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SVR-Chef Hallek: Wir brauchen eine AMNOG-Reform

27.06.2025 3 Min. Lesedauer

Der Vorsitzende des Sachverständigenrates Gesundheit und Pflege (SVR), Michael Hallek, fordert eine rasche Reform der Preisbildung für neue Arzneimittel. Ohne ein Weiterentwickeln des Verfahrens zur Nutzenbewertung lasse sich der schnelle Zugang zu innovativen Medikamenten für alle Patienten nicht dauerhaft garantieren, sagte Hallek im Interview mit G+G. „Echte Innovationen müssen auch künftig sehr gut belohnt werden“, betonte der Krebsforscher. Zugleich müssten die Preise konsequent an den tatsächlichen Zusatznutzen gekoppelt werden. Lösungsvorschläge enthält das SVR-Jahresgutachten 2025. Darüber diskutierten die sieben Gesundheitsweisen am Vormittag in Berlin auf einem Symposium zum 40-jährigen Bestehen des Rates mit Bundesgesundheitsministerin Nina Warken sowie Vertretern aus Politik, Gesundheitswesen und Industrie.

Schnell umzusetzen und wirksam sei ein Globalbudget für Patentarzneimittel, sagte Hallek G+G. Das sei ein „scharfes, aber grobes Schwert und vielleicht nicht die intelligenteste Lösung“ zum Steuern stark steigender Ausgaben. Der Onkologe favorisiert eine fortlaufende Beobachtung hochpreisiger Arzneimittel – „insbesondere CAR-T-Zelltherapien oder Gentherapien mit Kosten von mehreren hunderttausend Euro oder sogar im Millionenbereich“. Schon nach ein oder zwei Jahren lasse sich feststellen, ob eine Therapie so wirke wie in den Zulassungsstudien angegeben. „Ist das nicht der Fall, sollte der Preis schnell nachverhandelt werden.“ Zugleich stellt der Rat „das Privileg des fiktiven Zusatznutzens“ für Präparate zur Behandlung seltener Erkrankungen (Orphan Drugs) in Frage. 
 
Kippen will der Rat das Herstellerrecht, Preise nach Marktzugang frei festzulegen. Bis zum Ergebnis der Erstattungsverhandlungen solle stattdessen ein Interimspreis auf Basis vergleichbarer Therapien gelten. Die Differenz könne rückwirkend ausgeglichen werden. Zudem solle die Politik den Krankenkassen erlauben, in bestimmten Fällen aus Preisverhandlungen auszusteigen. Gegenüber G+G konterte Hallek Branchenkritik. Es gehe nicht um „Pharma-Bashing“, sondern um „die richtige Balance zwischen den Interessen der Pharmaindustrie und denen der Versichertengemeinschaft“. Industriepolitik sei nicht Aufgabe von gesetzlicher und privater Krankenversicherung. 

Auf einem Tisch liegen 100-Euro-Scheine. Auf ihnen ist eine Pillenbox umgefallen und ausgeschüttet. Die Pillen liegen verteilt auf den Geldscheinen.
Die Preise für neue Medikamente bringen das Gesundheitssystem an seine finanziellen Grenzen. „Wir müssen uns bei der Vergütung konsequenter am tatsächlichen Zusatznutzen für die Patienten orientieren“, sagt der Vorsitzende der Gesundheitsweisen, Prof. Michael Hallek.
27.06.2025Thomas Rottschäfer6 Min

Der AOK-Bundesverband begrüßte die SVR-Empfehlungen, „mit denen die Breite der Versorgung aufrechterhalten wird, wenngleich nicht für jedes Präparat und zu jedem Preis“. „Angesichts der steilen Ausgabendynamik in der Arzneimittelversorgung brauchen wir zeitnah Maßnahmen für mehr Effizienz und Wirtschaftlichkeit“, sagte Vorstandsvize Jens Martin Hoyer. 
 
Der SVR wurde 1985 einberufen. Die Gesundheitsweisen beraten die Politik mit Jahres- und Sondergutachten zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens. Neben der aktuellen Expertise zur Arzneimittel-Preisbildung waren das zuletzt Analysen zum Fachkräftemangel, zur Digitalisierung und zur Resilienz im Gesundheitswesen. Viele Empfehlungen finden Eingang in die Gesetzgebung. (toro)

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