Politiker zeichnen düstere Prognosen für die Kassenfinanzen
Angesichts trüber Wirtschaftsaussichten und steigenden Ausgaben stimmen immer mehr Politiker die Bürger auf zusätzliche Kosten und Einschnitte im Gesundheitswesen ein. „Die Zeit der vollmundigen Versprechen muss ein Ende haben“, schreibt der Gesundheitsexperte und CSU-Fraktionschef im Bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, in einem „Focus“-Gastbeitrag. Auch wenn es stellenweise „wehtun“ werde: „Wir müssen korrigieren, was sich in den vergangenen Jahren verselbstständigt hat und den Sozialstaat mutig auf seine Kernbereiche zurückführen, andernfalls fahren wir ihn an die Wand“, so der frühere bayerische Gesundheitsminister. Die Krankenkassen mahnten erneut zu schnellen Beschlüssen der nächsten Regierung, um die Beitragssätze zu stabilisieren.
Wie Holetschek sagte auch der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach schwere Zeiten für die Beitragszahler voraus. „Die Krankenversicherung und auch die Pflegeversicherung stehen unter erheblichem Beitragsdruck“, betonte der SPD-Politiker in der vergangenen Woche. Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, sagte „Welt-TV“: „Die Lage ist extrem ernst.“ Die Vorstandsvorsitzende des Ersatzkassenverbandes Vdek, Ulrike Elsner, betonte heute, die Politik dürfe keine Zeit verlieren. „Sobald die Regierung ihre Arbeit aufgenommen hat, sollte sie ein Sofortprogramm zur Stabilisierung der Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung aufsetzen, um weitere Beitragssatzerhöhungen in 2025 und 2026 zu vermeiden.“
Die gesetzlichen Krankenkassen hatten das Jahr 2024 mit einem Defizit von 6,2 Milliarden Euro abgeschlossen. Zum Jahreswechsel waren die Beiträge auf Rekordwerte gestiegen. Auch um die Finanzen der Pflegeversicherung steht es schlecht. Der Koalitionsvertrag von Union und SPD sieht vor, zunächst Kommissionen einzusetzen, die für beide Sozialversicherungszweige Konzepte erarbeiten.
Zusätzlicher Druck entsteht durch die wirtschaftliche Lage. Am Donnerstag hatte die geschäftsführende Bundesregierung ihre Wachstumsprognose von 1,1 Prozent im Herbst auf null Prozent herabgestuft. Der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, sagte dazu G+G, in den vergangenen Jahren hätten sich bei konjunkturellen Schwankungen der Arbeitsmarkt und damit auch die unterjährige Einnahmesituation des Gesundheitsfonds als sehr stabil gezeigt. Inwieweit die aktuellen Prognosen auf den Arbeitsmarkt durchschlügen, sei noch offen. Wichtig sei, dass der Gesundheitsfonds weiter über eine Mindestreserve verfüge.
Holetschek räumte ein, dass der schwarz-rote Koalitionsvertrag nicht ausreiche. So müsse der Bund etwa aus Steuermitteln die Kosten für Bezieher von Bürgergeld ausgleichen. Den Pflegekassen müsse der Bund die Pandemiekosten erstatten. Es gelte aber: „Die Zeiten, in denen unser Sozialstaat einem ‚All-you-can-eat-Buffet‘ glich, sind vorbei.“ (sev)
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