Wenn die Leiste bricht, ist das meist Männersache

Die Leiste ist eine Schwachstelle beim Mann. Etwa ein Viertel der Männer kann damit rechnen, sich im Laufe des Lebens einen Leistenbruch zuzuziehen. Meistens ist ein Leistenbruch harmlos, deshalb heißt es oft: abwarten und beobachten. Doch manchmal sollte operiert werden. In seltenen Fällen kann ein Leistenbruch sogar zum Notfall werden.

Ein Mann im Park hält sich die Leiste.

Warum Männer anfälliger sind

Eine Beule im Bauch? Ein unbestimmtes Ziehen, Druck oder Schmerzen in der Leistengegend? Beim Husten, Heben, Pressen verstärken sich die Beschwerden? Dann kann es sich um einen Leistenbruch handeln, medizinisch Leistenhernie genannt. „Eine Leistenhernie betrifft hauptsächlich Männer, weil der Leistenkanal bei ihnen anatomisch anfälliger ist“, sagt Thomas Ebel, Arzt beim AOK-Bundesverband. Der Leistenkanal, der sich bei Frauen wie Männern schräg von hinten nach vorn bis zur äußeren Schamregion zieht, enthält bei Männern den Samenstrang und bei Frauen das Mutterband, das zur Gebärmutter zieht. Die Anfälligkeit der Männer geht auf die Embryonalzeit zurück: „Bei männlichen Ungeborenen wandern die Hoden bis zur Geburt aus dem Bauchraum durch den Leistenkanal in den Genitalbereich. Nicht immer schließt sich der Kanal danach wieder vollständig und kann deshalb etwas geweitet sein“, erklärt Ebel.

Häufigkeit

Bei einem Leistenbruch brechen keine Knochen, sondern Gewebe wird durchstoßen: Schichten der Bauchwand dringen durch eine Lücke im Leistenkanal, sodass sich das Bauchfett sackartig nach vorn wölbt. Manchmal befinden sich in dem Bruchsack auch Eingeweide, meist Teile des Darms. Etwa 25 von 100 Männern bekommen mindestens einmal im Leben einen Leistenbruch. Zum Vergleich: Nur zwei von 100 Frauen sind davon betroffen.

O-Ton von Thomas Ebel, Arzt beim AOK-Bundesverband

Zwei Formen des Leistenbruchs

Medizinisch wird zwischen einem indirekten und einem direkten Leistenbruch unterschieden. Der indirekte Leistenbruch kann angeboren oder erworben sein und betrifft häufig Babys, Kinder und junge Menschen. Dabei tritt der „Bruchsack“ seitlich in den Leistenkanal ein – an einer Stelle, an der er sich nicht vollständig geschlossen hat – und schiebt sich dann oft durch den Kanal vor, sodass eine Beule seitlich vorn am Bauch zu sehen ist. Die Ursache für einen direkten Leistenbruch, der immer erworben ist, liegt in einer Wandschwäche des Leistenkanals: Das Bauchgewebe drückt sich direkt durch die Wand nach vorn. Betroffen sind meist ältere Männer. „In beiden Fällen spielen eine schwache Bauchmuskulatur wie auch ein schwaches Bindegewebe eine Rolle“, sagt Ebel.

Oft ist zu lesen, dass starkes Übergewicht einen Leistenbruch begünstige. Laut dem unabhängigen Gesundheitsportal des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erhöht starkes Übergewicht zwar den Druck im Bauchinnenraum und damit das Risiko für einen Narben- oder Nabelbruch. Bei Leistenbrüchen dagegen scheint Übergewicht keine Rolle zu spielen. Es sei zudem wissenschaftlich nicht geklärt, ob schweres Heben bei Leistenbrüchen eine Rolle spielt.

Diagnose

Wer eine Ausstülpung im Bauch bemerkt, sollte sich ärztlich untersuchen lassen. Wenn Bauchgewebe bis dorthin gelangt, kann sogar der Hodensack stark anschwellen. Ob es sich bei einer Beule im Unterbauch um einen Leistenbruch handelt, kann die Ärztin oder der Arzt in der Regel recht schnell feststellen: Wenn sich der Bruch in den Bauchraum zurückschieben lässt, ist die Diagnose klar. Auch wenn sich die Beschwerden beim Husten oder Pressen verstärken und im Liegen nachlassen, spricht das für einen Leistenbruch. Gegebenenfalls ist eine zusätzliche Ultraschalluntersuchung für die Diagnose hilfreich.

Wann Lebensgefahr besteht

Meistens ist ein Leistenbruch ungefährlich  Doch in seltenen Fällen kann es zu lebensbedrohlichen Komplikationen kommen. Dann nämlich, wenn im Bruchsack Teile des Eingeweides eingeklemmt werden, zum Beispiel ein Stück Darm. In der Folge kann es zu einem Darmverschluss kommen, das vorgestülpte Gewebe absterben und eine lebensgefährliche Bauchfellentzündung verursachen. Deshalb muss eine eingeklemmte Leistenhernie innerhalb weniger Stunden operiert werden. Symptome sind plötzlich einsetzende heftige Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen.

Behandlung

Wurde früher jeder Leistenbruch operiert, gilt das heute nicht mehr unbedingt: „Wenn die Betroffenen keine Beschwerden haben, der Bruch nicht fortschreitet und das Risiko für Komplikationen gering ist, kann erst einmal abgewartet werden“, sagt Mediziner Ebel. Allerdings sollte eine regelmäßige ärztliche Kontrolle erfolgen, um zu sehen, ob sich der Bruch vergrößert. Auch wenn der Patient oder die Patientin sehr alt, schwach oder schwer erkrankt ist, kann auf eine Operation verzichtet werden. 

Dennoch gehört die Operation des Leistenbruchs zu den häufigsten chirurgischen Eingriffen, weil zur OP kaum eine Alternative existiert. Bruchbänder, die man wie einen Gürtel um den Bauch legt, gelten als veraltet. Damit wird lediglich der Inhalt des Bruchsacks zurückgedrückt und quillt nach Ablegen des Gürtels wieder hervor. Sitzt die Pelotte des Bruchbandes nicht ganz korrekt, kann sie zu weiteren Problemen führen, gegebenenfalls kann sich auch der Bruchsack vergrößern. 

Für die Operation, bei der der Bruchsack zurück in den Bauch geschoben oder entfernt und die Lücke mit einer Naht verschlossen wird, gibt es mehrere Methoden: Es wird offen operiert, also mit einem größeren Bauchschnitt, oder minimalinvasiv, also mit kleinen Schnitten, durch die dann eine Kamera und die OP-Instrumente geführt werden. Oft verstärkt der Chirurg die Bruchstelle mit einem Kunststoffnetz. Ob mit oder ohne Netz, offen oder endoskopisch, ambulant oder stationär: Die Art der OP hängt unter anderem vom Alter des Patienten oder der Patientin, der Art und Größe des Bruchs, den körperlichen Anforderungen im Beruf oder den Wünschen ab.

Qualifizierte Kliniken finden

Wie bei jeder OP, so gilt auch hier: Je erfahrener das Behandlungsteam ist, desto eher ist der Eingriff in der Regel erfolgreich. Mit der Krankenhaussuche im AOK-Gesundheitsnavigator  können sich Patientinnen und Patienten über qualifizierte Kliniken in ihrer Nähe informieren.

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