GKV-Finanzen: Überschüsse bringen keine Entspannung
Trotz positiver Quartalsergebnisse bleibt die finanzielle Lage der gesetzlichen Krankenversicherung angespannt. Zwar schlossen AOK, Ersatzkassen und IKK die ersten neun Monate des Jahres mit einem Überschuss ab, gleichzeitig steigen die Ausgaben jedoch deutlich. Der stellvertretende Vorstandschef des AOK-Bundesverbandes, Jens Martin Hoyer, bezeichnete das von der Regierung vorgesehene Sparpaket zur Stabilisierung der GKV-Finanzen 2026 deswegen als „völlig unzureichend“ und forderte weitergehende Maßnahmen.
Die sogenannte Meistbegünstigungsklausel in der Krankenhausvergütung müsse „nicht nur für das kommende Jahr, sondern dauerhaft ausgesetzt werden“, sagte Hoyer. Außerdem sprach er sich für eine Anhebung des Herstellerabschlags für Medikamente von sieben auf 16 Prozent aus, was kurzfristig Einsparungen von 1,8 Milliarden Euro brächte. Langfristig seien kostendeckende Beitragspauschalen für Bürgergeldbeziehende sowie ein reduzierter Mehrwertsteuersatz auf GKV-Leistungen notwendig.
Laut den Ergebnissen der Quartalsstatistik KV45, die G+G bis Mittwochmittag für die AOKs, die Ersatz- und die Innungskrankenkassen vorlagen, erzielten diese Kassenarten in den ersten drei Quartalen zusammen einen Überschuss von knapp 2,5 Milliarden Euro.
Die AOK-Gemeinschaft verbuchte davon 617 Millionen Euro – 39 Millionen Euro weniger als im Vorquartal. Ursache sei eine weiterhin „ungebremste“ Ausgabendynamik, so der AOK-Bundesverband. Die Leistungsausgaben je Versicherten stiegen um 7,9 Prozent. Im ersten Halbjahr lag die Rate noch bei 7,3 Prozent.
Auch die Ersatzkassen verzeichnen kräftige Ausgabenzuwächse. Wie ihr Verband Vdek mitteilte, stiegen die Leistungsausgaben um durchschnittlich 7,7 Prozent je Versicherten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Besonders stark fällt die Entwicklung im Krankenhaussektor und bei den Heilmitteln aus (plus zehn bzw. 9,7 Prozent). Der Überschuss von 1,5 Milliarden Euro sei vor allem auf die überdurchschnittlichen Zusatzbeitragsanhebungen Anfang 2025 zurückzuführen, mit denen viele Kassen ihre Mindestreserven auffüllen mussten. „Wir können keine Entwarnung geben, denn die Finanzprognosen für das nächste Jahr bleiben trotz des kleinen Sparpakets schlecht“, sagte Vorstandsmitglied Boris von Maydell. Er gehe davon aus, dass viele Kassen ihre Zusatzbeiträge Anfang 2026 erhöhen müssten. Notwendig sei ein weiteres Sparpaket.
Die Innungskrankenkassen (IKK) meldeten für die ersten drei Quartale einen Überschuss von 376 Millionen Euro, sprechen jedoch ebenfalls von einer „angespannten Finanzsituation der Krankenkassen insgesamt“. Auch bei den IKK fließe der Überschuss in die Mindestreserve. Die Leistungsausgaben je Versicherten legten um 10,4 Prozent zu. „Es besteht daher weiterhin dringender Handlungsbedarf seitens der Politik“, so eine Sprecherin.
Das kleine Sparpaket hängt am Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege (BEEP). Dieses steht am Freitag auf der Tagesordnung des Bundesrates. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken und die Koalition versuchen zurzeit, eine Anrufung des Vermittlungsausschusses durch die Länder abzuwenden. (tie)
Datenschutzhinweis
Ihr Beitrag wird vor der Veröffentlichung von der Redaktion auf anstößige Inhalte überprüft. Wir verarbeiten und nutzen Ihren Namen und Ihren Kommentar ausschließlich für die Anzeige Ihres Beitrags. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, sondern lediglich für eventuelle Rückfragen an Sie im Rahmen der Freischaltung Ihres Kommentars verwendet. Die E-Mail-Adresse wird nach 60 Tagen gelöscht und maximal vier Wochen später aus dem Backup entfernt.
Allgemeine Informationen zur Datenverarbeitung und zu Ihren Betroffenenrechten und Beschwerdemöglichkeiten finden Sie unter https://www.aok.de/pp/datenschutzrechte. Bei Fragen wenden Sie sich an den AOK-Bundesverband, Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin oder an unseren Datenschutzbeauftragten über das Kontaktformular.