Update

2,4 Milliarden Euro fließen jährlich in fragwürdige Igel-Leistungen

03.12.2024 3 Min. Lesedauer

Das Geschäft mit zweifelhaften Selbstzahler-Leistungen blüht: Mindestens 2,4 Milliarden Euro pro Jahr setzen Arztpraxen mit individuellen Gesundheitsleistungen (Igel) um. Das geht aus dem heute veröffentlichten „Igel-Monitor 2024“ des Medizinischen Dienstes Bund (MD Bund) hervor. „Der Igel-Markt ist deutlich größer als wir es bisher angenommen hatten“, sagte MD Bund-Chef Stefan Gronemeyer.

Die meisten Igel-Leistungen seien „medizinisch fragwürdig oder sogar schädlich für die Gesundheit“ und die Aufklärung in den Arztpraxen unzureichend. Auch der AOK-Bundesverband dringt auf mehr Transparenz. „Der aktuelle Igel-Report (...) belegt erneut, dass es hier oft hapert“, erklärte Vorständin Carola Reimann. Ärzte sollten „verbindlicher als bisher verpflichtet werden, ihre Patientinnen und Patienten objektiv über den Nutzen und den eventuellen Schaden von Selbstzahler-Leistungen aufzuklären“.

„Viele Versicherten haben zu wenig Wissen, um eine informierte Entscheidung zu treffen“, betonte der wissenschaftliche Leiter des Reports, Jonas Schreyögg. Es sei „besorgniserregend“, dass nur jeder vierte Versicherte sich ausreichend über Igel-Leistungen informiert fühle. Zwei Drittel würden sogar fälschlicherweise annehmen, dass Igel medizinisch notwendige Leistungen seien, die die gesetzlichen Kassen nicht übernehmen würden. Die beliebtesten Igel-Leistungen sind dem Report zufolge der Ultraschall der Eierstöcke und der Gebärmutter zur Krebsfrüherkennung. Beide Leistungen bewertet der Igel-Monitor mit „negativ“ und „tendenziell negativ“. Auch der prostataspezifische Antigen-Test und die Augeninnendruckmessung rangieren vom Umsatz her ganz vorne. Frauen nutzen mit 41 Prozent Igel-Angebote fast doppelt so häufig wie Männer.

Foto: Ein Mediziner im weißen Kittel, von dem nur der Oberkörper zu sehen ist, hält eine kleine Tafel in der Hand, auf der "IGEL" steht.
Mit Selbstzahler-Leistungen verdienen viele Ärzte gut. Oft verspielen sie damit Vertrauen, gibt Rainer Woratschka, Redakteur für Gesundheitspolitik beim Tagesspiegel, in seinem Kommentar zu bedenken.
15.05.2024Rainer Woratschka3 Min

„Zwischen dem Anstieg bei den Privatleistungen und den immer längeren Wartezeiten (...) auf Facharzttermine gibt es einen direkten Zusammenhang“, unterstrich AOK-Vorständin Reimann. Statt ihre Sprechzeiten für Igel zu verwenden, sollten die Vertragsärzte wieder mehr Zeit auf die Behandlung der gesetzlich Versicherten verwenden. Es sei zudem nicht hinnehmbar, dass frühere Termine für Kassen-Patienten nur dann verfügbar seien, wenn Selbstzahlerleistungen gekauft würden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) verwies auf eine eigene Befragung, wonach mehr als die Hälfte nicht wüssten, dass Igel auch mit gesundheitlichen Risiken wie Fehldiagnosen und Nebenwirkungen einhergehen könne. (at)

Pflichtfelder sind gekennzeichnet.

Beitrag kommentieren

Alle Felder sind Pflichtfelder.

Datenschutzhinweis

Ihr Beitrag wird vor der Veröffentlichung von der Redaktion auf anstößige Inhalte überprüft. Wir verarbeiten und nutzen Ihren Namen und Ihren Kommentar ausschließlich für die Anzeige Ihres Beitrags. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, sondern lediglich für eventuelle Rückfragen an Sie im Rahmen der Freischaltung Ihres Kommentars verwendet. Die E-Mail-Adresse wird nach 60 Tagen gelöscht und maximal vier Wochen später aus dem Backup entfernt.

Allgemeine Informationen zur Datenverarbeitung und zu Ihren Betroffenenrechten und Beschwerdemöglichkeiten finden Sie unter https://www.aok.de/pp/datenschutzrechte. Bei Fragen wenden Sie sich an den AOK-Bundesverband, Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin oder an unseren Datenschutzbeauftragten über das Kontaktformular.