Update

Experten und Verbände fürchten Beitragsexplosionen

10.07.2025 3 Min. Lesedauer

Vor der ersten Beratung zum Gesundheitsetat im Bundestag heute Abend werden die Warnungen vor steigenden Abgaben lauter. „Die aktuelle Entwicklung ist atemberaubend“, konstatierte der Wirtschaftsweise Martin Werding in der „Rheinischen Post“. Die Frage sei nicht, ob die Beitragssätze irgendwann 50 Prozent erreichten, sondern wann. Die Kassen kritisieren die geplanten Darlehen für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und die soziale Pflegeversicherung (SPV). Diese würden den Beitragsanstieg nur 2026 dämpfen. Auch für Sozialverbände sind sie „keine tragfähige Lösung“.

Werding forderte Diskussionen über die Ausgabenentwicklung sowie über die Zielgenauigkeit bestehender Leistungen und aktueller Pläne, wie der Haltelinie für das Sicherungsniveau gesetzlicher Renten oder der Mütterrente. Auch die Effizienz von Gesundheitsversorgung und Pflege müsse genauer betrachtet werden. „Alles unpopulär, aber alles nötig. 50 Prozent Abgaben können weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber ertragen.“

Die Präsidentin des Sozialverbands Deutschland (VDK), Verena Bentele, nannte die angekündigten Darlehen an GKV und SPV „keine tragfähige Lösung“. Sie forderte stattdessen höhere Bundeszuschüsse. „Würde der Bund gesamtgesellschaftliche Kosten vollständig übernehmen und den Gesundheitsfonds infolgedessen mit 37,7 anstatt nur mit 14,5 Milliarden Euro bezuschussen, könnte der Zusatzbeitrag nach unseren Berechnungen um 2,2 Prozentpunkte gesenkt werden, also nahezu komplett.“

Von einem „Tropfen auf den heißen Stein“ sprach Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbands der Ersatzkassen (vdek). Statt echter Finanzierungslösungen werde den Beitragszahlenden „eine kurzfristige Entlastung auf Pump vorgegaukelt“. Für den Vorsitzenden der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, ist die „Schmerzgrenze längst erreicht“. Er forderte eine „echte Entlastung“ – durch Maßnahmen wie eine Erhöhung des sogenannten Herstellerabschlags auf neue Arzneimittel und die Senkung der Mehrwertsteuer auf Medikamente. Auch die Vorstandschefin des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, hatte die Darlehen zuletzt als „völlig unzureichende Teilbeträge“ bezeichnet. „Das sieht eher danach aus, als wolle man GKV und SPV in die Schulden treiben, statt die Beitragssätze nachhaltig zu stabilisieren.“

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hatte am vergangenen Dienstag den Haushalt für 2025 in den Bundestag eingebracht. Das Gesamtvolumen beträgt 503 Milliarden Euro, davon entfallen 19,3 Milliarden Euro auf den Einzelplan 15 „Gesundheit“. Der Haushaltsentwurf sieht statt der von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) gewünschten Steuerzuschüsse lediglich Darlehen für GKV und SPV vor. Für 2025 und 2026 sollen GKV und SPV Darlehen von insgesamt 4,6 Milliarden beziehungsweise zwei Milliarden Euro erhalten. Die Krankenkassen hatten sich beispielsweise für Bundesmittel zur Finanzierung versicherungsfremder Leistungen ausgesprochen. (ts)

Optionale Felder sind gekennzeichnet.

Beitrag kommentieren

Alle Felder sind Pflichtfelder.

Datenschutzhinweis

Ihr Beitrag wird vor der Veröffentlichung von der Redaktion auf anstößige Inhalte überprüft. Wir verarbeiten und nutzen Ihren Namen und Ihren Kommentar ausschließlich für die Anzeige Ihres Beitrags. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, sondern lediglich für eventuelle Rückfragen an Sie im Rahmen der Freischaltung Ihres Kommentars verwendet. Die E-Mail-Adresse wird nach 60 Tagen gelöscht und maximal vier Wochen später aus dem Backup entfernt.

Allgemeine Informationen zur Datenverarbeitung und zu Ihren Betroffenenrechten und Beschwerdemöglichkeiten finden Sie unter https://www.aok.de/pp/datenschutzrechte. Bei Fragen wenden Sie sich an den AOK-Bundesverband, Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin oder an unseren Datenschutzbeauftragten über das Kontaktformular.