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Behandlungsfehler-Statistik: In jedem vierten Fall ein Schaden

30.10.2025 2:30 Min. Lesedauer

12.304 fachärztliche Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern hat der Medizinische Dienst (MD) im Jahr 2024 bundesweit erstellt. In jedem vierten Fall (3.301 Fälle) stellten die Gutachter einen Behandlungsfehler mit Schaden fest. In jedem fünften Fall (2.825 Fälle) war der Fehler ursächlich für den erlittenen Schaden. In 75 Fällen führte der Fehler zum Tod. Das geht aus der heute veröffentlichten Jahresstatistik zur Behandlungsfehlerbegutachtung des MD hervor. Behandlungsfehler schädigten nicht nur Patientinnen und Patienten, es entstünden dadurch auch enorme Kosten im Gesundheitssystem, sagte MD-Vorstandsvorsitzender Stefan Gronemeyer.

Wie aus der Statistik weiter hervorgeht, waren 134 Fällen „Never Events“, also etwa schwerwiegende Medikationsfehler, vergessene Fremdkörper nach Operationen oder Patientenverwechslungen. Gronemeyer forderte mehr Transparenz und eine „gesetzliche Pflicht zur Offenheit“. 

Zwei Drittel aller erhobenen Behandlungsfehlervorwürfe beziehen sich laut MD auf Leistungen in der stationären Versorgung, meist in Krankenhäusern (7.960 Fälle), ein Drittel auf den ambulanten Bereich (4.312 Fälle). Nach Fachbereichen gegliedert betrafen 29,8 Prozent der Vorwürfe (3.664 Fälle) die Orthopädie und Unfallchirurgie, 11,5 Prozent die Innere Medizin und Allgemeinmedizin (1.402 Fälle), 8,9 Prozent die Frauenheilkunde und Geburtshilfe (1.097 Fälle), 8,4 Prozent die Zahnmedizin (1.040 Fälle) und 7,9 Prozent die Allgemein- und Viszeralchirurgie (971 Fälle). 6,7 Prozent der Vorwürfe bezogen sich auf die Pflege (827 Fälle).

Die erfassten Fälle zeigen dem MD zufolge allerdings nur einen „sehr kleinen Ausschnitt“. Wissenschaftliche Studien gingen von einer hohen Dunkelziffer aus, da nur drei Prozent aller vermeidbaren Schadensfälle nachverfolgt und statistisch erfasst würden, erläuterte der MD.

Laut der Vorstandsvorsitzenden des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, sind die Zahlen nur „die Spitze des Eisberges“. Auch wegen hoher juristischer Hürden gingen viele Betroffene einem vermuteten Fehler gar nicht erst nach. Daher müssten Patientenrechte weiterentwickelt und die Beweislast gesenkt werden. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent sollte künftig ausreichen, forderte Reiman.

Für die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) belegen die neuen Zahlen, dass die Behandlungsqualität in deutschen Kliniken sehr hoch sei. Entscheidend für eine nachhaltige Qualitätsentwicklung sei jedoch eine offene und konstruktive Fehlerkultur, unterstrich der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß. (tie)

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