Virchowbund mahnt Neuausrichtung für Patientensteuerung an
Angesichts der Pläne der Bundesregierung für eine Primärarztversorgung fordert der Virchowbund einen „Masterplan“ für eine effiziente Patientensteuerung. Der Bundesvorsitzende des Verbandes der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, Dirk Heinrich, warnte heute auf der Hauptversammlung des Verbandes in Berlin vor einem „Riesen-Gap“ an Hausärztinnen und Hausärzten im Jahr 2040. Die Aufgabe der Hausärzte dürfe nicht darin bestehen, Patienten zuzuweisen. Stattdessen müssten sie ihrer „ureigensten wichtigsten Aufgabe“ nachkommen – Patienten über viele Jahre zu betreuen, zu behandeln und mit ihnen zu sprechen.
Heinrich zufolge gibt es in den Facharztpraxen jährlich rund 102 Millionen Behandlungsfälle ohne Überweisung. Ein Primärarztsystem würde folglich zu einem Mehr von knapp 2.000 Behandlungsfällen pro Hausarzt führen. Er forderte ein sogenanntes Koordinationsarztmodell, das nicht nur aus einem Hausarzt, sondern auch aus einem grundversorgenden Facharzt bestehen könne. Patientinnen und Patienten müssten sich daran gewöhnen, sich hier verpflichtend einzuschreiben und möglicherweise auch an Kosten, wie einer „No Show“-Gebühr, zu beteiligen. Bei der Arbeit eines solchen Arztes seien die digitale Systemanbindung sowie ergänzendes Praxispersonal, wie medizinische Fachangestellte, essenziell. „Auch das muss refinanziert werden. Aber letztlich ist das eine Investition, um anschließend auch entsprechend Gelder einzusparen“, machte er deutlich.
In der Patientensteuerung sieht der Bundestagsabgeordnete und Gesundheitspolitiker Hans Theiss (CDU/CSU) großen Handlungsbedarf. „Da müssen wir reingehen. Da soll das Primärarztsystem oder die Primärversorgung ein ganz wesentlicher Baustein sein.“ Mehr als die Hälfte der Patientinnen und Patienten suche die Notaufnahme zu Unrecht auf. „Das führt dazu, dass andere Menschen möglicherweise später oder schlechter versorgt werden. Das bindet aber auch insgesamt Ressourcen.“ Matthias David Mieves (SPD), ebenfalls Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestages, verwies auf Schweden und Kanada mit wesentlich weniger Arzt-Patienten-Kontakten. „30 bis 50 Prozent der Anliegen werden rein telefonisch, online über Fachkräfte gelöst, die keine Ärztinnen und Ärzte sind. Und das sind Beispiele, von denen wir lernen können.“ Er forderte ein „höheres, einheitliches, digital gestütztes Qualitätsniveau“ bei der bundesweiten Telefonnummer für den ärztlichen Bereitschaftsdienst 116 117 sowie einen Online-Zugangsweg über ein Portal oder eine App zur strukturierten Ersteinschätzung und Lotsenfunktion. (ts)
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