Rundruf Pflege

Wie wird die Pflege bezahlbar?

16.10.2025 Tina Stähler 3 Min. Lesedauer

Pflegebedürftige zahlen immer mehr Geld. Insbesondere die Eigenanteile in der Heimpflege sind kürzlich erneut gestiegen. Was muss passieren, um den Kostenanstieg einzudämmen? G+G hat vier Expertinnen und Experten gefragt.

Foto: Blick in einen Aufenthaltsraum, in dem mehrere Seniorinnen und Senioren sitzen.
Stationäre Langzeitpflege ist teuer und die Eigenanteile sind erneut gestiegen.

Faire Kostenverteilung unerlässlich

Foto: Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats e. V.

Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats e. V.:

„Eigenanteile in der stationären Langzeitpflege müssen auf einen festen Betrag begrenzt werden, damit Pflege nicht länger zum Armutsrisiko wird. Wir brauchen eine nachhaltige und generationengerechte Finanzierung der Pflegeversicherung, die Beitragszahlerinnen und -zahler sowie Pflegebedürftige entlastet. Eine faire Kostenverteilung ist dabei unerlässlich. Die Länder müssen die Investitionskosten tragen und die Krankenkassen die medizinische Behandlungspflege finanzieren. Ausbildungskosten sowie versicherungsfremde Leistungen sollten durch Steuern gedeckt werden. Ebenso wichtig ist eine bessere Verteilung von Mitteln und Kompetenzen im System. Pflegefachpersonen müssen mehr Befugnisse erhalten. Die Versorgungsstrukturen müssen effizienter verzahnt und durch Digitalisierung und KI unterstützt werden. Dies würde zu geringeren Kosten und einer besseren Versorgung für Pflegebedürftige führen und der Gesellschaft ein stabiles,  zukunftsfestes Finanzierungssystem bieten." 

Rechtsanspruch auf Kurzzeit- und Verhinderungspflege überfällig

Foto: Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz.

Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz:

„Für die Überbelastung der Pflegebedürftigen und Beitragszahler sind vor allem Bund und Länder verantwortlich. Denn die Pflegeversicherung wird jährlich um fast 15 Milliarden Euro geplündert. Zweifelhaft ist, ob dieser Raubbau durch Etablierung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe gestoppt werden kann. Denn es gilt, die reinen Pflegekosten im Heim auf 1.000 Euro zu deckeln. So haben junge und mittlere Generationen die Chance, Vorsorge zu treffen. Auch die über vier Millionen Pflegebedürftigen daheim und ihre Familien sind spürbar zu unterstützen. Denn die Hauptlast liegt weiter auf alten, meist weiblichen Angehörigen. Obwohl die Bundesgesundheitsministerin die Fakten kennt, passiert nichts. Ein Rechtsanspruch auf Kurzzeit- und Verhinderungspflege ist überfällig. Gleiches gilt für ein steuerfinanziertes Pflegezeitgeld analog zum Elterngeld. Zudem muss das Pflegegeld um durchschnittlich 300 Euro pro Monat erhöht und anschließend dynamisiert werden."

Neudefinition des professionellen Pflegeangebots empirisch herleiten

Foto: Prof. Dr. Gabriele Meyer, Leiterin des Instituts für Gesundheits-, Hebammen- und Pflegewissenschaft, Universitätsmedizin Halle.

Prof. Dr. Gabriele Meyer, Leiterin des Instituts für Gesundheits-, Hebammen- und Pflegewissenschaft, Universitätsmedizin Halle:

„Pflege ist ein kostbares Gut geworden. Im Langzeitpflegebereich ist die Nachfrage in den letzten Jahren konstant gestiegen. Die Lücke zum Angebot klafft schon jetzt; sie wird sich laut Prognosen deutlich vergrößern. Mit besseren Gehältern wird versucht, die Attraktivität des Pflegeberufs zu stärken. Dies ist einer der Gründe für den Kostenanstieg. Unausweichlich erscheint es auch hierzulande, die konfliktträchtige Diskussion zu führen, welche Tätigkeiten zukünftig von Pflegefachpersonen geleistet werden können und sollen. Die Neudefinition des professionellen Pflegeangebots muss empirisch hergeleitet werden und hat das Potenzial, Pflegekapazität wirksamer und kostenwirksamer einzusetzen. Einige Tätigkeiten können Pflegebedürftige und ihre Angehörigen möglicherweise nach guter Anleitung selbst ausführen, andere können durch digitale Assistenzsysteme unterstützt werden, wieder andere gehören sowieso aus der professionellen Pflege entfernt, da sie keinen nachgewiesenen Nutzen haben."

Pflegevorsorgefonds künftig mit Bundesmitteln weiterentwickeln

Foto: Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes.

Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes:

„Um das Problem der chronisch unterfinanzierten Sozialen Pflegeversicherung (SPV) zu lösen, braucht es einen Mix aus kurzfristigen Entlastungen und langfristig wirksamen Strukturreformen. Als Sofortmaßnahmen fordern wir, dass die Bundesregierung der SPV endlich die Corona-Soforthilfen in Höhe von 5,5 Milliarden Euro zurückzahlt. Darüber hinaus sollten die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige von 4,1 Milliarden Euro pro Jahr dauerhaft aus Steuermitteln finanziert werden. Zusätzlich muss der Pflegevorsorgefonds künftig mit Bundesmitteln weiterentwickelt werden. Jahr um Jahr steigende Beitragssätze sind jedenfalls keine Lösung - genauso wenig wie das Darlehen des Bundes an die SPV. Damit wird das Problem nur noch weiter in die Zukunft verschoben und Stabilität sowie das Vertrauen der Versicherten in die Pflegeversicherung gefährdet. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Pflege ist in der Verantwortung, zeitnah echte Lösungsvorschläge zu präsentieren."

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