Reform der Klinikreform: Kassen warnen vor Qualitätsverlust
Bei der Umsetzung der Klinikreform sollen die Bundesländer deutlich mehr Spielraum für Ausnahmeregelungen erhalten. Das Bundesgesundheitsministerium gab dazu heute den Referentenentwurf für das Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) in die Verbändeanhörung. Die Krankenkassen warnten vor Abstrichen bei der Qualität. Die schwarz-rote Koalition hatte sich auf eine Anpassung der vom Bundestag im Oktober 2024 beschlossenen Klinikreform geeinigt. Die Länder hatten auf mehr Ausnahmen von den bundesweiten Vorgaben gepocht.
Der 111-seitige Entwurf, der G+G vorliegt, sieht unter anderem vor, dass die zuständigen Landesbehörden selbst über Ausnahmen bei der Zuweisung von Leistungsgruppen entscheiden können. Vier geplante Leistungsgruppen werden gestrichen (Infektiologie, Notfallmedizin, spezielle Kinder- und Jugendmedizin und spezielle Kinder- und Jugendchirurgie). Bestehen bleiben 60 Leistungsgruppen nach Vorbild Nordrhein-Westfalens, ergänzt durch die spezielle Traumatologie. Die Einführung der neuen Vorhaltefinanzierung soll auf 2030 verschoben werden.
Der AOK-Bundesverband begrüßte „mehr Klarheit über die geplanten Anpassungen“, kritisierte aber, dass die Reform in puncto Qualität und Patientenschutz deutlich verwässert werde. Um sicherzustellen, dass das KHAG nicht doch noch zu einem „Krankenhausreform-Aufweichungsgesetz“ werde, „müssen die geplanten Ausnahmeregelungen deutlich eingegrenzt und bezüglich ihrer Effekte auf die Versorgungsqualität evaluiert werden“, sagte Vorstandschefin Carola Reimann.
Auch der Krankenkassen-Spitzenverband (GKV-SV) warnte vor dem Aufweichen der Reform. „Die Möglichkeit für Bundesländer, von den einheitlichen Qualitätskriterien für Leistungsgruppen abzuweichen, öffnet einer willkürlichen Zuweisung von Leistungsgruppen Tür und Tor“, sagte Vorstandsvize Stefanie Stoff-Ahnis. Damit könnten Krankenhäuser auch zukünftig Leistungen anbieten, ohne die notwendige Ausstattung oder Erfahrung zu haben. Eine solche Gelegenheitsversorgung gehe klar zulasten der Patientinnen und Patienten.
Kritik kam auch von der Opposition. Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen sprach auf X von einem „folgenschwerer Kurswechsel“. Mit dem Gesetz werde ein „Abwärtswettbewerb“ zwischen den Bundesländern eröffnet. Wer auf Qualität verzichte, könne mehr Standorte erhalten. Damit drohe ein ungeordneter Strukturwandel der Krankenhauslandschaft. Grünen-Politikerin Paula Piechotta nannte den Entwurf eine „schlechte Nachricht“ für Gesundheit und stabile Krankenkassenbeiträge.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) begrüßte „erste Schritte zur Reform der Reform“. Dauerhafte Ausnahmeregelungen für Krankenhäuser mit Sicherstellungsauftrag wiesen in die richtige Richtung. Die Vorhaltefinanzierung bewertet die DKG trotz Fristverschiebung weiterhin als „untaugliches Instrument“. (at)
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