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Ethikratsvorsitzende: Corona-Zeit braucht „Heilungsprozess“

08.04.2024 2 Min. Lesedauer

Die Rufe, Lehren aus der Corona-Pandemie zu ziehen, mehren sich. So fordert nun die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, die „größte gesellschaftliche Krise seit dem Zweiten Weltkrieg“ aufzuarbeiten. Nach dem erklärten Ende vor einem Jahr sei sie erstaunt, „dass wir zur Tagesordnung übergegangen sind“, kritisierte Buyx im Deutschlandfunk (DLF). Die Diskussion um eine Enquete-Kommission greife ihrer Meinung nach aber zu kurz. Vielmehr sei ein „Heilungsprozess“ in Anbetracht der weitreichenden gesundheitlichen Folgen durch die Pandemie vonnöten. Einsamkeit, verstärkt durch die Coronakrise, führe auch zu körperlichen Erkrankungen.

Die gesellschaftliche Entwicklung zu ungesunder Isolation belaste immer mehr Menschen. „Einsamkeit ist ganz klar mit schlechterer körperlicher und psychischer Gesundheit verbunden“, betonte die Ethikratsvorsitzende. Dazu zählten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzinfarkt, Schlaganfall und „die großen Killer“ wie Krebs und Demenzerkrankungen. Hinzu kämen gravierende Auswirkungen auf die Psyche. Problematisch sei hier bei jungen Menschen die existenzielle Erfahrung der Krise und nicht nur der Einfluss einzelner Regelungen. Strenge Regeln, etwa in Italien, oder weniger strikte Maßnahmen wie in Schweden hätten im Vergleich nicht den Ausschlag gegeben. Die negativen Effekte auf die psychische Gesundheit seien in beiden Ländern bei der jungen Generation ähnlich gewesen.

Dass sich im Nachhinein nicht alle Corona-Regeln als richtig erwiesen hätten, räumte der damalige Ministerpräsident von Hessen, Volker Bouffier, ein. Um die Pandemie einzudämmen, habe es Kontaktreduzierungen gebraucht. „Daraus erfolgte eine Fülle an Maßnahmen, die im Einzelnen aus heutiger Sicht wahrscheinlich kritisch gesehen werden können“, erklärte der CDU-Politiker im ZDF. „Das Entscheidende für unser Land ist, das wir klug gucken, was machen wir für das nächste Mal besser“, unterstrich Bouffier.

Eine zu geringe Abwägung bei einzelnen Maßnahmen zwischen Grundrechtsbeschränkungen und dem denkbaren Nutzen bemängelte der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier. Ihm sei wichtig zu überlegen, „wie künftig das Gemeinwesen, der Staat, angemessen auf solche Notlagen, die immer wieder auftreten können, reagieren – unter Wahrung von Demokratie und Rechtsstaat“. Im Zuge einer raschen Aufarbeitung der Pandemie zog Berlins ehemaliger Regierender Bürgermeister, Michael Müller (SPD), eine Amnestie für Corona-Ordnungswidrigkeiten gegenüber dem „Tagesspiegel“ in Erwägung. (imo)