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Studie sieht hausärztliche Versorgung stark unter Druck

11.06.2025 2:30 Min. Lesedauer

Fast ein Viertel der Hausärzteschaft in Deutschland plant, in den kommenden fünf Jahren seine Tätigkeit zu beenden oder nur unter bestimmten Bedingungen fortzuführen. 3.700 Hausärzte, davon 51 Prozent Frauen, hatte das Infas-Institut im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung und der Universität Marburg befragt. Wer nicht gleich aussteigen will, plant zumindest laut der heute veröffentlichten Zahlen, im Schnitt zweieinhalb Stunden weniger zu arbeiten.

„Damit drohen Einschnitte in der medizinischen Versorgung“, warnen die Experten. Angesichts 5.000 nicht besetzter Hausarztsitze sei besonders problematisch, dass die Praxen im Rahmen der Primärarzt-Pläne der Bundesregierung zusätzliche Aufgaben übernehmen sollen.

Der Befragung zufolge arbeiten Hausärzte zurzeit 44 Stunden pro Woche. Laut Ärztemonitor der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) seien das knapp 14 Stunden weniger als noch 2012, rechnen die Studienautoren vor. Knapp drei Viertel der Arbeitszeit (31,1 Stunden) entfallen demnach auf die klassische Sprechstunde, etwa zehn Prozent (4,8 Stunden) auf Hausbesuche, die restlichen 8,1 Stunden – also mehr als 20 Prozent – auf Tätigkeiten wie Dokumentation, Verwaltung und Fortbildung. Knapp 55 Prozent der Befragten gaben an, in einem eher ländlichen Umfeld zu arbeiten, gut 45 Prozent in einem eher städtischen. „Wichtig wird sein, wie viel Zeit dem Hausarzt und der Hausärztin effektiv für die Arbeit am Patienten zur Verfügung steht“, sagt Uwe Schwenk, Director Gesundheit bei der Bertelsmann-Stiftung.

Ein Blick in die Studie zeigt, dass sich gut die Hälfte derer, die den Ausstieg planen, vorstellen kann, unter bestimmten Bedingungen weiterzumachen. Am häufigsten wurde neben flexibleren Arbeitszeiten weniger Bürokratie genannt. Aus Sicht der Wissenschaftler spielt Geld eine geringere Rolle als modernere Strukturen. „Eine Entlastungsmöglichkeit für Hausarztpraxen besteht darin, Aufgaben wie Terminmanagement, Befundaustausch, Diagnostik und Behandlungsabläufe stärker zu digitalisieren“, lautet die Empfehlung. Allerdings berichtet auch ein Viertel der Befragten über „Software-Probleme, die die Praxis- und Behandlungsabläufe ein- oder mehrmals am Tag beeinträchtigen“.

Wie ein Primärarztsystem aussehen könnte, ist unter den niedergelassenen Medizinern umstritten. Die KBV-Vertreterversammlung hatte Ende Mai ein Konzept verabschiedet, das nicht nur Hausärzte einbindet. Chronisch Kranke sollen auch ohne Überweisung weiter den Facharzt aufsuchen können. Hausärzte-Chefin Nicola Buhlinger-Göpfarth forderte hingegen ein klares Bekenntnis zur Koordination durch Haus- und Kinderärzte. (rbr)

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