Viel Zustimmung zu mehr Eigenverantwortung für Pflegekräfte
So viel Lob ist in der Gesundheitspolitik selten: In der Bundestagsanhörung zum Entwurf des Gesetzes zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege begrüßten die Interessenverbände am Nachmittag nahezu einhellig die Absicht, Pflegekräften künftig Aufgaben zu übertragen, die bisher Ärzten vorbehalten sind. Zudem soll der Dokumentationsaufwand begrenzt werden. Von dem in den Kernanliegen unverändert übernommenen Ampel-Projekt verspricht sich Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) eine Entlastung der Pflegeeinrichtungen, Arztpraxen und Krankenhäuser sowie eine Aufwertung des Pflegeberufes.
Eigenverantwortung ohne ärztliche Weisung sollen qualifizierte Pflegekräfte etwa in den Bereichen Diabetesversorgung, Wundmanagement oder bei der Betreuung von Menschen mit Demenz übernehmen. Geeignete Leistungen sollen Berufsverbände und Kostenträger zusammenstellen. Der Katalog dürfe sich nicht auf Maßnahmen beschränken, „die lediglich aus ärztlichen Diagnosen abgeleitet sind“, forderte der Deutsche Pflegerat. Nötig sei „eine Weiterentwicklung hin zu eigenverantwortlicher heilkundlicher Ausübung durch Pflegefachpersonen“.
Das Vorhaben trage „wesentlich dazu bei, den Pflegeberuf als Heilberuf anzuerkennen und seine Bedeutung im interprofessionellen Versorgungsteam zu erhöhen“, betont der AOK-Bundesverband in seiner Bewertung. Es gebe jedoch viele offene Detailfragen. Das betreffe etwa die Zulassung, das Überprüfen von Qualifikationen oder die Bedarfsplanung und haftungsrechtliche Aspekte.
Die Bundesärztekammer mahnt in ihrer Stellungnahme, die Befugniserweiterung für die Pflege dürfe „nicht die Grenze der ärztlichen Kernkompetenz überschreiten“. Der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ist es wichtig, „keine neuen und entbehrlichen Schnittstellen zwischen den Professionen oder Doppelungen von Versorgungsangeboten zu schaffen, sondern vielmehr integrierte Versorgungsmöglichkeiten zu fördern“.
Krankenkassen, Städte- und Landkreistag befürworteten in der Anhörung die Pläne für mehr Zusammenarbeit von Pflegekassen und Kommunen bei der Planung örtlicher Pflegestrukturen. Für unausgegoren halten die Kassen jedoch die geplante Einführung einer neuen, kombinierten Wohnform aus ambulanter und stationärer Pflege. Dies greife ohne Not der mit diesem Thema befassten Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Pflegereform vor, kritisierte AOK-Vorständin Carola Reimann. Dagegen forderte der Arbeitgeberverband Pflege eine schnelle Umsetzung dieses „stambulanten“ Angebotes als „Ausweg aus der Versorgungssackgasse“.
Den Krankenhaus- und Pflegeverbänden reichen die im Kabinettsenwurf enthaltenen Vorgaben zur Reduzierung von Verwaltungsaufwand nicht. Die Entbürokratisierung dürfe „nicht nur punktuell stattfinden, sondern muss den Arbeitsalltag ganzheitlich entlasten“, sagte Bernadette Rümmelin, Geschäftsführerin des Verbandes der katholischen Krankenhäuser. (toro)
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