Interview Gesundheitssystem

„Mich beschäftigt, warum arme Menschen früher sterben“

16.10.2025 Silke Heller-Jung 3 Min. Lesedauer

In der Rubrik „Neues aus der Uni“ stellt G+G-Digital Institute und Lehrstühle vor. Dieses Mal mit drei Fragen an Prof. Dr. Matthias Richter, Inhaber des Lehrstuhls Social Determinants of Health (SDH) an der Technischen Universität München.

Foto: Blick in einen Hörsaal, in dem viele Studierende sitzen. Vorne steht ein Mikrofon.
In der Rubrik „Neues aus der Uni“ stellt G+G jeden Monat ein Institut oder einen Lehrstuhl vor.
Foto: Portrait Matthias Richter, Professor für Social Determinants of Health an der TU München
Matthias Richter, Professor für Social Determinants of Health an der TU München

Herr Professor Richter, was ist derzeit Ihre wichtigste wissenschaftliche Fragestellung?

Prof. Dr. Matthias Richter: Seit meinem Studium der Soziologie beschäftigt mich die Frage, warum arme Menschen früher sterben und häufiger erkranken als sozial besser gestellte Personen. Diese Frage können wir inzwischen – auch empirisch – immer besser beantworten. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen sozial benachteiligter Milieus spielen hier eine zentrale Rolle: Sie wirken direkt auf den Körper ein und machen krank. Gleichzeitig ist ihr Effekt über das sozial ungleich verteilte Gesundheitsverhalten vermittelt. Wissenschaftlich herausfordernd ist es immer noch, qualitativ hochwertige, langfristige Interventionen zu entwickeln und zu evaluieren, die eine belastbare Evidenzlage schaffen, um diese gesundheitlichen Ungleichheiten zu reduzieren. Leider ist der politische Wille, geeignete wissenschaftliche Förderstrukturen zu entwickeln, um sich dieser wichtigen Public-Health-Herausforderung zu stellen, immer noch gering.

Wie fördern Sie an Ihrer Einrichtung die Kooperation wissenschaftlicher Disziplinen und die Netzwerkbildung?

Richter: Ich habe das große Glück, dass in unserem Department Health and Sport Sciences wie an meinem Lehrstuhl Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichsten Disziplinen zusammenarbeiten. Jedes Gespräch auf dem Flur und in der Mensa oder gemeinsam durchgeführte Module in unseren Bachelor- und Masterstudiengängen fördern das gegenseitige Verständnis und den wissenschaftlichen Austausch. Alle haben ein Ziel: Gesundheit zu fördern und der Stellenwert präventiver Ansätze weiter auszubauen. Um dieses Denken weiter zu festigen und auszubauen, haben wir ein Center für Health and Medicine in Society an der School of Medicine and Health gegründet. Dies macht es noch leichter und selbstverständlicher, sich in Lehre und Forschung zu vernetzen und voneinander zu lernen.  

„Wissenschaft beißt nicht, sondern tut gut.“

Prof. Dr. Matthias Richter

Professor für Social Determinants of Health an der TU München

Zur Person:

Prof. Dr. Matthias Richter studierte Soziologie und Psychologie an der Universität Bielefeld. Anschließend war er dort Geschäftsführer des WHO Collaborating Centre for Child and Adolescent Health Promotion, bevor er als Assistenzprofessor an das Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern wechselte. Ab 2011 war Richter Direktor des Instituts für Medizinische Soziologie an der Universität Halle-Wittenberg, 2022 nahm er den Ruf an die TU München an.

Ist die Politik gut beraten, wenn sie auf die Wissenschaft hört?

Richter: Immer, und es wird immer wichtiger, die Politik daran zu erinnern – auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene. Am wirksamsten scheinen die Zugangsmöglichkeiten und die Zugänglichkeit auf lokaler Ebene zu sein: Man kennt sich, vertraut sich und hört sich gegenseitig zu. Aber ich muss offen zugeben, dass selbst auf dieser Ebene der Austausch und die Diskussion immer geringer werden – dies wird mir auch von vielen Kolleginnen und Kollegen zurückgespielt. Hier müssen neue Möglichkeitsspielräume geschaffen werden: Wissenschaft beißt nicht, sondern tut gut, erfrischt und belebt!

Forschungsschwerpunkte:

  • Gesundheitssoziologie und -psychologie
  • Soziale Determinanten der Gesundheit
  • Präventions- und Versorgungsforschung
  • Kinder- und Jugendgesundheit
  • Lebenslaufforschung
  • Methoden der empirischen Sozialforschung

Jahresetat:

Keine Angabe

Zahl und Qualifikation der Mitarbeitenden:

  • 12 Mitarbeitende aus den Bereichen Gesundheitswissenschaften, Soziologie, Sozialwissenschaften, Psychologie und Pflegewissenschaften

Kontaktdaten:

Technische Universität München
TUM School of Medicine and Health
Department Health and Sport Sciences
Lehrstuhl Social Determinants for Health
Am Olympiacampus 11
80809 München

Telefon: 089 28924561
E-Mail: richter.matthias(at)tum.de

Mitwirkende des Beitrags

Optionale Felder sind gekennzeichnet.

Beitrag kommentieren

Alle Felder sind Pflichtfelder.

Datenschutzhinweis

Ihr Beitrag wird vor der Veröffentlichung von der Redaktion auf anstößige Inhalte überprüft. Wir verarbeiten und nutzen Ihren Namen und Ihren Kommentar ausschließlich für die Anzeige Ihres Beitrags. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, sondern lediglich für eventuelle Rückfragen an Sie im Rahmen der Freischaltung Ihres Kommentars verwendet. Die E-Mail-Adresse wird nach 60 Tagen gelöscht und maximal vier Wochen später aus dem Backup entfernt.

Allgemeine Informationen zur Datenverarbeitung und zu Ihren Betroffenenrechten und Beschwerdemöglichkeiten finden Sie unter https://www.aok.de/pp/datenschutzrechte. Bei Fragen wenden Sie sich an den AOK-Bundesverband, Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin oder an unseren Datenschutzbeauftragten über das Kontaktformular.