Kassen warnen vor Zusatzbelastungen für Versicherte
Die Krankenkassen warnen vor zusätzlichen finanziellen Belastungen für Versicherte und Patienten zur Stabilisierung der Kassenhaushalte. „Die aktuelle Kakophonie aus untauglichen Vorschlägen wie Praxisgebühr, Selbstbehalten oder Leistungskürzungen verunsichert Versicherte und Beitragszahlende und führt nur zu Politikverdrossenheit“, kritisierte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, heute in Berlin. Schwarz-Rot tue bisher nichts, um die Ausgaben der Krankenkassen wirksam zu begrenzen und Effizienzreserven zu heben. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte kommen auf die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in den nächsten Jahrzehnten schnell wachsende Defizite in zwei- bis dreistelliger Milliardenhöhe zu.
Deloitte geht davon aus, dass der durchschnittliche Zusatzbeitrag um 0,4 Prozentpunkte auf 2,9 Prozent steigen wird. Diesen hatte der sogenannte Schätzerkreis für 2025 auf 2,5 Prozent prognostiziert. Tatsächlich liegt der Zusatzbeitrag im Schnitt laut GKV-Spitzenverband aber schon jetzt bei 2,94 Prozent. Wie die Prognosen der Einnahmen und Ausgaben und damit der Zusatzbeitrag für 2026 ausfallen werden, berät der Schätzerkreis ab kommenden Dienstag.
Bislang zeichnete sich für 2026 eine Finanzlücke der GKV von vier Milliarden Euro ab. Laut Bundesgesundheitsministerin Nina Warken hat sie sich aber auf zwei Milliarden Euro reduziert. Die CDU-Politikerin will nach eigenen Angaben möglichst noch vor der Sitzung des Schätzerkreises Vorschläge zur Stabilisierung der Beitragssätze präsentieren. Mit ihrer Forderung nach höheren Steuerzuschüssen für die Kassen kann sie sich bislang in der Regierung nicht durchsetzen. Daher sind nun unter anderem deutlich höhere Zuzahlungen für die Versicherten im Gespräch.
AOK-Vorständin Reimann sagte, das prognostizierte GKV-Defizit von bisher vier Milliarden Euro werde durch einen „Kniff der optimistischeren Annahmen“ peu à peu kleiner gerechnet. Mögliche Zuzahlungserhöhungen gingen zulasten derjenigen, die krank seien und Behandlung benötigten. Sie warb erneut dafür, den Herstellerrabatt für Arzneihersteller anzuheben und die Meistbegünstigungsklausel in der Krankenhausvergütung auszusetzen. „Die Regierungskoalition muss ihren Schlingerkurs schleunigst beenden“, forderte Reimann. Entweder ergreife sie jetzt sofort wirksame Maßnahmen, um die Ausgabendynamik zu stoppen „und das nicht auf dem Rücken der Beitragszahler, Versicherten und Patienten“. Oder es werde der Mut aufgebracht, bis zu den Empfehlungen der Finanzkommission Gesundheit im März 2026 zu warten.
Der Deloitte-Studie zufolge können die im Koalitionsvertrag geplanten Maßnahmen die wachsende Finanzlücke nur in begrenztem Umfang verringern. Im Jahr 2030 würden der GKV 87 Milliarden Euro fehlen, nach 56 Milliarden Euro 2026. Rund 565 Milliarden Euro werde die Unterdeckung im Jahr 2050 betragen. (sev)
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