Gutachten warnt vor Engpässen bei der HIV-Versorgung
Ein neues Gutachten zur HIV-Versorgung in Deutschland warnt vor erheblichen Versorgungsengpässen in den kommenden Jahren. Bis 2035 könnten bis zu 130 spezialisierte HIV-Ärzte fehlen, um den steigenden Bedarf zu decken, heißt es in dem heute vorgestellten Gutachten des Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES). Dies entspräche etwa 26 Prozent der benötigten Gesamtzahl an ärztlichen HIV-Spezialisten. Besonders auf dem Land drohten massive Zugangsprobleme. Für ältere Menschen mit HIV werde der Zugag zu einer spezialisierten Versorgung eine der größten Herausforderungen.
Die spezialisierte HIV-Versorgung in Deutschland erfolgt laut Gutachten überwiegend ambulant. Demnach erhielten 2023 rund 78 Prozent der rund 84.400 Menschen mit HIV (Humanes Immundefizienz-Virus) eine vertragsärztliche Schwerpunktversorgung. „Prognosen warnen vor einem Anstieg der Inanspruchnahme der ambulanten Schwerpunktversorgung bis 2035 um bis zu 44 Prozent gegenüber 2023“, schreiben die Experten. „Das wären etwa 28.000 zusätzliche Patientinnen und Patienten.“ Die Zahl der in der HIV-Schwerpunktversorgung tätigen Ärzte müsste um mindestens zehn, bei unverändertem Trend sogar um bis zu 49 Prozent wachsen.
Stationäre Behandlungen erfolgten laut Gutachten nur bei hochkomplexen Fällen, beispielsweise bei HIV im fortgeschrittenen Stadium. Im Jahr 2023 wurden demnach in Kliniken 714 HIV-Hauptdiagnosen behandelt. Als Nebendiagnose registrierten Krankenhäuser weitere 6.455 Fälle.
Ein weiteres zentrales Ergebnis ist, „dass der Zugang zur spezialisierten Versorgung besonders für ältere Menschen mit HIV eine der größten Herausforderungen für die Zukunft darstellt", sagte Anne von Fallois, Vorstandsvorsitzende der Deutschen AIDS-Stiftung (DAS). „Es wird zu wenige Schwerpunktpraxen für immer mehr und immer ältere Patienten geben.“ Auch für diese Gruppe müsse der Zugang zur spezialisierten HIV-Versorgung für die Zukunft sichergestellt werden.
Darüber hinaus stellt das IGES-Gutachten deutliche regionale Unterschiede fest. Während bundesweit auf eine Million Einwohner rund 60 Krankenhausfälle mit HIV als Nebendiagnose kamen, lag dieser Wert in Berlin knapp dreimal so hoch. Ähnlich hoch sind die Zahlen in anderen großen Städten, etwa Köln oder München. Dagegen ist die Konzentration stationärer Behandlungen in Thüringen und Sachsen-Anhalt nur halb so hoch wie der Bundesschnitt.
Für die Analyse werteten die Wissenschaftler vertragsärztliche Abrechnungsdaten zur ambulanten HIV-Versorgung von 2014 bis 2023 aus, ergänzt durch Krankenhausberichte, Abrechnungsdaten zur stationären Versorgung sowie eine bundesweite Online-Befragung von Menschen mit HIV. (fb)
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