betroffen sind oft junge schlanke Menschen, meist Frauen, – häufig mehrere Mitglieder einer Familie. Auch gut trainierte Menschen und Sportler haben im Ruhezustand einen niedrigen Blutdruck.

Eine sekundäre Hypotonie kann durch Krankheiten wie beispielsweise Herz-, Schilddrüsen- oder Nebennierenerkrankungen bedingt sein. Flüssigkeitsmangel oder bestimmte Medikamente können ebenfalls zu niedrigem Blutdruck führen, auch hormonelle Umstellungen in den ersten Schwangerschaftsmonaten.

Eine orthostatische Hypotonie (aus dem Griechischen von Orthostase = aufrechter Stand) entsteht, wenn der Körper zum Beispiel beim Aufstehen aus dem Sitzen oder Liegen nicht in der Lage ist, den Blutdruck und die Blutverteilung schnell entsprechend anzupassen. Der Blutdruckabfall dauert meistens nur kurz und normalisiert sich rasch wieder. Betroffen sind vor allem junge Menschen in der Wachstumsphase. Auch bei älteren Menschen kommt diese Form der Hypotonie vor, etwa bei einer Venenschwäche oder einer Störung des Nervensystems, zum Beispiel bei Diabetes.

Eine schwere Hypotonie ist Kennzeichen einer akuten Schocksituation. Der Blutdruck kann dann so stark abfallen, dass Gehirn, Nieren und andere lebensnotwendige Organe nicht mehr ausreichend durchblutet sind.

Wann ärztlich abklären lassen?

„Wer bei niedrigen Blutdruckwerten unter Kreislaufbeschwerden leidet, sollte ärztlich abklären lassen, ob sich eventuell eine spezifische Ursache hinter der Hypotonie verbirgt, zum Beispiel eine Schilddrüsenunterfunktion oder eine Medikamentennebenwirkung“, rät Mediziner Roesler. Trifft dies zu, wird die zugrunde liegende Ursache behandelt, zum Beispiel durch eine Hormontherapie bei Schilddrüsenerkrankungen oder das Weglassen von Medikamenten, die eine Hypotonie verursachen. Konnte die Ärztin oder der Arzt behandelbare Ursachen ausschließen, helfen meist einfache Verhaltensmaßregeln, den Blutdruck wieder aus dem Tief zu holen.

So kommt der Kreislauf in Schwung

Tipps für den Morgen:

  • Nach dem Aufwachen noch im Liegen mit den Beinen einige Runden in der Luft Rad fahren. Sich beim Aufstehen aus dem Bett Zeit lassen und zunächst einige Sekunden auf der Bettkante sitzen bleiben.
  • Nach dem Aufstehen abwechselnd warm und kalt duschen (Wechseldusche), dabei mit warm beginnen.

Tipps für den Tag:

  • Ausreichend trinken: Pro Tag sollten es zwei bis zweieinhalb Liter sein, am besten Wasser.
  • Beim Essen auf eine ausreichende Salzzufuhr achten – salzreiche Ernährung lässt den Blutdruck steigen.
  • Kompressionsstrümpfe können den Rückfluss des Blutes aus den Beinen fördern.
  • Regelmäßige Bewegung ist ideal, um niedrigen Blutdruck in den Griff zu bekommen. Also öfter mal zu Fuß gehen, statt mit dem Auto zu fahren, häufiger Treppen statt Aufzug nutzen. Gut geeignet ist auch Ausdauersport wie Wandern, Radfahren, Walking oder Schwimmen.

Was tun, wenn es kritisch wird

Droht der Blutdruck bei längerem Stehen abzusacken, kann es helfen, immer wieder mal die Wadenmuskulatur anzuspannen, um den Blutrückfluss zu fördern. Wem schwarz vor Augen wird, wer Sternchen sieht und das Gefühl hat, bald bewusstlos zu werden, sollte sich hinlegen und die Beine möglichst in einem Winkel von etwa 45 Grad hochlagern.

Was man nicht tun sollte

Das Gläschen Sekt am Morgen soll den Kreislauf in Schwung bringen: Diese Auffassung hält sich hartnäckig und bleibt trotzdem falsch. Denn beim Mann steigt der Blutdruck meist erst ab etwa 30 Gramm Alkohol an, bei Frauen ab circa 20 Gramm, so die Deutsche Herzstiftung e. V. Das entspricht bereits drei beziehungsweise zwei Gläsern (0,1 Liter) Sekt – einer Menge, die sicher nicht mehr empfehlenswert ist. Auch Kaffee, Energy-Drinks oder Cola können den Blutdruck nur kurzfristig antreiben.