Welle auf Welle: Atemwegsinfekte auf Rekordhöhe
Deutschland erlebt mitten im Sommer erneut eine heftige Infektwelle. Aktuell litten 5,1 Millionen Menschen an einem Atemwegsinfekt, heißt es im neuen Wochenbericht des Robert-Koch-Instituts (RKI). Das seien mehr „als in allen bisherigen Vorsaisons um diese Jahreszeit“ seit Beginn der „Grippeweb“-Auswertung 2011. Neben Erkältungsviren spiele dabei auch Corona mit. Auch rund vier Jahre nach Pandemiebeginn zeigt das Virus kein klares saisonales Muster. Nach der schweren Winterwelle sehen viele Länder schon wieder steigende Corona-Zahlen. „Wir erwarten im Moment eine Sommerwelle in ganz Europa und auch anderen Teilen der Welt“, sagte der Virologe Christian Drosten kürzlich in NTV. Getrieben werde diese durch Immunflucht-Varianten wie KP.3 oder KP.2.
Der Anteil von KP.3 stieg laut RKI in Deutschland zuletzt auf 51 Prozent. Die US-Gesundheitsbehörde CDC warnte Anfang Juli, Corona könne nicht nur im Winter, sondern das ganze Jahr über „hochschnellen“. „Weil die Entwicklung neuer Varianten unberechenbar bleibt, ist Sars-Cov-2 kein typischer Winter-Virus.“ Corona „ist nicht saisonal“, meinte auch die britische Expertin Christina Pagel. Dagegen hofft Drosten weiter, dass sich Corona irgendwann auf die Wintermonate einpendelt. „Später wird das für das Virus wohl nur noch im Winter funktionieren.“ Ein Zeitfenster nannte er nicht.
Erstaunt zeigte sich der Experte, dass viele Infizierte auch nach mehreren Infektionen Symptome zeigen. „Viele Leute haben jetzt so zwei, drei oder sogar vier Infektionen hinter sich. Und trotzdem werden sie immer noch krank, wenn sie so eine Variante bekommen“, so Drosten. Das RKI riet auf X zum Schutz vor Atemwegsinfekten zu Maßnahmen wie Lüften oder Maske. Kranke sollten drei bis fünf Tage zu Hause bleiben, um andere nicht anzustecken. Die Landesvorsitzende der Berliner Grünen, Nina Stahr, plädierte dafür, „doch noch mal über Luftfilter in Schulen und Kitas zu sprechen“.
Bereits im ersten Quartal 2024 hatten sich die Krankenstände erneut auf sehr hohem Niveau bewegt. In ihrem Frühjahrsgutachten stuften die führenden Wirtschaftsinstitute weiterhin unerwartet hohe Krankheitsausfälle als ein Konjunkturrisiko ein. Zu einem ähnlichen Schluss kommt eine Studie des Ökonomen Claus Michelsen vom Verband forschender Pharmaunternehmen: Ohne die überdurchschnittlichen Krankentage wäre Deutschlands Wirtschaft 2023 um 0,5 Prozent gewachsen und nicht um 0,3 Prozent geschrumpft. Auch Krankenkassen und Staat hätten als Folge Milliarden Euro eingebüßt. (cm)