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Wachsender Reformdruck durch steigende Pflegezahlen

20.11.2025 2:30 Min. Lesedauer

Die Zahl der Pflegebedürftigen hat sich in weniger als zehn Jahren nahezu verdoppelt – ein Zuwachs, der sich laut dem aktuellen Pflegereport der Barmer nur zu einem kleinen Teil durch die alternde Bevölkerung erklären lässt. Damit steigt der Handlungsdruck für die Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die bis Ende des Jahres Eckpunkte vorlegen soll.

Dem heute in Berlin vorgestellten Bericht zufolge ist die Zahl der Pflegebedürftigen zwischen 2015 und 2023 von 3,0 auf 5,7 Millionen gestiegen. Doch nur rund 15 Prozent dieses Anstiegs gehen auf den demografischen Wandel zurück. Auch eine höhere Krankheitslast erklärt die Entwicklung kaum. Zwar stieg bei Diagnosen wie Krebs, Demenz oder Parkinson der Anteil der Betroffenen, die zugleich pflegebedürftig waren – bei Demenz etwa von 68,1 Prozent 2017 auf 78,5 Prozent 2023. Und auch der Anteil der neu Pflegebedürftigen nahm bei fast allen untersuchten Erkrankungen zu. Die Krankenzahl selbst wuchs aber nicht in einem Umfang, der die starke Zunahme erklären könnte. 

„Ein Hauptgrund für den Anstieg der Pflegebedürftigen ist der seit Januar 2017 geltende neue Pflegebedürftigkeitsbegriff“, sagte Studienautor Heinz Rothgang. Dieser habe neben der Umstellung von Pflegestufen auf Pflegegrade zu einer deutlichen Leistungsausweitung geführt. Durch den leichteren Zugang zu Pflegeleistungen würden mehr Menschen als pflegebedürftig anerkannt und frühzeitiger unterstützt. 

Damit sind auch die Pflegezeiten gestiegen – besonders beim Pflegegeldbezug und Pflegegrad 1. Zwischen 2018 und 2022 verlängerte sich in den ersten 25 Monaten nach Pflegebeginn die Dauer um etwa einen halben Monat. Zwischen den Erkrankungen gibt es deutliche Unterschiede: Menschen mit Demenz werden rund zweieinhalb Monate länger stationär gepflegt, bei Parkinson-Betroffenen liegt die Zeit im häuslichen Pflegegeldbezug gut zwei Monate höher.

Auch der finanzielle Druck für Pflegebedürftige wächst. „Die durchschnittlichen Eigenanteile liegen längst wieder über dem Niveau von 2021“, so Rothgang. Im ersten Jahr der Heimpflege betragen sie inzwischen mehr als 3.100 Euro. Das sei für den normalen Altersrentner „nicht mehr finanzierbar“. Der 2022 eingeführte Zuschlag habe keine dauerhafte Entlastung gebracht. Nötig sei eine Begrenzung der Eigenanteile, ohne den Beitragssatz weiter zu erhöhen.

Die Politik stehe vor einer „Mammutaufgabe“, sagte Barmer-Vorstandschef Christoph Straub. Er fordert deutlich mehr Anstrengungen von Bund und Ländern, wie etwa die Übernahme der Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige durch den Bund und die Entlastung der Pflegebedürftigen von Investitionskosten und Kosten der Pflegeausbildung durch die Länder. (sr)

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