Reform

Zweites Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften / Zweites Pflegestärkungsgesetz (PSG II)

In Kraft getreten: 01.01.2016 8 Min. Lesedauer

Das Zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) führt einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff ein, der insbesondere dazu beitragen soll, dass nicht mehr zwischen körperlichen Einschränkungen einerseits und kognitiven und psychischen Einschränkungen andererseits unterschieden wird. Der individuelle Unterstützungsbedarf jedes Einzelnen soll ausschlaggebend sein. Damit soll insbesondere pflegebedürftigen Demenzkranken geholfen werden.

Auswirkungen auf Versicherte

  • Das PSG II führt einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff ein. Dieser berücksichtigt neben körperlichen künftig auch kognitive und psychische Einschränkungen. Damit verbessert sich vielfach die Einstufung Demenzkranker und pflegebedürftiger Kinder.
  • Fünf neue Pflegegrade ersetzen das bisherige System der drei Pflegestufen und der zusätzlichen Feststellung von erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz.
  • Pflegebedürftige, die bereits Leistungen der Pflegeversicherung erhalten, werden automatisch in den entsprechenden Pflegegrad übergeleitet. Eine erneute MDK-Begutachtung ist nicht nötig. Alle Betroffenen erhalten die Leistungen mindestens im selben Umfang wie vorher.
  • Der Eigenanteil am Pflegesatz in der stationären Pflege darf sich für Pflegebedürftige durch die Neueinordnung nicht erhöhen.
  • Die Unterstützung Pflegebedürftiger setzt früher ein als bisher. Der Pflegegrad 1 erfasst nun auch Menschen, die noch keinen erheblichen Unterstützungsbedarf haben und bislang keine Leistungen aus der Pflegeversicherung erhielten. Das Bundesgesundheitsministerium rechnet mit 500.000 zusätzlichen Anspruchsberechtigten.
  • Neben Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung werden künftig auch Leistungen der häuslichen Betreuung als pflegerische Betreuungsmaßnahmen akzeptiert.
  • Zur Finanzierung des PSG II steigen die Beiträge zur Pflegeversicherung 2017 um 0,2 Prozentpunkte auf 2,55 Prozent (2,8 Prozent für Kinderlose).
  • Für den Auf- und Ausbau von Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen, die Pflegebedürftige sowie deren Angehörige unterstützen wollen, stellen die Pflegekassen je Versicherten 0,10 Euro zur Verfügung.
  • Pflegende Angehörige erhalten einen Rechtsanspruch auf eine individuelle Pflegeberatung. Zum Beratungsangebot gehört nun auch, über Leistungen zur Entlastung pflegender Angehöriger zu informieren. Jeder Pflegebedürftige erhält außerdem bei der Beratung einen festen Ansprechpartner.
  • Die umstrittenen Pflegenoten werden abgeschafft. Die Selbstverwaltung erhält den Auftrag, bis 2018 eine neue Bewertungssystematik zu konzipieren, die die Qualität der ambulanten und stationären Pflege für die Verbraucher transparenter macht.
  • Verschlechtert sich künftig bei einem Pflegebedürftigen im Pflegeheim die Einstufung des Pflegegrades, darf dies nicht mehr zu einem steigenden Eigenanteil führen. Jede stationäre Einrichtung muss einen einheitlichen Eigenanteil festlegen, der für die Pflegegrade 2 bis 5 gleichermaßen gültig ist.
  • Der Zuschlag für ambulante Wohngruppen erhöht sich ab 2017 auf 214 Euro monatlich.
  • Pflegebedürftige in der stationären Betreuung erhalten einen Rechtsanspruch auf über die Pflege hinausgehende zusätzliche Betreuung und Aktivierung.
  • Empfiehlt das MDK-Gutachten zur Einstufung in einen Pflegegrad eine bestimmte (Pflege-)Hilfsmittelversorgung, gilt der Antrag auf diese Leistung automatisch als gestellt. Bislang mussten Pflegebedürftige erst eine entsprechende ärztliche Verordnung beibringen und einen gesonderten Antrag bei der Pflegekasse stellen. Die Regelung ist vorerst auf drei Jahre befristet.
  • Der Versicherte erhält künftig direkt selbst die Pflegegrad-Einstufung des MDK.
  • Für niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote erstellen die Pflegekassen künftig Listen mit Informationen zu Angeboten und Kosten der entsprechenden Anbieter. Die Listen werden im Internet veröffentlicht.
  • Pflegepersonen, die ihren Job kündigen, um sich um pflegebedürftige Angehörige zu kümmern, erhalten von der Pflegeversicherung künftig die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für die gesamte Dauer der Pflegetätigkeit. Gleiches gilt für Personen, die für die Pflege den Leistungsbezug aus der Arbeitslosenversicherung unterbrechen. Dadurch bleibt das Anrecht auf Arbeitslosengeld 1 für die Zeit nach der Pflege erhalten.
  • Künftig zahlt die Pflegeversicherung höhere Rentenbeiträge für alle Pflegepersonen, die einen Pflegebedürftigen in den Pflegegraden 2 bis 5 mindestens zehn Stunden (bisher: 14 Stunden) wöchentlich, verteilt auf mindestens zwei Tage, zu Hause pflegen. Die Rentenbeiträge steigen mit zunehmendem Pflegegrad.
  • Vom 1. Juli 2016 bis zum 31. Dezember 2018 werden Wiederholungbegutachtungen (bis auf wenige Ausnahmen) grundsätzlich ausgesetzt. Dies gilt auch dann, wenn der MDK oder der von der Pflegekasse beauftragte Gutachter ein solches Gutachten empfohlen haben.
  • Pflegebedürftige, die Sachleistungen der Pflegeversicherung erhalten, und Menschen mit Pflegegrad 1, die Pflegegeld beziehen, können auf Wunsch einen häuslichen Beratungsbesuch in der eigenen Häuslichkeit in Anspruch nehmen.
  • Die Pflegekassen müssen künftig Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen anbieten.

Auswirkungen auf Ärzte/ambulante Pflege

  • Fünf neue Pflegegrade ersetzen das bisherige System der drei Pflegestufen und der zusätzlichen Feststellung von erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz. Der GKV-Spitzenverband hat den Auftrag, die Begutachtungs-Richtlinie entsprechend anzupassen.
  • Empfiehlt das MDK-Gutachten zur Einstufung in einen Pflegegrad eine bestimmte (Pflege-)Hilfsmittelversorgung, gilt der Antrag auf diese Leistung automatisch als gestellt. Bislang mussten Pflegebedürftige erst eine entsprechende ärztliche Verordnung beibringen und einen gesonderten Antrag bei der Pflegekasse stellen. Die Regelung ist vorerst auf drei Jahre befristet.
  • Der Zuschlag für ambulante Wohngruppen erhöht sich ab 2017 auf 214 Euro monatlich. Das Gesetz stellt klar, dass die Förderung nur für solche Wohnformen gilt, die keine Leistungen der vollstationären Pflege beinhalten.
  • Ergibt eine Prüfung durch den MDK, dass die Pflege in einer ambulant betreuten Wohngruppe ohne teilstationäre Pflege nicht in ausreichendem Umfang sicherzustellen ist, können die Bewohner auch Leistungen der Tages- und Nachtpflege in Anspruch nehmen.
  • Leistungen der häuslichen Betreuung werden künftig neben Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung als pflegerische Betreuungsmaßnahmen akzeptiert.
  • Für niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote erstellen die Pflegekassen künftig Listen mit Informationen zu Angeboten und Kosten der entsprechenden Anbieter. Die Listen werden im Internet veröffentlicht.
  • Die Pflege-Selbstverwaltung wird gesetzlich verpflichtet, bis zum 30. Juni 2020 unter den neuen Bedingungen der Pflegebegutachtung und Qualitätssicherung ein wissenschaftlich fundiertes Personalbemessungssystem für die ambulante Pflege zu entwickeln und zu evaluieren. Die private Pflegeversicherung wird verpflichtet, sich mit einem Anteil von zehn Prozent an den Aufwendungen zu beteiligen.
  • Die Selbstverwalter werden verpflichtet, erstmals ein Konzept für eine Qualitätssicherung in neuen Wohnformen - etwa ambulanten Wohngruppen - zu entwickeln.
  • Pflegebedürftige, die Sachleistungen der Pflegeversicherung erhalten, und Menschen mit Pflegegrad 1, die Pflegegeld beziehen, können auf Wunsch einen häuslichen Beratungsbesuch in der eigenen Häuslichkeit in Anspruch nehmen. Welche Qualitätsanforderung die Beratungsbesuche erfüllen sollen, wird der neue Qualitätsausschuss festlegen.
  • Die bisherigen Maßstäbe und Grundsätze zur Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität werden überarbeitet. Insbesondere der Bereich "Qualitätsdarstellung" wird neu integriert. Ab Januar 2019 werden die bisherigen umstrittenen "Pflegenoten" im ambulanten Bereich durch ein indikatorengestütztes Qualitätsprüfungs- und Transparenzsystem abgelöst werden, das das interne Qualitätsmanagement mit externer Qualitätsprüfung und Qualitätsberichterstattung verzahnt. Die Selbstverwaltung bekommt den Auftrag, für eine solche Qualitätsdarstellungsvereinbarung im ambulanten Bereich bis zum 30. Juni 2018 einheitliche Indikatoren und Verfahrensweisen festzulegen und die Vereinbarung bis zum 31. Dezember 2018 zu verabschieden.
  • Für die erforderlichen Änderungen im Bereich der Qualität wird die bisherige "Schiedsstelle Qualitätssicherung" zu einem entscheidungsfähigen Qualitätsausschuss ausgebaut, der von der Selbstverwaltung mit jeweils bis zu zehn Vertretern paritätisch besetzt wird. Bei Nichtentscheidungsfähigkeit werden unabhängige Vertreter hinzugezogen, die das Bundesgesundheitsministerium benennt. Zur operativen und fachlichen Unterstützung des Qualitätsausschusses wird für einen Zeitraum von fünf Jahren eine qualifizierte Geschäftsstelle des Qualitätsausschusses gebildet.
  • Stärkung des Grundsatzes "Reha vor Pflege": Die Medizinischen Dienste werden verpflichtet, ein bundesweit einheitliches, strukturiertes Verfahren für Reha-Empfehlungen anzuwenden. Damit soll die Anzahl der Reha-Empfehlungen in der ambulanten Pflege deutlich erhöht werden.

Auswirkungen auf Krankenhäuser/stationäre Pflege

  • Fünf neue Pflegegrade ersetzen das bisherige System der drei Pflegestufen und der zusätzlichen Feststellung von erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz. Der GKV-Spitzenverband hat den Auftrag, die Begutachtungs-Richtlinie entsprechend anzupassen.
  • Die seit Januar 2016 geltenden Pflegesatzvereinbarungen für voll- und teilstationäre Pflegeeinrichtungen gelten bis zum 31. Dezember 2016 weiter. Für die Zeit ab 1. Januar 2017 werden neue Pflegesätze verhandelt. Für Einrichtungen, die bis 30. September 2016 die Verhandlungen nicht abgeschlossen haben, sieht das Gesetz ein alternatives Umrechnungsverfahren ohne Verhandlungen vor.
  • Empfiehlt das MDK-Gutachten bei der Einstufung in einen Pflegegrad auch eine bestimmte (Pflege-)Hilfsmittelversorgung, gilt der Antrag auf diese Leistung automatisch als gestellt. Bislang mussten Pflegebedürftige erst eine entsprechende ärztliche Verordnung beibringen und einen gesonderten Antrag bei der Pflegekasse stellen. Die Regelung ist vorerst auf drei Jahre befristet.
  • Pflegebedürftige in der stationären Betreuung erhalten einen Rechtsanspruch auf über die Pflege hinausgehende zusätzliche Betreuung und Aktivierung. Bislang hatten Pflegeheime bereits die Möglichkeit, solche zusätzlichen Leistungen mit Vergütungszuschlägen für zusätzliches Personal abzurechnen. Künftig werden diese Leistungen über den neu zu verhandelnden Pflegesatz mitvergütet.
  • Jede stationäre Einrichtung muss für ihre Bewohner einen einheitlichen Eigenanteil festlegen, der für die Pflegegrade 2 bis 5 gleichermaßen gültig ist und sich somit beim Verschlechtern des Pflegegrades nicht mehr ändert.
  • Die voll- beziehungsweise teilstationäre Pflegeeinrichtung hat die Heimbewohner spätestens bis 30. November 2016 schriftlich über die neuen Pflegesätze der Pflegegrade 1 bis 5 und den einrichtungseinheitlichen Eigenanteil zu informieren.
  • Die bisherigen Maßstäbe und Grundsätze zur Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität werden überarbeitet. Insbesondere der Bereich "Qualitätsdarstellung" wird neu integriert. Sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich sind neben der Ergebnisqualität ergänzend die Struktur- und Prozessqualität der Pflegeeinrichtungen zu prüfen und entsprechende Daten zu erheben.
  • Ab Januar 2018 werden die bisherigen umstrittenen "Pflegenoten" im stationären Bereich durch ein indikatorengestütztes Qualitätsprüfungs- und Transparenzsystem abgelöst werden, das das interne Qualitätsmanagement mit externer Qualitätsprüfung und Qualitätsberichterstattung verzahnt. Die Selbstverwaltung bekommt den Auftrag, für eine solche Qualitätsdarstellungsvereinbarung im stationären Bereich bis zum 31. März 2017 einheitliche Indikatoren und Verfahrensweisen festzulegen und die Vereinbarung bis zum 31. Dezember 2017 zu verabschieden.
  • Für die erforderlichen Änderungen im Bereich der Qualität wird die bisherige "Schiedsstelle Qualitätssicherung" zu einem entscheidungsfähigen Qualitätsausschuss ausgebaut, der von der Selbstverwaltung mit jeweils bis zu zehn Vertretern paritätisch besetzt wird. Bei Nichtentscheidungsfähigkeit werden unabhängige Vertreter hinzugezogen, die das Bundesgesundheitsministerium benennt. Zur operativen und fachlichen Unterstützung des Qualitätsausschusses wird für einen Zeitraum von fünf Jahren eine qualifizierte Geschäftsstelle des Qualitätsausschusses gebildet.
  • Die Selbstverwaltung erhält den Auftrag, ein Konzept für die Qualitätssicherung in neuen Wohnformen, beispielsweise ambulant betreuten Wohngruppen, zu erarbeiten.
  • Seit Ende 2014 gibt es die flächendeckende Einführung einer vereinfachten Pflegedokumentation (Strukturmodell) in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen. Das PSG II legt fest, dass die dadurch entstandene zeitliche Entlastung der Pflegekräfte nicht zu einer Absenkung der Pflegevergütung führen darf, sondern der Arbeitsverdichtung entgegenwirken soll.
  • Die Pflege-Selbstverwaltung wird gesetzlich verpflichtet, unter den neuen Bedingungen der Pflegebegutachtung und Qualitätssicherung ein wissenschaftlich fundiertes Personalbemessungssystem für die stationäre Pflege zu entwickeln und zu evaluieren. Die private Pflegeversicherung wird verpflichtet, sich mit einem Anteil von zehn Prozent an den Aufwendungen zu beteiligen.
  • Stärkung des Grundsatzes "Reha vor Pflege": Die Medizinischen Dienste werden verpflichtet, ein bundesweit einheitliches, strukturiertes Verfahren für Reha-Empfehlungen anzuwenden. Damit soll die Anzahl der Reha-Empfehlungen in der stationären Pflege deutlich erhöht werden.

Auswirkungen auf Finanzierung

  • Zur Finanzierung des PSG II steigen die Beiträge zur Pflegeversicherung 2017 um 0,2 Prozentpunkte auf 2,55 (2,8 Prozent für Kinderlose). Dies führt im Jahr 2017 zu Mehreinnahmen von rund 2,5 Milliarden Euro. Bis 2020 steigen die Mehreinnahmen voraussichtlich auf rund 2,7 Milliarden Euro jährlich.
  • Mehrausgaben durch Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs von 3,7 Milliarden Euro (2017) und jeweils 2,4 bis 2,5 Milliarden Euro in den Folgejahren.
  • Kosten durch die Überleitung der pflegebedürftigen Personen von den Pflegestufen auf die Pflegegrade von 3,6 Milliarden Euro im Zeitraum von vier Jahren.
  • Bestandsschutzkosten im vollstationären Bereich von knapp 0,8 Milliarden Euro.

Beitragssatz

2,35 % (2,6 Kinderlose)