Kassenärzte nennen GKV-Sparvorschläge „untragbar“
Die Kassenärzte erteilen Sparvorschlägen für die ambulanten Versorgung eine deutliche Absage. „Spargesetze mit der Heckenschere“ dürfe es nicht geben, warnte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, auf der heutigen KBV-Vertreterversammlung. Zielscheibe der Ärztekritik ist der Vorstoß des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV), die Ausgaben der Kassen an die Einnahmen zu knüpfen und wieder Budgets für Haus- und Kinderärzte einzuführen. Dies sei „quasi der Salto mortale für die ambulante Versorgung und das Gesundheitswesen in Gänze“, sagte Gassen.
Die Vertreterversammlung folgte einem Antrag des KBV-Vorstandes und lehnte die Initiative der GKV zur „einnahmeorientierten Ausgabenpolitik“ ab. Diese Forderung sei nichts anderes als ein Euphemismus für die Versorgung nach Kassenlage, argumentierte Gassen. Der Vorschlag sei daher „untragbar und eigentlich fahrlässig“.
Nur 16 Prozent der GKV-Ausgaben entfielen auf den ambulanten Bereich, führte Gassen aus. Dagegen würden die Ausgaben für Arzneimittelversorgung mit 18 Prozent und für die stationäre Versorgung mit rund einem Drittel zu Buche schlagen. „Wir versenken unfassbare Gelder im Bereich der Krankenhäuser.“ Hier unterschreibe die Politik „munter weiter Blanko-Schecks, als gebe es kein Morgen“, kritisierte Gassen. Gleichzeitig dränierten versicherungsfremde Leistungen in Höhe von 45 bis 60 Milliarden Euro die GKV-Finanzen. „Hier muss die Politik sich ehrlich machen.“
Der KBV-Chef warb für eine Debatte über die Grenzen des Sozialstaats. „Was soll der Sozialstaat leisten, was kann der Sozialstaat leisten?“ Zur Konsolidierung der GKV-Finanzen schlug Gassen erneut ein flexibles Tarifmodell vor, das den GKV-Versicherten die Wahl zwischen zuzahlungsfreien Kernleistungen und höheren Beiträgen für Zusatzleistungen lasse. Der GKV-SV hatte kritisiert, die Diskussion um Tarife lenke „von dem eigentlichen Problem ab“.
In Bezug auf die laufenden Honorarverhandlungen zwischen der KBV und dem GKV-SV für 2026 zeigte sich Gassen optimistisch. Er gehe davon aus, dass eine Einigung ohne Schlichterspruch erreicht werden könne. Die zweite Verhandlungsrunde Ende August war ohne Ergebnis geblieben.
Der Gesetzgeber müsse dringend die Rahmenbedingungen für die Praxen verbessern, forderte KBV-Vorstandsmitglied Sibylle Steiner. Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte bräuchten zuverlässige Systeme für die Digitalisierung. Nach wie vor kranke die Telematikinfrastruktur an mangelnder Betriebsstabilität. (at)
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