KBV sieht ambulante Versorgung vor Ort in Gefahr
Zur Sicherung einer wohnortnahen Versorgung mit Hausärztinnen und Hausärzten fordert die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) von der Politik bessere Bedingungen. Auch weite Teile der Bevölkerung sähen Arztpraxen derzeit in einer Notlage, habe eine repräsentative Civey-Umfrage im Auftrag der KBV ergeben. Mehr als 60 Prozent der Befragten nehme dies so wahr. Dabei sei für knapp 90 Prozent die Nähe zum Wohnort bei der Wahl einer Ärztin oder eines Arztes wichtig.
Die Gesundheitsversorgung „leidet an Unterfinanzierung, politischer Überregulierung, zu viel Bürokratie, akutem Personalmangel, fehlendem Nachwuchs sowie einer immer noch in großen Teilen dysfunktionalen Digitalisierung“, beklagte KBV-Vorsitzender Andreas Gassen heute in Berlin. „Aktuell sind über 5.000 Hausarztsitze hierzulande unbesetzt“, unterstrich KBV-Vize Stephan Hofmeister die medizinische Schieflage. Und die Abgangsraten würden durch die Babyboomer noch steigen. Bundesweit seien über 30 Prozent aller Ärzte und Psychotherapeuten über 60 Jahre alt. 61 Prozent der Hausärzte und Psychotherapeuten überlegten zudem, früher in den Ruhestand zu gehen.
Die von der Politik versprochene Trendwende durch das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) erkenne der Verband nicht. Die Umfrage zeige, dass die Menschen keine arztersetzenden und zentralistischen Strukturen wollten, bei denen je nach Diensteinsatz die Behandelnden wechselten. Zwar seien „Gesundheitskioske oder Primärversorgungszentren erst mal vom Tisch. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass sie später als Verhandlungsmasse im parlamentarischen Verfahren doch wieder reinkommen“, so Gassen.
Als positiv begrüßten die Vertreter der Kassenärzte die Entbudgetierung als wichtigen Schritt, „der jetzt ohne Wenn und Aber kommen muss“, so Hofmeister. Weitere Maßnahmen, die der Gesetzentwurf vorsehe, „sind jedoch bisher nichts anderes als Umverteilungsmaßnahmen“, monierte er. Die Tendenz zur Verschiebung von Geldern und Regularien zugunsten großer Versorgungseinheiten sei das Gegenteil von Stärkung dezentraler wohnortnaher Versorgung und gefährde die Nähe der Ärzte zu ihren Patienten.
Um „die Politik auf allen Ebenen, ob in der Gemeinde oder im Bund“ aufzurütteln, starte die KBV daher gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereinigungen die Kampagne „Wir sind für Sie nah.“, die KBV-Vorständin Sibylle Steiner vorstellte. (imo)