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EU-Ticker Januar 2024

31.01.2024 AOK-Bundesverband 6 Min. Lesedauer

Die EU-Kommission ruft zur „Allianz für kritische Arzneimittel“ auf. Das Bündnis aus Pharmaindustrie, Verbänden und Organisationen des Gesundheitswesens und nationalen Arzneimittelbehörden soll gemeinsam mit den beteiligten EU-Agenturen Empfehlungen für eine sicherere Versorgung mit wichtigen Arzneimitteln erarbeiten. Weitere Themen: Für an Krebs erkrankte Menschen gibt es innerhalb der EU weiterhin Unterschiede beim Zugang zur Behandlung und deren Qualität und die belgische Ratspräsidentschaft.

Drei Europa-Fahnen am Mast wehen im Wind vor blauem Himmel, eine davon im Anschnitt

EU-Kommission ruft zur „Allianz für kritische Arzneimittel“ auf

Die EU-Behörde zur Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (HERA) hat am 16. Januar zur Teilnahme an der „Allianz für kritische Arzneimittel“ aufgerufen. In dem von EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides schon im Oktober angekündigten Bündnis sollen Pharmaindustrie, Verbände und Organisationen des Gesundheitswesens und nationale Arzneimittelbehörden gemeinsam mit den beteiligten EU-Agenturen Empfehlungen für eine sicherere Versorgung mit wichtigen Arzneimitteln erarbeiten. Es gehe darum, die Produktion von Medikamenten in der EU auszuweiten, internationale Lieferketten breiter aufzustellen und so Europas Abhängigkeit von Drittstaaten zu senken, sagte Kyriakides in Brüssel. „Die Allianz für kritische Arzneimittel Nach der Definition des Arzneimittelgesetzes (AMG) sind Arzneimittel insbesondere Stoffe und… wird zur industriellen Komponente einer starken europäischen Gesundheitsunion werden“, so die Gesundheitskommissarin.

Bei ihren Beratungen sollen sich die Experten zunächst auf Medikamente mit einem hohen Risiko für Liefer- und Versorgungsengpässe konzentrieren. Dazu hatte die EU-Arzneimittelagentur (EMA) im Dezember erstmals eine Liste „kritischer Arzneimittel“ veröffentlicht. Sie führt rund 200 Wirkstoffe auf, die ein breites Spektrum an Therapiegebieten abdecken, darunter Impfstoffe und Medikamente für seltene Krankheiten. Bei der Zusammenstellung arbeitete die EMA mit den zuständigen nationalen Einrichtungen zusammen – in Deutschland mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss.

Die Aufnahme in die Liste bedeute nicht, „dass es in naher Zukunft voraussichtlich zu Engpässen bei dem Arzneimittel kommen wird“, stellte die EU-Kommission klar. Aus der Auflistung ergäben sich auch keine Einschränkungen für die Verordnung Einige Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bedürfen einer schriftlichen Anweisung durch… und Anwendung. Ein Medikament gilt nach Angaben der Europavertretung der deutschen Sozialversicherungen (DSVE) als „kritisch“, wenn es bei schwerwiegenden Erkrankungen eingesetzt werde und nicht einfach durch andere Medikamente ersetzt werden könne. Ein weiteres Kriterium: Die Versorgungssituation für das Präparat wird in mehr als einem Drittel der EU-Länder kritisch bewertet.

Der aktuellen Liste lagen nationale Zusammenstellungen mit zusammen rund 600 Wirkstoffen zugrunde. Eigene Listen der Mitgliedsländer werden durch die EU-Liste nach Angaben der Kommission nicht beeinträchtigt und können umfangreicher ausfallen. Die EU-Übersicht soll jährlich überprüft und aktualisiert werden. In die geplante neue EU-Arzneimittelgesetzgebung sollen entsprechende Meldepflichten für die Arzneimittelhersteller und die nationalen Aufsichtsbehörden aufgenommen werden.

Die EU-Liste ist zudem Grundlage für den im vergangenen Herbst eingeführten „Solidaritätsmechanismus“ innerhalb der Union. Er sieht vor, dass sich die Mitgliedsländer bei nationalen Versorgungsengpässen gegenseitig aushelfen. Das Verfahren wird durch eine bei der EMA eingerichtete Lenkungsgruppe für Arzneimittelknappheit und Arzneimittelsicherheit Zielsetzung der Arzneimittelsicherheit ist, die Arzneimittelanwendung so zu gestalten, dass nach dem… koordiniert.

Weiterhin EU-Gefälle bei der Krebsbehandlung

Für an Krebs erkrankte Menschen gibt es innerhalb der EU weiterhin Unterschiede beim Zugang zur Behandlung und der Qualität ist ein zentrales Versorgungsziel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Im Rahmen der… der medizinischen Therapie. Das geht laut EU-Kommission aus dem neuen Bericht zum Stand der Krisenvorsorge im Gesundheitsbereich hervor. Darin heißt es kritisch, dass „die zunehmenden Disparitäten zwischen den Mitgliedstaaten im Gesundheitsbereich angegangen werden müssen“ und „der medizinische Bedarf immer häufiger nicht mehr gedeckt“ werden könne. Positiv vermerkt der Report, dass sich die durch die Corona-Pandemie vergrößerten Unterschiede bei der Lebenserwartung Neugeborener in den Mitgliedstaaten seit 2022 wieder verringert hätten.

Mit Blick auf eine „Verschlechterung der psychischen Gesundheit der EU-Bürger durch die Pandemie“ fordert der Bericht Reformen in allen Mitgliedsstaaten, bei denen es um Entstigmatisierung, bessere Prävention Prävention bezeichnet gesundheitspolitische Strategien und Maßnahmen, die darauf abzielen,… , Behandlung und berufliche Wiedereingliederung gehen müsse. Handlungsbedarf bestehe aber „vor allem auf dem Gebiet der Krebserkrankungen“. Deutschland schneidet bei der Krebsbehandlung im EU-Vergleich überdurchschnittlich ab. Das ging bereits aus den vor knapp einem Jahr von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der EU-Kommission veröffentlichten „Länderprofilen Krebs 2023“ hervor. Die Bundesrepublik hat laut der OECD-Daten, die auch in den aktuellen Krisenvorsorge-Bericht eingeflossen sind, die höchsten direkt auf Krebs zurückzuführenden Gesundheitsausgaben Das Statistische Bundesamt erstellt im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung eine… .

Der zweite Jahresbericht zum Stand der EU-Krisenvorsorge im Gesundheitsbereich beleuchtet vor allem die Wirkung der in und nach der Pandemie ergriffenen EU-Maßnahmen zu mehr Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich. Die haben sich laut Report bewährt und die Kooperation deutlich verbessert. Die vor knapp einem Jahr in Kraft getretene Verordnung zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren, bilde dabei „das Rückgrat“ der Gesundheitsvorsorge auf EU-Ebene und ermögliche eine schnellere Reaktion auf künftige Krisen. Nach wie vor seien jedoch Impfungen Aufgrund des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes sind Leistungen für bestimmte Schutzimpfungen seit dem… „von entscheidender Bedeutung, um die Ausbreitung von Infektionskrankheiten zu verhindern“. Zu den „dringendsten Gesundheitsgefahren“ zählt der Bericht das Problem der antimikrobiellen Resistenzen, die jährlich für über 35.000 Todesfälle in Europa verantwortlich seien. Im Blickpunkt stehen zudem Gesundheitsbedrohungen durch Tierseuchen und die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels.

Der Lagebericht zur Gesundheitskrisenvorsorge erscheint seit 2022 jährlich. Aktuelle Daten zur Gesundheit und Gesundheitsversorgung sollen dazu beitragen, die Leistungsfähigkeit der Gesundheitssysteme Der Zugang aller Bürger zu einer umfassenden gesundheitlichen Versorgung unabhängig von ihrem… in den einzelnen EU-Ländern zu verbessern. Deshalb enthält der Bericht neben allgemeinen Analysen auch die Ergebnisse der regelmäßig erfassten länderspezifischen Gesundheitsprofile für die 27 EU-Staaten, Island und Norwegen.

Kommission verzichtet auf Vorschläge für Chemikalien-Verbote

Die EU-Kommission hat im Dezember Gesetzgebungsvorschläge zur Reform der Chemikalien-Zulassung in der Union vorgelegt. Nach dem Motto „eine Substanz – eine Bewertung“ sollen mögliche Gesundheits- oder Umweltgefahren durch eine Chemikalie nur noch einmal bewertet werden. Dazu sollen die EU-Chemikalienagentur, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, die EU-Umweltagentur und die EU-Arzneimittelagentur besser zusammenarbeiten, Prioritäten bei der Bewertung von Chemikalien setzen und entsprechende Zeitpläne, Verfahren und Methoden abstimmen. Die neuen Rechtsvorschriften sollen auch die Transparenz der Zulassungsverfahren, das Sammeln von Informationen über einzelne Stoffe und das rechtzeitige Erkennen möglicher Gesundheitsrisiken durch Chemikalien verbessern, die unter anderem in medizinischen Geräten, Spielzeug, Lebensmitteln, Pestiziden und Bioziden enthalten sind.

Zudem sollen die Agenturen eine gemeinsame Datenplattform einrichten, die den Zugang zu allen Chemikaliendaten ermöglicht, die auf EU-Ebene bereits vorhanden sind und neu erhoben werden. „Dazu gehören Daten über Gefahren, physikalisch-chemische Eigenschaften, das Vorkommen in der Umwelt, Emissionen, Verwendungszwecke, ökologische Nachhaltigkeit chemischer Stoffe und laufende Regulierungsverfahren“, erläuterte die Kommission. Laut Vorschlag sollen die vorhandenen wissenschaftlichen Studien über Chemikalien, einschließlich der von Unternehmen in Auftrag gegebenen Studien, veröffentlicht werden.

Überdies will die Kommission systematischer als bisher erfassen lassen, ob und wie sich Chemikalien im Körper der Menschen anreichern. Ein „Überwachungs- und Prospektivrahmen“ soll dafür sorgen, dass chemische Risiken – zum Beispiel durch PFAS – schneller erkannt werden. „Dieser Rahmen wird auch ein rasches regulatorisches Eingreifen ermöglichen und zur Überwachung der Auswirkungen der Regulierungsmaßnahmen zu Chemikalien beitragen“, erläuterte die Kommission.

Die Vorschläge bleiben deutlich hinter den Forderungen einzelner Mitgliedsstaaten zurück. Deutschland, Dänemark, Norwegen, die Niederlande und Schweden hatten im Februar vergangenen Jahres einen Vorstoß gestartet, der auf ein Verbot oder zumindest deutliche Produktionseinschränkungen für sogenannte ewige Chemikalien abzielte. Dabei geht es nach Angaben der EU-Chemikalienagentur (ECHA) in Stockholm um rund 10.000 per- und polyfluorierte Chemikalien (PFAS), die als besonders langlebig und widerstandsfähig gelten. Sie kommen laut ECHA in fast allen Lebensbereichen vor: von Shampoos über Kühlmittel, Autos, Textilien oder Windrädern. Mehrere Studien kamen bereits zu dem Schluss, dass diese Industriechemikalien gesundheitsschädigend sein können. So könnten die PFAS etwa Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit haben, Entwicklungsstörungen bei Kindern verursachen oder das Risiko für einzelne Krebsarte erhöhen.

Das Maßnahmenpaket wird jetzt vom Europäischen Parlament und vom Europäischen Rat beraten. Im Europaparlament hatten sich Grüne, Sozialdemokraten und Linke sowie ein Großteil der Liberalen bereits im Vorfeld für eine Verschärfung der Chemikalienzulassung eingesetzt. Die Fraktion der Europäischen Volksparteien und Christdemokraten lehnt dagegen eine Verschärfung ab. Auch aus der Wirtschaft gab es massiven Widerstand gegen Zulassungs- und Produktionsbeschränkungen.

Belgien hat die EU-Ratspräsidentschaft übernommen

Spanien hat die EU-Ratspräsidentschaft zum Jahreswechsel an Belgien übergeben. Für das Land ist es bereits die 13. Ratspräsidentschaft. Im Blickpunkt steht diesmal besonders die im Juni stattfindende Europawahl. Zu den von der belgischen Regierung angekündigten sechs Prioritäten der Präsidentschaft gehört auch „die Stärkung der Sozial- und Gesundheitssysteme“. „Aufbauend auf der Europäischen Säule sozialer Rechte“ gelte es, „die EU mit einer ehrgeizigen Sozialagenda auszustatten, um eine europäische Gesellschaft zu fördern, die integrativer, geschlechtergerechter und fairer für alle ist“, heißt es im Programm. Konkret genannt werden dort auch Maßnahmen für mehr psychische Gesundheit am Arbeitsplatz. Darüber hinaus will die belgische Regierung die EU-Krisenvorsorge stärken, die sichere Versorgung mit bezahlbaren Arzneimittel in allen EU-Ländern verbessern und eine Strategie zur Förderung der Arbeitskräfte im Gesundheits- und Pflegebereich entwickeln.

Geplant sind bis Ende Juni 530 informelle Treffen der Ratsgremien sowie rund 2.000 Tagungen. Zu einem der ersten Treffen unter belgischem Vorsitz gehörte am 11. und 12. Januar die Tagung der Arbeits- und Sozialminister der 27 EU-Staaten in Namur. Dabei ging es vorrangig um eine Erweiterung der europäischen Säule sozialer Rechte. Ab Juli wird Ungarn die sogenannte Trio-Präsidentschaft mit Spanien und Belgien abschließen. Der Ratsvorsitz wechselt alle sechs Monate. Der Dreiervorsitz wurde eingeführt, um eine größere programmatische Kontinuität zu gewährleisten.

77 neue Arzneimittel zur Zulassung in der EU empfohlen

Die EU-Arzneimittelagentur (EMA) hat im vergangenen Jahr 77 neue Arzneimittel zur Marktzulassung in der Union empfohlen. „Davon hatten 39 einen neuen Wirkstoff, der noch nie zuvor in der EU zugelassen war“, teilte die EMA am 16. Januar mit. Dazu zählten zwei Impfstoffe zum Schutz vor Erkrankungen der unteren Atemwege, die durch das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) verursacht werden, sowie das erste Arzneimittel für eine neuartige Gentherapie zur Behandlung von zwei seltenen Bluterkrankungen.

Der EMA-Report enthält neben aktuellen Zulassungszahlen auch Sicherheitsempfehlungen und Informationen über neue Behandlungen, die in ihren Therapiegebieten einen erheblichen Fortschritt darstellen. „Sobald ein Arzneimittel von der Europäischen Kommission zugelassen und Patienten verschrieben wurde, überwachen die EMA und die EU-Mitgliedstaaten kontinuierlich seine Qualität und sein Nutzen-Risiko-Verhältnis und ergreifen bei Bedarf regulatorische Maßnahmen“, so die EU-Agentur. Das könne eine Änderung der Produktinformationen, die Aussetzung oder Rücknahme der Arzneimittelzulassung Im Interesse der Arzneimittelsicherheit bedürfen seit dem 1. Januar 1978 alle Fertigarzneimittel… oder der Rückruf einer begrenzten Anzahl von Chargen beinhalten.