Letzte Chance für das WHO-Pandemieabkommen
Heute hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf einen letzten Versuch gestartet, vor ihrem Treffen Ende Mai doch noch ein weltweites Pandemieabkommen zwischen den 194 Mitgliedstaaten auszuhandeln. Eigentlich lief die letzte Verhandlungsrunde kurz vor Ostern ohne Einigung aus. Der erneute Anlauf findet nun unter Zeitdruck und mit einem deutlich reduzierten Vertragsentwurf statt. Auf den hatte sich eine zwischenstaatliche Arbeitsgruppe erst letzte Woche geeinigt. „Deutschland versucht intensiv, das Pandemieabkommen noch zu beschließen“, schreibt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bei X. „Es würde die Welt besser auf die nächste Pandemie vorbereiten, die mit 100% Sicherheit kommt.“
„Die Rechte des Parlaments werden nicht eingeschränkt“, so Lauterbach in seinem Post weiter. Er hoffe auf einen Sieg der Vernunft. Mehrere Gruppierungen hatten jüngst kritisiert, dass Empfehlungen der WHO in Unterzeichnerstaaten verbindlich umgesetzt werden müssten. Das ist mit der neuen Arbeitsgrundlage nicht der Fall, bestätigte Anja Maria Rittner, Expertin der Konrad-Adenauer-Stiftung, in einer Anhörung des Bundestags-Unterausschusses Globale Gesundheit zum Pandemieabkommen. Der auf 23 Seiten reduzierte Entwurf sei „ausgewogener“, die Souveränität der Staaten werde als Leitprinzip verankert. Streitthemen würden von Folgearbeitsgruppen behandelt. Dabei geht es unter anderem darum, unter welchen Bedingungen Pharmafirmen Patente freigeben oder ihr Wissen zur Herstellung von Impfstoff teilen sollen.
Die Einigung auf ein Abkommen müsste binnen weniger Wochen gelingen, denn es soll bereits bei der 77. Weltgesundheitsversammlung vom 27. Mai bis 1. Juni verabschiedet werden. Das Abkommen soll neben Wissensaustausch und Vorbeugungsmaßnahmen vor allem regeln, dass alle Länder Zugang zu Artikeln und Medikamenten bekommen – ärmere Länder sollen 20 Prozent der Weltproduktion gratis oder stark verbilligt erhalten. Zur Dringlichkeit des Abkommens betont das Gesundheitsministerium: Das Abkommen sei „eine einmalige Gelegenheit, regionale, nationale und globale Kapazitäten zu stärken, damit Infektionskrankheiten seltener auftreten und sich insbesondere nicht zu Pandemien entwickeln". Aktuell gibt es Befürchtungen, dass sich die Vogelgrippe ausbreiten könnte. Das H5N1-Virus war in den USA bei Kühen entdeckt worden, ein Mensch hatte sich bei einer Kuh angesteckt. Die WHO rief heute dazu auf, alle Informationen über die Vogelgrippe zu teilen. (sg)