Debatte um Pflegegrad 1 reißt nicht ab
Die Debatte um eine mögliche Abschaffung von Pflegegrad 1 wird weiter kontrovers geführt. Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann zeigte sich offen für eine Reform. Eine „ehrliche Bestandsaufnahme“ acht Jahre nach der Einführung der neuen Pflegegrade sei nötig, sagte der CDU-Politiker der „Rheinischen Post“ (RP). Die Schaffung dieses präventiven Pflegegrades habe nicht dazu geführt, dass die Pflegebedürftigkeit sich weniger stark entwickelt habe. Eher sei die Erwartung gestärkt geworden, Pflege umfasse auch Leistungen jenseits der Kernaufgabe der Pflegeversicherung. Die Arbeitgeber forderten eine Konzentrierung der Pflegeversicherung auf große Risiken.
Die „Bild“-Zeitung hatte über angebliche Pläne der Regierung zur Streichung des ersten Pflegegrades berichtet und das Sparvolumen auf etwa 1,8 Milliarden Euro im Jahr beziffert.
„Die Beiträge zur Pflegeversicherung drohen ohne Reformen zu explodieren“, warnte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, ebenfalls in der RP. Es sei gut, dass Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) die Debatte vorantreibe. Der Pflegegrad 1 dürfe bei Reformüberlegungen nicht ausgeklammert werden. Warken hatte zwar versichert, man werde „den Menschen nicht über Nacht etwas wegnehmen“. Allerdings müssten Änderungen vorgenommen werden, um das System zukunftsfest und generationengerecht zu machen.
Auch der CDU-Wirtschaftsrat will einen Kurswechsel. Der Sozialstaat sei „eine tickende Zeitbombe“, schreibt der Rat in seiner „10-Punkte-Agenda für einen starken Wirtschafts- und Investitionsstandort Deutschland“. Ohne konsequentes Gegensteuern würden die Sozialabgaben in den nächsten Jahren ungebremst auf die Marke von 50 Prozent zusteuern. Um die Abgaben zu begrenzen, rief der Rat zu mehr Eigenverantwortung auf. So müsse etwa die Pflegeversicherung zum Teilkaskoprinzip zurückkehren.
SPD, Grüne, Linke, Sozialverbände und Gewerkschaften pochen indes auf die Beibehaltung des ersten Pflegegrades. „Pflegegrad 1 zu streichen heißt: 860.000 Menschen verlieren das Nötigste“, schreibt Linken-Gesundheitspolitiker Ates Gürpinar bei X. Solidarität gehe nur, wenn auch Reiche in die Pflegeversicherung einzahlten. „Alles andere ist unsozial.“ Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bezeichnete Leistungskürzungen beim Pflegegrad 1 als „unmenschlich und ungerecht“.
Die Bundesregierung will sich auf ihrer zweitägigen Kabinettsklausur mit dem Thema Staatsmodernisierung befassen. „Wir setzen alles daran, dass die deutsche Wirtschaft wieder Tritt fasst“, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz zum Auftakt der Tagung in Berlin. Dazu müssten auch staatliche Leistungen überprüft werden. (at)
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