„Mehr Sinn geht eigentlich nicht“
Pflegen als Mission: Beruf wird immer noch stark unterschätzt
Bereits zum siebten Mal sucht die AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… Hessen Profis in der ambulanten und stationären Pflege Kann die häusliche Pflege nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden, besteht Anspruch auf… , die tagtäglich mit Verlässlichkeit und Mitgefühl ihren Beruf ausüben. Zwei Personen, die den Empathie-Award Pflege in den Vorjahren gewonnen haben, melden sich nun zu Wort. Beide widersprechen dem medial geprägten Image der Pflege sehr deutlich.
„In unserer Branche kann von Fachkräftemangel derzeit keine Rede sein“, meint Anne Bördner, die 2020 zu den Preisträgerinnen gehörte und im Ambulanten Pflegezentrum Lahn in Leun arbeitet. Die 34-Jährige stört, dass der Pflegeberuf in aktuellen Diskussionen meist nur mit negativen Attributen belegt ist. Im Berufsalltag dominiere jedoch etwas völlig anderes: „Wir erleben sehr viel Dankbarkeit und Zuspruch, auch von Angehörigen, allerdings ist der Energieaufwand und der Arbeitseinsatz hoch. Doch das lohnt sich auf jeden Fall, da kommt sehr viel zurück.“ Es sei zudem häufig möglich, auch Betroffene dazu anzuspornen, noch aktiver im Rahmen pflegerischer Leistungen mitzuhelfen, so dass schweres Heben in den seltensten Fällen notwendig ist. Außerdem werde man entsprechend fortgebildet. Würde sie ein zweites Mal in diesen Beruf einsteigen? „Unbedingt, das ist sehr viel mehr als ein Job, sondern eine Lebensaufgabe“, meint Anne Bördner und fügt an: „Mehr Sinn geht eigentlich nicht.“
Mit Gesang und Humor
Ganz ähnlich sieht es Michael Husmann vom Pflegedienst Rheingau. Noch heute wird er gelegentlich auf den Empathie-Award Pflege angesprochen, der ihm im selben Jahr zuerkannt wurde. Er ist einer der sehr wenigen Männer, die seit 2018 nominiert worden sind: „Es ist sehr abwechslungs- und vor allem lehrreich, das gilt sogar jetzt noch nach über 40 Jahren Berufserfahrung.“ Körperlich werde es natürlich anstrengender. „Aber was ich an Erfahrungen in dieser Zeit angesammelt habe, ist ein Schatz, den ich gerne an jüngere Menschen weitergebe.“
Michael Husmann kam 1990, ein Jahr nach Gründung des Pflegedienstes, als erste Vollzeitkraft ins Team. Sein ansteckender Humor hebt die Stimmung auch an trüben Tagen, und sicherlich trägt auch sein Rheingauer Dialekt positiv dazu bei. Als aktiver Chorsänger bringt er etliche Patientinnen und Patienten zum Singen – von volkstümlich über klassisch bis sakral. Der praktizierende Christ schreibt seinen Schützlingen zudem kleine Gedichte zu Geburtstagen und zu anderen Anlässen. „In der gesellschaftlichen Wahrnehmung wird der Pflegeberuf bei weitem nicht so attraktiv dargestellt, wie er eigentlich ist.“ Er sieht durchaus einen Fachkräftemangel, zumindest in der näheren Zukunft: „Nur mit Fachkräften aus dem Ausland werden wir dem kommenden Bedarf niemals gerecht werden können.“
Ganz besondere Menschen
Am diesjährigen Empathie-Award Pflege können Pflegebedürftige, nahestehende Personen, aber auch Kolleginnen und Kollegen aus dem Pflegedienst oder dem Pflegeheim teilnehmen. Nominiert werden können professionell tätige Pflegekräfte. Per E-Mail oder postalisch kann die anschauliche Beschreibung einer konkreten Pflegesituation – möglichst aus den vergangenen Monaten – dargestellt werden. Dabei soll eine ganz bestimmte Pflegefachkraft eine wichtige, positive Rolle spielen.