Reform

GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz (GKV-SVSG)

In Kraft getreten: 01.03.2017 4 Min. Lesedauer

Das Gesetz zur Stärkung der Handlungsfähigkeit und Aufsicht über die Selbstverwaltung der Spitzenorganisationen in der GKV (GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz – GKV-SVSG) hat zum Ziel, die interne und die externe Kontrolle der Selbstverwaltung sowie die Transparenz zu verbessern. Dazu sollen die Informations- und Kontrollrechte der Mitglieder der Selbstverwaltungsgremien erweitert und präziser formuliert werden. Das GKV-SVSG betrifft die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, den GKV-Spitzenverband, den Gemeinsamen Bundesausschuss und den Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen.

Auswirkungen auf Versicherte

  • Ehemalige Zeitsoldaten erhalten nach dem Ausscheiden aus dem Dienst drei Monate lang ein Beitrittsrecht zur freiwilligen Versicherung. Die Mitgliedschaft beginnt rückwirkend mit dem Tag des Ausscheidens. Nach Ende ihrer Dienstzeit erhalten sie zudem einen Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen, der anstelle der bisherigen Beihilfe geleistet wird.

Auswirkungen auf Ärzte/ambulante Pflege

  • Der Vorstand der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung besteht künftig aus bis zu drei Mitgliedern.
  • Der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung muss ab dem 1. März 2017 aus drei Mitgliedern bestehen (bislang: Option der Wahl eines dritten Vorstands). Das dritte Vorstandsmitglied darf weder an der hausärztlichen noch an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen.
  • Vorstandsentscheidungen werden in der Kassenärztlichen Bundesvereinigung mit der Mehrheit im Vorstand entschieden. Kommt es durch eine Stimmenthaltung zu einer Stimmengleichheit, entscheidet der Vorsitzende des Vorstandes.
  • Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung muss ab dem 1. März 2017 mit einer Zweidrittelmehrheit von der Vertreterversammlung gewählt werden. Sollte er diese nicht erreichen, genügt eine einfache Mehrheit erst im dritten Wahlgang.
  • Bei Wahlen der Vertreterversammlungen in der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind die Stimmen der Versammlungsmitglieder so zu gewichten, dass es zu einer Parität zwischen haus- und fachärztlichen Vertretern kommt.
  • Die Vorsitzenden der Vertreterversammlungen in den Kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigungen können im Fall des Vertrauensverlustes ? etwa bei Verletzung von Informationspflichten ? mit einfacher Mehrheit abgewählt werden. Mit dem Beschluss über die Abberufung muss die Versammlung gleichzeitig einen Nachfolger wählen.
  • Liegen hinreichende Anhaltspunkte vor, dass die ordnungsgemäße Verwaltung der Kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigungen gefährdet ist, kann das Bundesgesundheitsministerium als Aufsichtsbehörde künftig eine neutrale Person zur Beratung und Unterstützung des Vorstandes oder des Verwaltungsrates entsenden. Diese erhält Einsicht in alle Unterlagen und kann an allen Sitzungen beratend teilnehmen. Die Aufsichtsbehörde bestimmt, in welchem Umfang die entsandte Person im Innenverhältnis anstelle der kassen(zahn)ärztlichen Organe handeln darf. Alle mit der Entsendung dieser neutralen Person anfallenden Kosten trägt die betroffene Kassen(zahn)ärztliche Bundesvereinigung.
  • Kommt bei den Kassen(zahn)ärtlichen Bundesvereinigungen die Wahl des Vorstandes oder des Vorsitzenden der Vertreterversammlung nicht zustande, weigert sich der Vorstand, seine Geschäfte ordnungsgemäß zu führen oder verläuft die Verwaltung der Kassen(zahn)ärtzlichen Bundesvereinigungen rechts- oder vermögensgefährdend, kann das Bundesgesundheitsministerium als Aufsichtsbehörde eine Frist setzen, den ordnungsgemäßen Zustand wiederherzustellen. Nach Verstreichen der Frist kann das Ministerium die Geschäfte entweder selbst führen oder dafür einen Beauftragten ernennen.
  • Kassen(zahn)ärztliche Bundesvereinigungen und Gemeinsamer Bundesausschuss erhalten den Auftrag, in der Verwaltungsorganisation ein internes Kontrollsystem mit einer unabhängigen internen Revision einzurichten.
  • Im Falle eines rechtsverletzenden Satzungsbeschlusses der Kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigungen kann die Aufsichtsbehörde der Vertreterversammlung eine Frist setzen, den Beschluss aufzuheben. Kommt die Vertreterversammlung dem nicht fristgerecht nach, kann die Aufsichtsbehörde den Satzungsbeschluss ohne weitere Fristsetzung sofort aufheben.
  • Vor der Entscheidung des Vorstandes der Kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigungen über Investitionen in Beteiligungsgesellschaften muss die Vertreterversammlung zustimmen. Diese ist zuvor umfassend über Chancen und Risiken der Vermögensanlage zu informieren.
  • Das Zwangsgeld für die Vollstreckung einer Aufsichtsverfügung des beaufsichtigenden Bundesgesundheitsministeriums gegen die Kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigungen wird auf maximal zehn Millionen Euro festgelegt (bislang: 25.000 Euro).
  • Die Beiträge der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen dienen nur zur Abdeckung der tatsächlichen Verwaltungskosten der Kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigungen. Die Bildung von Rücklagen ist nur in einem engen Rahmen zulässig. Liegen die monatlichen Einnahmen mehr als 50 Prozent über den monatlichen Ausgaben und ist ein weiterer Rücklagenaufbau zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben nicht erforderlich, sind die Beiträge entsprechend zu senken.
  • Kassen(zahn)ärztliche Bundesvereinigungen werden verpflichtet, ihr Jahresrechnungsergebnis zu veröffentlichen. Bislang waren dazu nur die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen verpflichtet.
  • Zur Stärkung der Kontrollpflichten der Vertreterversammlungen der Kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigungen werden die Vorstände verpflichtet, auf Antrag der Vertreterversammlung dieser Einblick in sämtliche Geschäfts- und Verwaltungsunterlagen zu geben und zu einzelnen komplexeren Sachverhalten auch rechtzeitig einen schriftlichen Bericht vorzulegen. Für den erfolgreichen Antrag ist ein Viertel der abgegebenen Stimmen in der Vertreterversammlung ausreichend.
  • Sitzungen der Vertreterversammlung der Kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigungen werden künftig öffentlich abgehalten. Ein nichtöffentlicher Teil der Sitzung ist nur für bestimmte Sachverhalte wie beispielsweise Personalfragen gestattet. Abstimmungen erfolgen bei allen haftungsrelevanten Abstimmungsgegenständen namentlich und nicht mehr geheim. Die Kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigungen können in Ihrer Satzung nicht-haftungsrelevante Sachverhalte festlegen, die weiterhin geheim abgestimmt werden.
  • Vorstände der Kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigungen haben die Vertreterversammlung künftig über ihre eigenen Nebentätigkeiten in anderen ärztlichen Organisationen zu informieren, um mögliche Interessenskonflikte transparent zu machen.
  • Kassen(zahn)ärztliche Bundesvereinigungen und Gemeinsamer Bundesausschuss werden verpflichtet, die Entschädigungen für ehrenamtliche Mitglieder der Vertreterversammlung beziehungsweise der unparteiischen hauptamtlichen Mitglieder zu veröffentlichen.
  • Angestellte Ärzte werden künftig ab einem Beschäftigungsumfang von zehn Wochenstunden automatisch Mitglied der für sie zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Bislang galt die obligatorische Mitgliedschaft ab einem halbtäglichen Beschäftigungsumfang, wobei der Begriff ?halbtags? vom Umfang her nicht genau definiert war. Deshalb kam es in den Kven zu unterschiedlichen Regelungen.
  • Das Bundesgesundheitsministerium erstattet dem Gesundheitsausschuss des Bundestags ab März 2018 jährlich Bericht über aufsichtsrechtliche Maßnahmen und den Sachstand der jeweiligen Verfahren gegenüber den Kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigungen.

Auswirkungen auf Krankenkassen

  • Kassen werden verpflichtet, die freiwillige Mitgliedschaft von Versicherten zu beenden, wenn diese unbekannt verzogen und nicht mehr erreichbar sind, seit sechs Monaten keine Beiträge mehr zahlen und keine Leistungen der Krankenversicherung in Anspruch genommen haben, ohne sich abgemeldet zu haben (bisher: Weiterversicherungszwang zum Höchstbetrag). Diese Regelung gilt rückwirkend bis ins Jahr 2013.

Beitragssatz

14,6 % (+ evtl. Zusatzbeitrag Seit 2009 erhalten die gesetzlichen Krankenkassen zur Deckung ihrer Ausgaben Zuweisungen aus dem… )