Reform

Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG)

In Kraft getreten: 11.05.2019 11 Min. Lesedauer

Kernziele des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) sind eine schnellere Terminvergabe für gesetzlich Versicherte und die Verbesserung der Versorgung in ländlich geprägten Regionen.

Auswirkungen auf Versicherte

  • Versicherte müssen künftig über die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen innerhalb von vier Wochen auch Termine bei Haus- sowie Kinder- und Jugendärzten vermittelt bekommen (bisher: nur Fachärzte). Bei Bedarf müssen die Terminservicestellen auch Ärzte vermitteln, die die Versicherten dauerhaft betreuen können.
  • Versicherte können künftig über die Terminservicestellen Arzttermine auch digital (online oder per App) vereinbaren.
  • Versicherte müssen für eine psychotherapeutische Akutbehandlung über die Terminservicestelle einen Termin innerhalb von maximal zwei Wochen erhalten.
  • Krankgeschriebene Versicherte, die während der Krankschreibung arbeitslos wurden, verlieren nicht mehr automatisch den Anspruch auf Krankengeld, wenn sie im Anschluss an ihre Krankschreibung (nächster Werktag) keine AU-Folgebescheinigung vorlegen. Künftig können sie diese bis zu einen Monat lang nachreichen und erhalten dann ab Vorlage auch wieder Krankengeld.
  • Die Höhe der Fördermittel in der kassenartenübergreifenden Pauschalförderung für die Selbsthilfe wird von bislang 50 Prozent auf 70 Prozent erhöht. Dementsprechend wird die kassenindividuelle Förderung von 50 auf 30 Prozent reduziert.
  • Versicherte mit einem substanziellen HIV-Infektionsrisiko bekommen einen Anspruch auf eine ärztliche Beratung zur medikamentösen Präexpositionsprophylaxe (PrEP). Die Kosten für entsprechende PrEP-Medikamente müssen für Versicherte ab 16 Jahren von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.
  • Wählen Versicherte in der kieferorthopädischen Versorgung eine Versorgung, die über die Kassenleistung hinausgeht, übernimmt die Kasse trotzdem den Kassenanteil. Der Versicherte zahlt die Mehrleistungen dann privat. Der Zahnarzt muss vor der Behandlung einen schriftlichen Behandlungsvertrag abschließen und die voraussichtlich entstehenden Kosten transparent machen.
  • Der Leistungsanspruch der künstlichen Befruchtung wird um die Möglichkeit der Kryokonservierung ergänzt. Versicherte, die an Krebs erkrankt sind, erhalten durch die Konservierung von Keimzellgewebe, Ei- und Samenzellen die Möglichkeit, auch nach einer Krebsbehandlung noch Kinder bekommen zu können.
  • Werden Versicherte arbeitslos und haben zuvor eine Abfindungs- oder Entschädigungszahlung erhalten, werden diese künftig beim Antrag auf eine Absicherung im Rahmen der Familienversicherung grundsätzlich zur Feststellung der Einkommensgrenzen berücksichtigt.
  • Stief- oder Enkelkinder bekommen Anspruch auf die Mitversicherung in der Familienversicherung, wenn sie auf Dauer in den Haushalt der Versicherten aufgenommen wurden (bisher: Einzelfallprüfung des überwiegenden Unterhalts durch den Versicherten).
  • Eine Heilmittelverordnung wie beispielsweise Physiotherapie verfällt künftig nach Behandlungsbeginn erst bei einer mehr als 28 Tage währenden Unterbrechung (bislang: 14 Tage).
  • Versicherte haben gegenüber ihrer Krankenkasse das zeitlich uneingeschränkte Recht auf Auskunft zu in Anspruch genommenen Leistungen und deren Kosten (bisher: Befristung auf 18 Monate rückwirkend).
  • Versicherte erhalten von ihrer Kasse für die Versorgung mit Zahnersatz künftig Festzuschüsse in Höhe von 60 Prozent der Kosten für die Regelversorgung (bisher: 50 Prozent). Für Versicherte, die in den vergangenen fünf Jahren ununterbrochen Vorsorgeuntersuchungen nachweisen können, erhöht die Kasse im Rahmen der Bonusregelung auf 70 Prozent der Kosten (bisher: 60 Prozent), bei zehn Jahren Vorsorge sind es 75 Prozent (bisher 65 Prozent).
  • Die Bonusregelung bei Zahnersatz wird versichertenfreundlicher. Um den Bonus für rückwirkend zehn Jahre in Anspruch genommene Vorsorgeuntersuchungen zu erhalten, soll in begründeten Ausnahmefällen ein einmaliges Versäumen der Vorsorgeuntersuchungen folgenlos bleiben.
  • Spätaussiedler können künftig ihre Krankenkasse frei wählen (bisher: die für den Wohnort zuständige AOK).
  • Versicherten erhalten bis zum 1. Januar 2021 von ihrer Krankenkasse Zugang zu ihrer persönlichen elektronischen Patientenakte.

Auswirkungen auf Ärzte/ambulante Pflege

  • Vertragsärzte in Vollzeit müssen in ihrer Praxis künftig mindestens 25 Sprechstunden pro Woche anbieten (bisher: 20 Stunden). Hausbesuchszeiten werden dabei angerechnet.
  • Fachärzte der grundversorgenden und wohnortnahen Patientenversorgung wie Augenärzte, Frauenärzte, Orthopäden oder HNO-Ärzte (nicht: Psychotherapeuten) müssen von den 25 Sprechstunden mindestens fünf Stunden in der Woche als offene Sprechstunden anbieten. Die Einzelheiten sind im Bundesmantelvertrag-Ärzte bis zum 15. Juni 2019 zu regeln. Wird diese Frist versäumt, ruft das BMG das Bundesschiedsamt an.
  • Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) wird auf die vertragsärztliche Versorgung erweitert (bislang: Fachärztliche Versorgung). Künftig müssen Terminservicestellen der Kven innerhalb der bereits bestehenden 4-Wochen-Frist auch Termine bei Hausärzten und bei Kinder- und Jugendärzten vermitteln, dazu zählen auch die termingebundenen Vorsorgeuntersuchungen U1 bis U9.
  • Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen werden zu Servicestellen für ambulante Versorgung und Notfälle weiterentwickelt. Sie müssen ab dem 1. Januar 2020 täglich 24 Stunden bundesweit einheitlich unter der bisherigen ärztlichen Notdienstnummer (116117) telefonisch erreichbar sein.
  • Terminservicestellen müssen den Versicherten künftig auch in Akutfällen während der üblichen Sprechstundenzeiten eine unmittelbare ärztliche Versorgung vermitteln. Sie sollen die Versicherten dabei auf Grundlage eines von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu entwickelnden Ersteinschätzungsverfahrens in die richtige Versorgungsebene vermitteln. Dadurch soll einer Fehlinanspruchnahme der Notfallambulanzen entgegengewirkt werden.
  • Terminservicestellen müssen es den Versicherten ermöglichen, Termine auch digital (online oder per App) zu vereinbaren.
  • Die Kassenärztlichen Vereinigungen werden verpflichtet, im Internet bundesweit einheitlich über die Sprechstundenzeiten aller Vertragsärzte zu informieren.
  • Die Wartezeit auf eine durch die Terminservicestelle vermittelte psychotherapeutische Akutbehandlung darf maximal zwei Wochen betragen.
  • Terminservicestellen müssen Versicherte künftig auch bei der Suche nach einem Haus- oder einem Kinder- und Jugendarzt zu unterstützen, der sie dauerhaft betreut.
  • Vertragsärzte werden verpflichtet, der Terminservicestelle ihre freien Termine zu melden.
  • Für durch die Terminservicestelle oder einen Hausarzt vermittelte Patienten erhalten die behandelnden Ärzte ab dem 1. September 2019 alle Leistungen des Quartals extrabudgetär vergütet. Für besonders schnell realisierte Termine gibt es gestaffelte Zuschläge (50 Prozent zusätzlich zur jeweiligen Versichertenpauschale für Termine innerhalb der ersten 8 Tage, 30 Prozent für Termine im Verlauf der zweiten Woche, 20 Prozent für Termine im Verlauf der dritten Woche).
  • Hausärzte erhalten für jede dringend erforderliche Terminvermittlung zu einem Facharzt zehn Euro.
  • Ärztliche Leistungen, die ohne vorherige Terminvereinbarung innerhalb von bis zu fünf offenen Sprechstunden pro Woche erbracht werden, werden ebenfalls extrabudgetär vergütet.
  • In der kieferorthopädischen Versorgung können Zahnärzte künftig erstmals Mehrleistungen nach der Gebührenordnung für Zahnärzte privat mit dem Versicherten abrechnen. Für den Fall einer Mehrkostenversorgung haben Zahnarzt und Patient vor der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung zu schließen, die eine transparente Aufstellung über die voraussichtlich entstehenden Kosten enthält.
  • Die Option für Versicherte, bei längerer Erkrankung stufenweise in das Arbeitsleben zurückzukehren, wird gestärkt. Ärzte werden verpflichtet, künftig ab einer bescheinigten Dauer der Arbeitsunfähigkeit von sechs Wochen die Option einer stufenweisen Wiedereingliederung regelmäßig zu prüfen. Die Teilnahme des Versicherten am sogenannten Hamburger Modell bleibt freiwillig.
  • Die Punktwertdegression bei Zahnärzten wird wieder abgeschafft. Die im Jahr 1993 mit dem Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vorgenommene Einführung der Degressionsregelung sollte den Fehlanreiz zur unbegrenzten Leistungsausweitung beseitigen.
  • Ärzte können künftig bei bestimmten Indikationen eine Heilmittel-Blankoverordnung ausstellen. Die Blankoverordnung mit erweiterter Versorgungsverantwortung der Therapeuten für bestimmte Krankheitsbilder (§ 125a) wird in die Regelversorgung übernommen (bisher waren nur Modellversuche zugelassen). Blankoverordnungen sind ohne Vorgaben zur Menge, der Frequenz und des Heilmittels zunächst für 16 Wochen gültig. In diesem Zeitraum entscheidet ausschliesslich der Therapeut über die geeigneten therapeutischen Maßnahmen. Die genauen Regelungen zur Blankoverordnung müssen bis zum 15. November 2020 von den Vertragspartnern auf Bundesebene vertraglich vereinbart werden.
  • Für Heilmittelverordnungen gibt es keine Regel- oder Höchstmenge mehr, sondern nur noch orientierende Behandlungsmengen. Der behandelnde Arzt entscheidet allein indikationsbezogen.
  • Den Ländern werden künftig in den Beratungen des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Bedarfsplanung und zu allen Aspekten der Qualitätssicherung die gleichen Rechte und Pflichten wie den Patientenvertretungen eingeräumt. Dazu gehört auch das neu hinzugekommene Antragsrecht (bislang: ausschließlich Mitberatungsrecht).
  • Auch Praxisnetze erhalten nun die Möglichkeit, medizinische Versorgungszentren zu gründen (bislang konnten dies nur zugelassene Ärzte, Krankenhäuser, Kommunen oder Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen).
  • Die Möglichkeit, medizinische Versorgungszentren zu gründen, wird für Krankenhäuser und Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen eingeschränkt. Damit soll der Entwicklung entgegengewirkt werden, dass medizinische Versorgungszentren von Investoren gegründet werden, die allein Kapitalinteressen verfolgen und keinen fachlichen Bezug zur medizinischen Versorgung haben.
  • In den Zulassungsausschüssen für Ärzte erhalten die jeweiligen obersten Landesbehörden ein Teilnahme-, Informations- und Mitberatungsrecht, wenn der Ausschuss Entscheidungen zur Besetzung eines Vertragsarztsitzes trifft.
  • Die Bildung eines Strukturfonds wird künftig für alle Kassenärztlichen Vereinigungen verpflichtend (bislang: Kann-Regelung). Strukturfonds dienen dazu, Maßnahmen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu finanzieren. Die von den Kassenärztlichen Vereinigungen bereitzustellenden Mittel betragen künftig bis zu 0,2 Prozent der vereinbarten morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen (bislang: 0,1 Prozent).
  • Die Verwendung der Mittel aus den Strukturfonds der Kassenärztlichen Vereinigungen wird konkretisiert. Beispielsweise soll das Geld für die Vergabe von Stipendien oder als Entschädigungszahlung bei Verzicht auf die Zulassung genutzt werden.
  • Disease-Management-Programme (DMP) sollen künftig auch digitale Anwendungen enthalten können. Der GBA wird beauftragt, Machbarkeit und konkrete Ausgestaltung zu überprüfen.
  • Die Gehälter der Vorstände Kassenärztlicher und Kassenzahnärztlicher Vereinigungen sowie der jeweiligen Bundesvereinigungen und des Unparteiischen beim GBA müssen vollständig veröffentlicht werden. Die Gehälter dürfen innerhalb einer Amtsperiode nicht erhöht werden, die Aufsichtsbehörde kann bei einem Amtswechsel künftig auch niedrigere Vergütungen festlegen.
  • Vertragsärzte werden ab 1. Januar 2021 verpflichtet, für ihre Patienten im Falle einer Arbeitsunfähigkeit künftig die entsprechende Meldung elektronisch an die Krankenkasse zu übermitteln. Die Versicherten erhalten weiterhin eine schriftliche Ausfertigung.
  • Ambulante Betreuungsdienste ohne pflegerisches Angebot, die Hilfen bei der Haushaltsführung und häusliche Betreuungsleistungen anbieten wie etwa Begleitung bei Spaziergängen, werden für die Leistungserbringung von Sachleistungen in der ambulanten Pflege zugelassen. Ambulante Pflegedienste sollen so entlastet werden.
  • Vertragsärzte bekommen die Möglichkeit, ihren Versorgungsauftrag nicht nur auf einen hälftigen, sondern auch auf einen drei Viertel Versorgungsauftrag zu reduzieren.
  • Krankenhäuser werden verpflichtet, im Rahmen des Entlassmanagements Versicherte bei der Beantragung weiterer Leistungen zu unterstützen, die nach einer Krankenhausbehandlung erforderlich werden können. Hierzu zählen insbesondere die spezialisierte ambulante
  • Palliativversorgung, die Haushaltshilfe und die Kurzzeitpflege.

Auswirkungen auf Krankenhäuser/stationäre Pflege

  • Krankenhäuser bekommen im Rahmen des Entlassmanagements die zusätzliche Befugnis, ihren Patienten nach der Krankenhausbehandlung einen Krankentransport zu verordnen (bislang war dies nur durch ambulante Vertragsärzte möglich).
  • Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus unter Anwendung eines Medizinprodukts können nun vom GBA leichter bewertet werden. Ist aufgrund der vorgelegten Unterlagen zunächst kein Nutzen, aber auch kein Schaden beziehungsweise eine Unwirksamkeit der Methode zu belegen, erfolgt für einen befristeten Zeitraum eine kontrollierte Leistungserbringung im Rahmen der Krankenhausbehandlung zulasten der Krankenkasse (die bisherige Bewertung und Bestätigung des Potenzials durch den GBA entfallen).
  • Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus hat ein Konzept zur Abfrage und Übermittlung von Daten, die für die Festlegung von pflegesensitiven Bereichen und zugehörigen Pflegepersonaluntergrenzen als Datengrundlage erforderlich sind, zu erarbeiten. Dabei sind in dem Konzept auch die Auswahl der Krankenhäuser und die von ihnen zu übermittelnden Daten festzulegen.
  • Krankenhäuser, die für die Berechnung von Pflegepersonaluntergrenzen relevante Daten an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus gar nicht, nicht fristgerecht oder nicht vollständig übermitteln, werden mit der Erhebung von Vergütungsabschlägen auf Krankenhausebene sanktioniert.
  • Krankenhäuser und stationäre Rehabilitationseinrichtungen werden verpflichtet, bei Bedarf für ihre Patienten im Falle einer Arbeitsunfähigkeit die entsprechende Meldung elektronisch an die Krankenkasse zu übermitteln.
  • Krankenhäuser, die für in den Kliniken tätige Hebammen Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf anbieten, haben dafür Anspruch auf finanzielle Förderung durch die Kassen (bisher: Anspruch auf Förderung nur bei Maßnahmen für Pflegeberufe).

Auswirkungen auf Krankenkassen

  • Bei einer Behandlung im EU-Ausland mit anschließendem Antrag auf Kostenerstattung werden die von der Kasse vorzunehmenden Abschläge für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen bei fünf Prozent des Erstattungsbetrages gedeckelt (bisher: ungeregelt, meist bis zu zehn Prozent).
  • Krankenkassen müssen ihre Versicherten, die in Wahltarifen der hausarztzentrierten Versorgung (HzV) eingeschrieben sind, an Effizienzgewinnen aus diesen Tarifen zu beteiligen. Mindestens 50 Prozent der Einsparungen müssen in Form von Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen zurück an die Versicherten gehen.
  • Die Möglichkeit für Modellvorhaben der Krankenkassen, in deren Rahmen Physiotherapeuten und Ergotherapeuten die Auswahl und Dauer der Heilmitteltherapie und die Frequenz der Behandlungseinheiten bestimmen, entfällt.
  • Die Möglichkeit, den Versicherten einen Wahltarif zur Übernahme der Kosten für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen anzubieten, wird aufgehoben.
  • Die Vorstandsgehälter bei Krankenkassen und dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) müssen vollständig veröffentlicht werden.
  • Für die Regelung der sektorenübergreifenden Versorgung werden neue Schiedsgremien auf Landes- und Bundesebene ins Leben gerufen. Diese Gremien werden besetzt durch Kassenärztliche Vereinigungen, Krankenkassen sowie Krankenhausgesellschaften. Die Aufsicht über die Landesgremien führen die Verwaltungsbehörden der Länder, für das Schiedsgremium auf Bundesebene das Bundesgesundheitsministerium (BMG). Das BMG erhält zudem das Recht zur Sitzungsteilnahme.
  • Die Amtsdauer in allen Schiedsgremien beträgt vier Jahre.
  • Krankenkassen dürfen im Rahmen einer Wirtschaftlichkeits- oder Abrechnungsprüfung von vertragsärztlichen Leistungen maximal zwei Jahre nach Eingang des Honorarbescheides diesen kürzen beziehungsweise Nachforderungen stellen (bislang: vier Jahre). Vertragsärzte sollen dadurch mehr Planungssicherheit erhalten.
  • Die obligatorische Zufälligkeitsprüfung von mindestens zwei Prozent der vertragsärztlichen Leistungserbringer durch die Krankenkassen wird abgeschafft. Künftig können solche Wirtschaftlichkeitsprüfungen nur noch auf Antrag bei begründetem Verdacht durchgeführt werden.
  • Krankenkassen dürfen ärztliche Verordnungen zur Krankenhausbehandlung oder zur Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen künftig nicht mehr im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung untersuchen. Das Zulassungsverfahren für Heilmittelerbringer wird vereinfacht. Kranken- und Ersatzkassen haben eine Arbeitsgemeinschaft zu gründen, die auf Landes- oder Bundesebene für alle Kassen gemeinsam die Zulassungsentscheidungen für Heilmittelerbringer trifft.
  • Verträge der Krankenkassen zur Heilmittelerbringung sind ab Juli 2020 grundsätzlich auf Bundesebene zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer abzuschließen. Für jeden Heilmittelbereich (wie etwa Physiotherapie oder Logopädie) gibt es also künftig nur noch einen bundesweit geltenden Vertrag.
  • In die neu zu verhandelnden Preise der Heilmittelleistungen wie etwa Physiotherapie oder Logopädie sind die Zeiten der Vor- und Nachbereitung einer Behandlung und die tatsächlichen Kostenentwicklungen eines Praxisbetriebs (Personal- und Sachkosten) einzuberechnen. Die bisherige Deckelung der Honorarzuwächse durch die Kopplung an die Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen der Versicherten entfällt. Die vereinbarten Preise muss der Spitzenverband Bund der Krankenkassen veröffentlichen.
  • Für Verträge im Heilmittelbereich wird bis zum 15. November 2019 eine neue Schiedsstelle ins Leben gerufen. Sie besteht aus Vertretern der Krankenkassen und der Heilmittelerbringer in gleicher Zahl sowie aus einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern (bisher war eine einzige unparteiische Schiedsperson zuständig). Die Amtsdauer beträgt vier Jahre.
  • Krankenkassen haben künftig die Hilfsmittelversorgung (zum Beispiel Inkontinenzhilfen oder Rollstühle) ihrer Versicherten grundsätzlich im Wege von Rahmenverträgen sicherzustellen (bisher: Ausschreibungsverträge), bei denen verschiedene Anbieter teilnehmen können.
  • Die Berufsverbände der Hebammen werden gesetzlich verpflichtet (bisher wurde dies im Hebammenhilfevertrag geregelt), an den GKV-Spitzenverband künftig eine vollständige Vertragspartnerliste zu übermitteln, in der alle tätigen Hebammen ihre Kontaktdaten und Art ihrer Tätigkeit anzugeben haben. Der GKV-Spitzenverband wird verpflichtet, diese Angaben im Internet zu veröffentlichen.
  • Das Gehalt der Vorstände des GKV-Spitzenverbandes darf künftig während der Dauer ihrer Amtszeit nicht erhöht werden. Die Aufsichtsbehörde kann zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Vorstandsmitgliedes eine niedrigere Vergütung anordnen. Nebeneinkünfte sind auf das Vorstandsgehalt anzurechnen.
  • Eine Vergütungsanpassung für den Geschäftsführer und seinen Stellvertreter im Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ist frühestens alle sechs Jahre oder im Falle eines Amtswechsels möglich. Die Aufsichtsbehörde kann zu diesen Zeitpunkten eine niedrigere Vergütung anordnen.
  • Krankenkassen werden verpflichtet, ab dem 1. Dezember 2019 an ihre Versicherten nur noch elektronische Gesundheitskarten auszugeben, die eine kontaktlose Schnittstelle haben und mit mobilen Geräten kompatibel sind. Auf Verlangen eines Versicherten müssen sie dessen noch gültige alte Karte gegen eine entsprechend ausgerüstete neue Karte austauschen.
  • Krankenkassen müssen ihren Versicherten bis zum 1. Januar 2021 eine von der gematik zugelassene elektronische Patientenakte zur Verfügung stellen und sie über die damit verbundenen neuen Funktionen informieren. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung legt in Absprache mit den weiteren Spitzenverbänden der Leistungserbringer die nötigen Inhalte fest, um die Interoperabilität zu gewährleisten.
  • Der GKV-Spitzenverband teilt dem Bundesversicherungsamt zum 15. Januar 2021 mit, welche Kassen die elektronische Patientenakte noch nicht eingeführt haben. Diesen Kassen werden die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für Verwaltungsausgaben um 2,5 Prozent gekürzt. Die Sanktion steigt auf 7,5 Prozent, wenn die Patientenakte auch zum 1. Januar 2022 nicht zur Verfügung steht.
  • Krankenkassen dürfen ihren Versicherten in den elektronischen Patientenakten über die Anforderungen der gematik hinaus zusätzliche Angebote wie zum Beispiel Patiententagebücher oder Aufzeichnungen von „Fitnesstrackern“ anbieten.
  • Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) wird neuer Mehrheitsgesellschafter in der Gesellschaft für Telematik. Für die Beschlusskraft reicht künftig die einfache Mehrheit (bisher: Zweidrittelmehrheit). Bisher war die gematik ein Gremium der Selbstverwaltung, paritätisch besetzt mit Gesellschaftern von Kassen- und Leistungserbringerseite, das BMG hatte lediglich Teilnahmerecht an Gesellschafterversammlungen.
  • Um die Versorgung mit Impfstoffen zu verbessern, sind Exklusivverträge von Kassen mit einzelnen Herstellern über saisonale Grippeimpfstoffe nicht mehr möglich.
  • Die bereits gesetzlich bestehende Pflicht der Krankenkassen, Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Pflegeberuf und Familie in Krankenhäusern finanziell zu fördern, wird nun auch auf in den Kliniken tätige Hebammen ausgeweitet.

Auswirkungen auf Finanzierung

  • Durch die Erhöhung der Festzuschüsse beim Zahnersatz ergeben sich ab dem Jahr 2021 geschätzte jährliche Mehrausgaben der GKV von rund 570 Millionen Euro.
  • Für die Neuerungen in der vertragsärztlichen Versorgung steigen die Kosten der GKV um etwa 1,2 Milliarden Euro (Schätzung GKV-Spitzenverband.

Beitragssatz

14,6 % (+ evtl. Zusatzbeitrag Seit 2009 erhalten die gesetzlichen Krankenkassen zur Deckung ihrer Ausgaben Zuweisungen aus dem… )