­Karpaltunnelsyndrom: Ein Nerv unter Druck

Wenn nachts oder gegen Morgen die Hand einschläft und es zu Taubheitsgefühlen und Missempfindungen im Bereich der Innenseiten von Daumen, Zeige- und Mittelfingers sowie der Daumenseite des Ringfingers kommt, kann ein Karpaltunnelsyndrom (KTS) die Ursache sein. Der sogenannte Mittelhandnerv (Nervus medianus) wird dann im Bereich seines Sehnenfaches im Handgelenktunnel eingeengt und erhöhtem Druck ausgesetzt. Das kann zu Missempfindungen, Schmerzen bis hin zu Muskelschwund am Daumenballen führen.

Foto: Eine Person trägt eine Handgelenkschiene.
Eine Schiene verhindert das Abknicken des Handgelenks.

Das Karpaltunnelsyndrom tritt meist im Alter von 40 bis 70 Jahren auf, Frauen trifft es häufiger als Männer. Pro Jahr erkranken etwa drei von 1.000 Menschen daran. Was die Krankheit auslöst, lässt sich nicht immer genau sagen. Eine Ursache für die Verengung des Karpaltunnels können frühere Erkrankungen oder Verletzungen im Bereich des Handgelenks sein, die Fehlstellungen nach sich gezogen haben. „Auch Über- und Fehlbelastungen wie starker Druck auf das Handgelenk oder eine extreme Streckung oder Beugung des Handgelenks, zum Beispiel beim Arbeiten mit dem Presslufthammer oder am Fließband, können eine Rolle spielen“, sagt Anja Debrodt, Ärztin im AOK-Bundesverband. Daneben begünstigen bestimmte Erkrankungen wie Rheuma, Diabetes mellitus oder Sehnenscheidenentzündungen die Entstehung eines Karpaltunnelsyndroms. Auch während einer Schwangerschaft besteht ein erhöhtes Risiko. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie sei bei manchen Menschen der Karpaltunnel von Geburt an zu eng. In einigen Familien kämen diese Missempfindungen daher gehäuft vor.

Beschwerden vor allem nachts

Die Beschwerden treten vor allem nachts und gegen Morgen auf, da viele Menschen im Schlaf die Handgelenke angewinkelt haben, was die Durchblutung einschränkt. Meist sind dabei beide Hände betroffen, wenn auch nicht zur gleichen Zeit. Neben einem Taubheitsgefühl in den Fingern können auch Schmerzen in der Hand sowie am Handgelenk bis hin zum Ellenbogen die Folge sein. Anfangs sind diese meist nur vorübergehend und verschwinden durch Lageänderung, Ausschütteln der Hände oder kurze Massagen wieder. Doch je länger der Druckzustand anhält, desto stärker wird der Nerv geschädigt. Im Extremfall kann sogar die Muskulatur des Daumenballens schwinden.

Radio O-Töne von Anja Debrodt, Ärztin im AOK-Bundesverband

Diagnose des Karpaltunnelsyndroms

Um herauszufinden, ob es sich um ein Karpaltunnelsyndrom handelt, macht der Arzt oder die Ärztin bestimmte Tests: Dabei wird geprüft, wie beweglich und empfindlich Hand und Finger sind und ob es Gefühlsstörungen oder Missempfindungen gibt. Erhärtet sich der Verdacht, folgt zur Diagnosesicherung eine Elektroneurografie. Dann wird mit elektrischen Reizen die Leitungsfähigkeit des Medianus-Nervs überprüft. Wichtig ist es, auch andere Krankheitsursachen auszuschließen. So können unter anderem auch Veränderungen an der Halswirbelsäule die Nervenwurzeln irritieren.

Behandlungsmethoden

Bei leichten bis mittelschweren Beschwerden wird die Erkrankung zunächst konservativ behandelt – in der Regel mit einer Unterarmschiene. Die Schiene wird nachts getragen und soll verhindern, dass das Handgelenk abknickt. Patientinnen und Patienten sollten außerdem Belastungen vermeiden, die ein KTS auslösen könnten. Anders als häufig vermutet, spielt die Tätigkeit am PC hier aber kaum eine Rolle. Bringt die Schiene keine Erleichterung, können die Beschwerden mit Kortisonspritzen in den Karpaltunnel behandelt werden. Kortison lässt das Bindegewebe abschwellen und entlastet so den betroffenen Nerv. Bei hartnäckigen Beschwerden kann auch eine Operation erwogen werden. Sie wird meist ambulant unter örtlicher Betäubung durchgeführt, entweder minimalinvasiv oder als offene Operation. „Dabei wird das Karpalband durchtrennt, das sich quer über die Handwurzelknochen spannt. Dadurch haben die durch den Karpaltunnel verlaufenden Sehnen und Nerven mehr Platz und werden vom Druck entlastet“, erklärt Ärztin Debrodt. Wie jede Operation bringt auch dieser Eingriff Risiken mit sich: Neben möglichen OP-Komplikationen, wie Infektionen, kann es sein, dass der Nerv verletzt oder – sehr selten – durchtrennt wird. Die meisten Menschen sind durch den Eingriff jedoch beschwerdefrei und sind in der Regel nach wenigen Wochen wieder arbeitsfähig.