Experte sieht ganz Deutschland als FSME-Risikogebiet
Angesichts zunehmender Infektionszahlen durch Zeckenstiche sollte nach Expertenmeinung ganz Deutschland als FSME-Risikogebiet ausgewiesen werden. Das Risiko, sich mit FSME zu infizieren, bestehe inzwischen bundesweit, sagte der Leiter des Nationalen Konsiliarlabors für Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr, Gerhard Dobler, heute. Die Karte des Robert-Koch-Instituts (RKI) mit Risikogebieten für eine Infektion mit FSME hält der Virologe und Zeckenexperte für unzureichend. Bis auf Hamburg und Schleswig-Holstein hätten 2024 alle Bundesländer Fälle gemeldet.
Die vom RKI in einer Karte als risikoreich gekennzeichneten Bereiche müssten als „Hochrisikogebiete“ gelten, erläuterte Dobler. Das Institut stuft in einem geografischen Überblick bislang besonders den südlichen Bereich Deutschlands als gefahrvoll für eine Infektion ein. Dieser reicht auf einem Streifen am östlichen Rand bis Brandenburg; nördlichstes Risikogebiet ist seit 2019 das Emsland in Niedersachsen. Für diese Bereiche empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) besonders gefährdeten Personengruppen eine Impfung gegen FSME. Für den Mediziner Dobler ist das zu wenig. Er hält eine „allgemeine Impfempfehlung“ für diese Bereiche als Schutz für sinnvoll.
Das von infizierten Zecken übertragene Virus kann zu schweren Erkrankungen führen. Durch die zunehmend milden Winter habe es bereits in diesem Januar erste FSME-Fälle gegeben, berichtete Parasitologin Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim. Bedingt durch den Klimawandel rechnen die Experten auch 2025 wieder mit einem zeckenreichen Jahr. „Durch die warmen Winter sind Zecken ganzjährig aktiv, viele überleben die milden Wintermonate“, erläuterte Mackenstedt.
Insgesamt 686 FSME-Fälle verzeichnete das RKI im vergangenen Jahr in Deutschland. Nach einem Rekord im Jahr 2020 mit 718 Fällen ist 2024 demnach das Jahr mit den zweithöchsten Fallzahlen. Die Forschenden beobachten den Angaben zufolge seit einigen Jahren einen Zwei-Jahres-Rhythmus mit hohen Erkrankungszahlen, früher habe dieser bei einem Abstand von drei Jahren gelegen. Mittlerweile sei ein deutlicher Trend nach oben erkennbar, so Mackenstedt weiter. „Seit 2017 steigen die Fallzahlen kontinuierlich an.“ Hinzu komme eine hohe Dunkelziffer. Wie gravierend die Erkrankungszahlen 2025 ausfallen werden, sei aktuell jedoch noch nicht abzusehen. (imo)