Ärzte sehen Kinderkliniken an der Belastungsgrenze
Kinder- und Jugendärzte warnen vor einer katastrophalen Lage in den deutschen Kinderkliniken. „Zurzeit sind erneut kaum Betten für kranke Kinder und Jugendliche zu bekommen“, sagte der Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Jakob Maske, heute zu G+G. Kinder müssten schon wieder verlegt oder könnten nicht stationär aufgenommen werden. Auch Kinderintensivmediziner sehen sich an der Belastungsgrenze. Eine zentrale Rolle spielt die Infektwelle mit Grippe, Corona und dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV).
Zuvor hatte der Berliner Landesverband des BVKJ gemeinsam mit drei weiteren Verbänden „vor dem sich abzeichnenden Zusammenbruch der ambulanten und stationären Regelversorgung in Berlin“ gewarnt. „Die Berliner Situation spiegelt die Situation im gesamten Bundesgebiet wider“, ergänzte Maske heute. Der Personalmangel nehme in allen Bereichen zu. Ohne ein Gegensteuern werde sich die Lage in naher Zukunft verschlimmern. Im ambulanten Sektor würden in den nächsten fünf Jahren 20 bis 25 Prozent der Ärztinnen und Ärzte in den Ruhestand gehen. Größtenteils könnten sie keine Nachfolger für ihre Praxen finden, da es zunehmend unattraktiver werde, eine Kinderarztpraxis zu betreiben. Auch in den Kliniken fehle es an Nachwuchs bei Medizinern und beim Pflegepersonal.
Ein ähnliches Bild zeichnete die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi). Im Bereich der Kindernotfall- und Kinderintensivmedizin habe sich nach der katastrophalen Lage im letzten Winter mit einer großen Infektwelle nichts verändert, sagte eine Sprecherin heute zu G+G. „Wir arbeiten ständig an der Grenze des Zumutbaren – so wie wohl jede Intensivstation für Kinder und Jugendliche“, sagte die stellvertretende Sprecherin der zuständigen Sektion der Divi, Ellen Heimberg, in einem „Spiegel“-Interview am vergangenen Freitag. Es fehle vor allem an Pflegepersonal. Im Schnitt bleibe eine Pflegekraft keine fünf Jahre auf einer Kinderintensivstation. Die Oberärztin am Universitätsklinikum Tübingen forderte eine Umstellung der Finanzierung der Kindermedizin „weg von der reinen Fallpauschale“. Jede Kinderklinik in Deutschland mache Defizit. Die zusätzlichen Mittel, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zur Verfügung gestellt habe, änderten nichts an der Situation. (at)
Datenschutzhinweis
Ihr Beitrag wird vor der Veröffentlichung von der Redaktion auf anstößige Inhalte überprüft. Wir verarbeiten und nutzen Ihren Namen und Ihren Kommentar ausschließlich für die Anzeige Ihres Beitrags. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, sondern lediglich für eventuelle Rückfragen an Sie im Rahmen der Freischaltung Ihres Kommentars verwendet. Die E-Mail-Adresse wird nach 60 Tagen gelöscht und maximal vier Wochen später aus dem Backup entfernt.
Allgemeine Informationen zur Datenverarbeitung und zu Ihren Betroffenenrechten und Beschwerdemöglichkeiten finden Sie unter https://www.aok.de/pp/datenschutzrechte. Bei Fragen wenden Sie sich an den AOK-Bundesverband, Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin oder an unseren Datenschutzbeauftragten über das Kontaktformular.