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Kassen sehen Regierung unter Zugzwang

23.12.2025 2 Min. Lesedauer

In Deutschlands Gesundheitssektor ist nach Auffassung der gesetzlichen Krankenkassen die Zeit reif für grundlegende Reformen. Aus Sicht der Vorstandsvorsitzenden des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, etwa muss die Koalition zügig handeln, um die Finanzlage der Krankenversicherung zu stabilisieren. Überraschend sei, „wie schnell das Thema Gesundheits- und Pflegepolitik im Allgemeinen und die Stabilisierung der GKV- und Pflegefinanzen – trotz maximaler Dringlichkeit – auf der politischen Agenda nach hinten gerutscht ist“, kritisierte Reimann heute in einem Interview mit der „Ärztezeitung“.

Die Ausgabendynamik müsse in allen Bereichen gestoppt, Ressourcen im Gesundheitswesen effizienter genutzt werden, erläuterte Reimann. Dazu gehöre insbesondere der Aufbau einer stärker gesteuerten Primärversorgung, um Doppelstrukturen zu vermeiden und die Versorgung zielgerichteter zu organisieren. Mit Blick auf die bisherige Arbeit der Bundesregierung sieht Reimann zwar ein gewachsenes Problembewusstsein, zugleich aber deutliche Umsetzungsdefizite. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) habe wichtige Themen und Knackpunkte benannt, doch „es hapert an der Um- und Durchsetzung innerhalb der Koalition und gegenüber den Ländern“, monierte Reimann.

In der aktuellen Debatte um steigende Zusatzbeiträge benennen auch andere Akteure strukturelle Ursachen. So widersprach die Vize-Vorsitzende des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV), Stefanie Stoff-Ahnis, Warkens Kritik, die Krankenkassen trügen eine Mitschuld an den Beitragserhöhungen, da diese selbst ihre Finanzlage verantworteten und den individuellen Zusatzbeitrag eigenständig festlegen können. Stoff-Ahnis sagte dagegen in der „Rheinischen Post“: Angesichts eines erwarteten Ausgabenanstiegs um rund 23 Milliarden Euro auf rund 370 Milliarden Euro im kommenden Jahr werde deutlich, „dass wir ein grundlegendes strukturelles Problem haben, das weit über die Handlungsmöglichkeiten einzelner Krankenkassen hinausgeht“.  Es sei „höchste Zeit für grundlegende Reformen“.

Hintergrund der Auseinandersetzung: Nach wochenlangem Ringen zwischen Bund und Ländern hatten Bundestag und Bundesrat vor wenigen Tagen dem Kompromiss des Vermittlungsausschusses zum GKV-Sparpaket zugestimmt. Damit sollen im kommenden Jahr die Krankenkassen um rund zwei Milliarden Euro entlastet werden, um höhere Zusatzbeiträge zu vermeiden. Kern der Einigung ist das Festhalten an Kürzungen bei den Klinikvergütungen im Jahr 2026 sowie ein Ausgleichsmechanismus für 2027. Die AOK hält dies für nicht ausreichend, um die Finanzlage nachhaltig zu stabilisieren. (fb)

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