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Vertragsärzte sehen Chroniker-Versorgung gefährdet

10.04.2024 2,5 Min. Lesedauer

„Chaotisierung“ und „Abrissbirne der hausärztlichen Versorgung“: Mit scharfen Worten kritisieren die Kassenärzte die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Honorarreform bei den Hausärzten. Besonders die Versorgung chronisch Kranker drohe zu leiden, bilanzierte das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) heute in einer Analyse. Demnach könnte die Reform den Praxen gerade bei betreuungsintensiven Patienten finanzielle Nachteile bescheren. Der Hausärzteverband äußerte sich zunächst nicht zur Zi-Analyse. Die Krankenkassen warnten hingegen vor erheblichen Mehrkosten durch die Reform.

Mit dem „Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz“ (GVSG) will Lauterbach die hausärztlichen Honorare entbudgetieren. Für chronisch kranke Patienten soll es künftig eine Jahrespauschale geben, die die bisherige Quartals- und Chronikerpauschale ablöst. Das Zi sieht dies kritisch. Künftig dürfe nur eine einzige Praxis die Jahrespauschale abrechnen. Viele chronisch Kranke suchten aber mehrere Praxen auf, etwa Urlaubsvertretungen oder Zweitpraxen am Arbeitsort. Diese drohten weitgehend leer auszugehen. Zudem dürfte sich die Jahrespauschale bei Kranken, die weiter jedes Quartal kämen, für die Praxen finanziell nachteilig auswirken. Das werde die Versorgung dieser Patienten kaum stärken, warnte Zi-Chef Dominik von Stillfried.

Auch die avisierten Änderungen bei der Vorhaltepauschale könnten sich laut Zi für viele Praxen als Minusgeschäft entpuppen. Laut den Gesetzesplänen sollen die Hausärzte die Vorhaltepauschale nur noch erhalten, wenn sie bestimmte Anforderungen wie Abend- oder Samstagssprechstunden und eine bestimmte Zahl von Haus- und Heimbesuchen erfüllen. Je nach Anforderungsprofil könnte dies laut Zi für einen Großteil der Praxen Umsatzverluste von 18.000 bis 100.000 Euro im Jahr bedeuten. Zudem sollen den Angaben zufolge Praxen, die keine Vorhaltepauschale abrechnen dürfen, künftig auch von der Jahrespauschale für Chroniker ausgeschlossen bleiben. Dies konterkariere das Ziel, die hausärztliche Versorgung zu fördern, so Stillfried.

Dagegen fürchten die Krankenkassen erhebliche Mehrkosten. Die Entbudgetierung werde die Beitragszahler mit 300 bis 400 Millionen Euro belasten, ohne dass die Maßnahmen „die Versorgung der Patientinnen und Patienten wirklich verbessern“, kritisierte Kai Behrens, Pressesprecher des AOK-Bundesverbandes. Nötig seien vielmehr „sektorenunabhängige Strukturreformen aus einem Guss“, um die medizinische Versorgung zu modernisieren und für den demografischen Wandel fitzumachen. (cm)

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