Hausärzte bangen um Arzneimittel-Versorgung
Immer mehr Ärzte und Apotheken sorgen sich um die Versorgung ihrer Patienten und Patientinnen mit Arzneimitteln, auch angesichts der derzeitigen Infektsituation. Aktuell sind als mehr 500 Medikamente von Lieferengpässen betroffen, meldet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bfarm) auf seiner Homepage heute.
„Von einer Entspannung der Situation ist derzeit nichts zu spüren – im Gegenteil: Die Rückmeldungen von den Kolleginnen und Kollegen legen nahe, dass sich die Lage im Vergleich zu vergangenem Jahr eher weiter zugespitzt hat“, beklagte die stellvertretende Vorsitzende des Hausärztinnen-und Hausärzteverbandes (HÄV), Nicola Buhlinger-Göpfarth, gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Hausarztpraxen kämpften jeden Tag mit massiven Lieferengpässen bei vielen dringend notwendigen und weit verbreiteten Medikamenten, so Buhlinger-Göpfarth.
Kritik an der vom Bfarm veröffentlichten Dringlichkeitsliste für Kinderarzneien mit Gültigkeitsdatum 1. Dezember übte die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (Abda). Um die Versorgung zu sichern, dürfen Apotheken die gelisteten Mittel ohne Rücksprache mit wirkstoffgleichen Medikamenten austauschen. Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening monierte im sozialen Netzwerk Facebook, dass dies nicht „grundsätzlich für alle ärztlich verordneten und nicht verfügbaren Kinderarzneimittel“ gelte. Die Vorgehensweise sei zudem zu kompliziert und zu bürokratisch.
Die Atemwegserkrankungen haben nach Angaben des Robert-Koch-Instituts in der vergangenen Woche weiter zugenommen. Ursache hierfür könnte unter anderem sein, dass es mit Sars-Cov2 einen zusätzlichen Erreger und damit insgesamt mehr Infektionen als in vorpandemischen Zeiten gäbe, erklärte Carsten Watzl, Immunologe am Leibnitz-Institut für Arbeitsforschung Dortmund, im „Tagesspiegel“.
Neben Arzneimitteln gegen saisonale Infekte jetzt in der kalten Jahreszeit bestehen laut HÄV auch Engpässe bei Blutdrucksenkern, Psychopharmaka, Augentropfen und Augensalben sowie bestimmten Statinen zur Senkung des Cholesterinspiegels. Darüber hinaus drohen bei Medikamenten zur HIV-Prophylaxe Versorgungsprobleme. Verbände wie die Deutsche Aids-Gesellschaft bemängeln schwindende Vorräte, erst Ende Januar sei Besserung in Sicht. Die Lieferschwierigkeiten beträfen nahezu alle Arzneimittelgruppen, berichteten Apotheker dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Stefan Schwartze. Die Regelungen, die die Bundesregierung getroffen habe, seien ihrer Einschätzung nach nicht geeignet, die Engpässe nachhaltig zu bekämpfen. (imo)