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Leistenbruch: richtig erkennen und behandeln

Veröffentlicht am:20.05.2021

6 Minuten Lesedauer

Ein Leistenbruch entsteht durch Lücken in der Bauchwand. Er tritt beim Mann deutlich häufiger auf als bei der Frau. Meistens ist ein Leistenbruch harmlos. In einigen Fällen kann es aber sinnvoll sein, ihn zu operieren.

Doktor untersucht Patienten auf Leistenbruch.

© iStock / monkeybusinessimages

Was ist ein Leistenbruch?

Ein Leistenbruch, auch Leistenhernie genannt, hat nichts mit gebrochenen Knochen zu tun. Vielmehr tritt durch eine Lücke in der Bauchwand (Bruchpforte) ein Stück Bauchfell hervor. Als Bauchfell bezeichnen Mediziner die Haut, die den Bauchraum auskleidet und die meisten Bauchorgane umfasst. In der Ausstülpung (Bruchsack) können sich aber auch Eingeweide des Bauchraums befinden (Bruchinhalt), zum Beispiel ein Stück Darm.

Oft bildet sich durch einen Leistenbruch eine Wölbung, die auch von außen sichtbar ist. Ein Leistenbruch tritt am häufigsten bei Männern auf, da der Leistenkanal bei ihnen anatomisch anfälliger ist. Aber auch Frauen und Kinder können betroffen sein. Insgesamt erleiden rund 250.000 Menschen in Deutschland pro Jahr einen Leistenbruch. Es gibt den indirekten und einen direkten Leistenbruch:

  • Indirekter Leistenbruch

    Dieser ist meist angeboren und betrifft vor allem Jungen beziehungsweise junge Männer. Dabei schiebt sich die Ausstülpung seitlich an einer Stelle in den Leistenkanal hinein, die sich nicht vollständig geschlossen hat. Oft tritt dabei eine Beule seitlich vorne am Bauch auf.

  • Direkter Leistenbruch

    Dieser tritt aufgrund einer Wandschwäche des Leistenkanals auf. Typisch dafür ist, dass sich das Bauchgewebe direkt durch die Wand nach vorne drückt. Betroffen sind häufig ältere Männer.

Leistenbruch: Wie passiert das?

Die Lücke entsteht aufgrund einer anatomischen Schwachstelle in der vorderen Bauchwand, dem sogenannten Leistenkanal. Er verbindet den inneren Bauchraum mit der Leistengegend und zieht schräg von hinten nach vorne zum äußeren Schambereich. Seine Aufgabe ist es, Blut- und Lymphgefäße, Nerven sowie Samenstrang beziehungsweise Mutterband zu den Geschlechtsorganen zu leiten.

Etwa ein Viertel aller Männer bekommt mindestens einmal im Leben einen Leistenbruch. Dagegen sind nur 3 von 100 Frauen davon betroffen. Männer sind aus folgendem Grund besonders anfällig für einen Leistenbruch: Während sich der männliche Embryo im Mutterleib entwickelt, wandern die Hoden aus dem Bauchraum durch den Leistenkanal in den Genitalbereich. Manchmal bleibt dabei eine kleine Öffnung zurück. Mitunter kann sich ein zunächst verschlossener Leistenkanal auch wieder öffnen – vor allem, wenn Risikofaktoren hinzukommen.

Risikofaktoren können sein:

  • höheres Lebensalter (Untersuchungen zu Folge treten Leistenbrüche bei Männern häufig ab dem 65. Lebensjahr auf)
  • familiäre Vorbelastung
  • chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
  • rauchen
  • Übergewicht
  • Kollagenfasererkrankungen
  • Bindegewebsschwäche

Auch eine schwache Bauchmuskulatur und ein schwaches Bindegewebe können einen Leistenbruch begünstigen. Starkes Übergewicht erhöht zwar den Druck im Bauchinnenraum, scheint aber für die Entstehung von Leistenbrüchen keine Rolle zu spielen. Zudem gibt es keine eindeutigen wissenschaftlichen Nachweise dafür, dass schweres Heben, Husten oder Pressen als Ursache infrage kommen. Belastungen wie diese können aber einen bereits bestehenden Bruch vergrößern.

Leistenbruch erkennen: Welche Symptome sind typisch?

Typisches Anzeichen für einen Leistenbruch ist eine Schwellung in der Leistengegend. Diese kann auch im Genitalbereich, also am Hoden oder an den Schamlippen auftreten. Oft lässt sich diese Vorwölbung kurzzeitig zurückdrücken. Diese Schwellung verursacht beim Leistenbruch meistens keine Schmerzen, sondern eher ein Ziehen oder ein unangenehmes Druck- oder Fremdköpergefühl.

Charakteristisch für einen Leistenbruch ist, dass sich die Beschwerden verstärken, wenn der Druck auf den Bauch zunimmt. Das passiert vor allem, wenn man schwere Lasten hebt, lange geht oder steht, hustet, niest oder beim Stuhlgang sowie beim Sport stark presst. In Ruhe oder auch beim Liegen lassen die Symptome dagegen nach.

Leistenbruch kann lebensgefährlich sein

Sehr starke, plötzlich einsetzende Schmerzen sowie Übelkeit und Erbrechen können darauf hindeuten, dass im Bruchsack Teile von Eingeweiden eingeklemmt wurden.

Das kann die Durchblutung des betroffenen Gewebes stören und zu einer lebensbedrohlichen Blutvergiftung oder Bauchfellentzündung führen. Handelt es sich bei dem eingeklemmten Gewebe um ein Stück Darm, kann es auch zu einem Darmverschluss kommen. Die sogenannte Inkarzeration ist ein medizinischer Notfall, der innerhalb weniger Stunden operiert werden muss.

Wie erkennt der Arzt einen Leistenbruch?

Wann sollte man mit einem Leistenbruch zum Arzt gehen? Schon bei dem Verdacht auf eine Leistenhernie sollte ärztlicher Rat eingeholt werden. Vor allem, wenn Beschwerden wie Schmerzen auftreten, ist eine medizinische Abklärung sinnvoll. Die erste Anlaufstelle ist der Hausarzt, also ein Allgemeinmediziner. Die Diagnose Leistenbruch stellt der Arzt oder die Ärztin mithilfe verschiedener Untersuchungen:

Die Diagnostik eines Leistenbruchs

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Anamnese

Am Anfang der Untersuchung steht in der Regel das ausführliche Gespräch mit dem Patienten. So lassen sich verschiedene Fragen klären, etwa ob ein Leistenbruch bereits bei dem Betroffenen selbst oder einem anderen Familienmitglied aufgetreten ist, ob weitere Erkrankungen vorliegen und welche akuten Beschwerden es gibt.

Behandlungen beim Leistenbruch: Was tun?

Mit rund 180.000 Operationen im Jahr zählt der Verschluss eines Leistenbruchs zu den häufigsten OPs pro Jahr. Ein Grund dafür ist, dass es keine spontane Ausheilung eines Leistenbruchs gibt, sodass nur eine Operation den Bruch beheben kann. Besonders bei Frauen und Kindern wird ein Leistenbruch in der Regel zeitnah nach der Diagnosestellung operiert, weil sie häufiger von Komplikationen betroffen sind. Zudem kann sich bei Frauen hinter einem vermeintlichen Leistenbruch ein Schenkelbruch verbergen. Dabei tritt der Bruchsack unterhalb des Leistenbandes am Oberschenkel aus, der aber nicht sofort zu sehen sein muss.

Bei älteren, schwachen oder kranken Menschen wird dagegen in der Regel nicht operiert – die Gefahr, durch einen Eingriff Komplikationen zu erleiden, ist größer als durch den Leistenbruch. Bei Männern besteht häufig die Möglichkeit, erst einmal abzuwarten, ob die Leistenhernie im Alltag Beschwerden verursacht. Vor allem, wenn der Leistenbruch zum ersten Mal aufgetreten ist, nur etwas Bauchfell durch die Bruchpforte gedrückt wurde und der Betroffene keine Symptome hat.

Denn auch nach einer erfolgreichen Operation kann ein Leistenbruch erneut auftreten. Schmerzt der Leistenbruch oder wird er immer größer, spricht das allerdings für eine Operation. Die Leistenbruch-OP soll den Bruchsack samt Inhalt zurück in die Bauchhöhle verlagern. Für die Operation selbst stehen verschiedene Methoden zur Verfügung.

  • Offene Operation

    Bei einer offenen Operation arbeitet der Chirurg von außen über einen längeren Schnitt in der Haut. Die Bruchpforte wird mit dem benachbarten Bindegewebe vernäht. Es gibt auch die Möglichkeit, die Bruchpforte mit einem Netz aus Kunststoff abzudecken. Das verleiht zusätzliche Stabilität und reduziert die Wahrscheinlichkeit für einen erneuten Leistenbruch.

  • Minimalinvasive Operation mittels Laparoskopie

    Bei der sogenannten Schlüssellochchirurgie setzt der Chirurg normalerweise drei kleine Hautschnitte, über die er eine Kamera sowie die Instrumente in den Bauchraum einführt. Bei dieser Art der Operation kommt immer ein Kunststoffnetz zum Einsatz. Dieses stabilisiert die Bruchpforte, also die Lücke in der Bauchwand, die durch die Operation entsteht. Studien haben gezeigt, dass Operationen mit einem Kunststoffnetz seltener zu einem Rückfall führen, als Operationen ohne.

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Wie lange ist man krank nach einer Leistenbruch-OP?

Beide Eingriffe können sowohl stationär (also mit anschließendem, meist zweitägigem Krankenhausaufenthalt) oder auch ambulant erfolgen. Welches Verfahren letztendlich am besten geeignet ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Unter anderem spielen das Alter des Patienten, die Art und Größe des Bruchs, die körperlichen Anforderungen im Beruf oder persönliche Wünsche des Patienten eine Rolle. In der Regel kann sich der oder die Operierte bereits wenige Tage nach dem Eingriff wieder mäßig körperlich betätigen. Leichte Schmerzen nach einer Leistenbruch-OP, die maximal zwei Wochen andauern, sind normal.

Für zwei bis vier Wochen nach der OP sollte aber auf das Heben schwerer Lasten und auf schwere körperliche Arbeit verzichtet werden. In der Regel können die Betroffenen nach zwei Wochen schon wieder vorsichtig mit Sport ohne große Belastung beginnen, etwa Rad fahren. Nach etwa vier Wochen ist eine höhere Belastung möglich. Diese Schonzeit sorgt dafür, dass die Operationswunde gut verheilt und ein Leistenbruch nicht sofort wieder auftritt.

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