Rente und Pflege: Strukturelle Umverteilung nach oben
Eine Minderung struktureller Benachteiligung einkommensschwacher Menschen in der Renten- und Pflegeversicherung fordern Johannes Geyer und Peter Haan vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Die beiden Wissenschaftler setzen sich auch für mehr Prävention sozial bedingter Gesundheitsrisiken ein. „Nur wenn es gelingt, die Ursachen sozialer Disparitäten im Gesundheitsverlauf frühzeitig zu adressieren, können Renten- und Pflegeversicherung auch langfristig ihre Sicherungsfunktion für alle Bevölkerungsgruppen erfüllen“, schreiben sie in der aktuellen Ausgabe der G+G Wissenschaft (GGW).
Geyer und Haan weisen auf die je nach Einkommen sehr unterschiedliche Nutzungsdauer der Renten- und Pflegeversicherung hin. Menschen mit hohem Einkommen bezögen länger Rente und hätten gleichzeitig eine niedrigere Wahrscheinlichkeit, pflegebedürftig zu werden, als Menschen mit niedrigerem Einkommen. Analysen westdeutscher Daten zeigten, dass die Differenz in der Lebenserwartung ab dem 65. Lebensjahr zwischen Männern des ersten und zehnten Zehntels sieben Jahre betrage, drei Jahre mehr als noch vor einigen Jahren. „Die soziale Ungleichheit hat sich verschärft“, schlussfolgern die beiden Wissenschaftler.
Aus Berechnungen von Geyer und Haan geht auch hervor: Männer des einkommensschwächsten Fünftels werden sechs Jahre früher pflegebedürftig als Männer des einkommensstärksten. Bei Frauen seien es knapp vier Jahre. Problematisch für Einkommensschwächere an der Pflegeversicherung sei ihre Einteilung in die soziale und die private Pflegeversicherung, denn in der privaten Pflegeversicherung seien überdurchschnittlich viele gut verdienende risikoärmere Personen versichert. Zudem würden Pflegeleistungen nur teilweise aus der sozialen Pflegeversicherung finanziert, so dass erhebliche private Zuzahlungen anfielen.
Die Kombination von unterschiedlicher Nutzung und Ausgestaltung des Renten- und des Pflegesystems führt nach Aussagen von Geyer und Haan „zu systematischen Umverteilungseffekten, die zulasten einkommensschwächerer Gruppen gehen.“ In der Pflege sei die Einführung einer Bürgerversicherung „eine naheliegende – wenn auch politisch weitreichende – Lösung“. Dieser Schritt stärke „die Finanzierungsbasis der Pflegeversicherung langfristig.“ (ink)
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