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Karagiannidis: Intensivbeatmung nur noch in spezialisierten Kliniken

14.06.2024 3 Min. Lesedauer

Der Intensivmediziner Christian Karagiannidis spricht sich dafür aus, die künstliche Beatmung (ECMO) im Krankenhaus künftig nur noch von besonders spezialisierten Kliniken ausführen zu lassen. „Extrem intensive Techniken wie ECMO sollten nur noch auf dem höchsten Level Anwendung finden“, sagte das Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) G+G. „Wir brauchen analog zu den drei Notfallstufen drei Stufen der intensivmedizinischen Behandlung mit klareren Voraussetzungen für Personal und Technik.“ Wesentlich sei „die Indikationsqualität zur Aufnahme auf die Intensivstation“.

„All das müssen wir zeitnah angehen“, so Karagiannidis, weil angesichts des demografischen Wandels „die Neigung zur Übertherapie – vor allem Beatmung am Lebensende – im hohen Alter deutlich zunehmen wird“. Der Intensivmediziner ist Mitglied der Regierungskommission zur Krankenhausreform und Hauptautor einer jetzt im Fachmagazin „The Lancet“ veröffentlichten Studie zu Beatmungspatienten in den deutschen Krankenhäusern. Danach werden hierzulande deutlich mehr Patienten künstlich beatmet als in Ländern mit vergleichbaren Gesundheitssystemen. Inzwischen versterbe „jeder zehnte Deutsche beatmet im Krankenhaus“, teilten die an der Studie beteiligten Pneumologen und Intensivmediziner mit.
 
Im Analyse-Zeitraum 2019 bis 2022 verstarben 43,3 Prozent der Beatmungspatienten im Krankenhaus. Bei Menschen über 80 waren es knapp 60 Prozent. Als Grund für den Umfang künstlicher Beatmung nennt die Studie auch wirtschaftliche Aspekte. Beatmung bringe Geld in die Klinik. Die Kosten lägen bei rund sechs Milliarden Euro pro Jahr. Studien-Mitautor Reinhard Busse, ebenfalls Mitglied der Krankenhauskommission, appellierte an die Politik, die anstehende Klinikreform nicht zu verwässern. Es sei wichtig, „dass wir bei der Bildung von Leistungsgruppen die Intensivmedizin eigenständig und differenziert in Versorgungsstufen abbilden, um hierüber eigene scharfe und qualitätsorientierte Strukturvoraussetzungen zu definieren“.
 
Neben besserer Strukturqualität in den Kliniken sei auch eine gesellschaftliche Diskussion über den Umgang mit Patienten über 80 dringend nötig, betonte Karagiannidis gegenüber G+G. Das betreffe insbesondere die vorausschauende Versorgungsplanung (Advance Care Planning), um bei Behandlungsentscheidungen dem Willen der Patienten entsprechen zu können. Als Vorbild könnten entsprechende Konzepte aus der Schweiz und den USA dienen. (toro)

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