Interview Prävention

„Vorfreude schwächt den Montagsblues-Effekt ab”

01.09.2023 Stefanie Roloff 4 Min. Lesedauer

Die Stimmung ist am Wochenbeginn oft auf dem Tiefpunkt. Der Arbeits- und Organisationspsychologe Oliver Weigelt erläutert, was Unternehmen für mehr Arbeitszufriedenheit tun können.

Foto: Auf einer rotbraunen Tasse klebt ein gelbes Post-it mit der Aufschrift "Hello Monday".
Fast jeder kennt ihn – den Montagsblues. Doch es gibt Strategien, um nicht pessimistisch, sondern energiegeladen in die neue Woche zu starten.

Herr Dr. Weigelt, wie wirkt sich Arbeitszufriedenheit auf die Gesundheit aus?

Dr. Oliver Weigelt: Die Arbeitszufriedenheit hängt vor allem davon ab, wie hoch die Passung zwischen Berufstätigen und ihrer Arbeit ist. Fühlen sie sich permanent über- oder unterfordert? Aber auch: Wie gut entspricht die Arbeit den eigenen Bedürfnissen? Eine schlechte Passung schlägt sich langfristig auch in der Gesundheit nieder.
 

Foto: Porträtbild von Dr. Oliver Weigelt, Arbeits- und Organisationspsychologe
Dr. Oliver Weigelt ist Arbeits- und Organisationspsychologe. Er arbeitet derzeit als Postdoktorand im Moment­um-Programm der Volkswagen Stiftung zur Rolle der Arbeit bei der Entstehung von Zivilisationskrankheiten an der Universität Leipzig.

Warum haben viele Erwerbstätige zu Beginn einer neuen Arbeitswoche schlechte Laune?

Dr. Weigelt: Verantwortlich dafür ist besonders der Kontrast zwischen dem selbstbestimmten Sonntag und dem fremdbestimmten Montag. Viele Berufstätige berichten, dass sie am Übergang in die neue Arbeitswoche schlechter schlafen als sonst, etwa weil sie gedanklich schon bei anstehenden Aufgaben sind. Der Übergang in die neue Woche bindet viele Ressourcen und geht mit einem Rückgang an Energie einher. Dieses Phänomen beschreiben wir als Montagsblues-Effekt.

Hilft es, am Wochenende Energie zu tanken?

Dr. Weigelt: Über verschiedene Studien hinweg zeigt sich, dass menschliche Energie an arbeitsfreien Wochenenden höher ist als unter der Woche. Sie steigt sogar ein wenig an. Beim Übergang in die neue Arbeitswoche geht dieses Energiepolster meist wieder verloren. Jedoch bleibt das Energielevel im Verlauf der Arbeitswoche danach relativ stabil. 

Am Ende geht es noch vor dem Wochenende sogar sprunghaft nach oben. Warum es dazu kommt, ist bisher wenig untersucht. Es hat aber vermutlich mit dem guten Gefühl zu tun, Aufgaben erfolgreich abgeschlossen zu haben, und mit der Vorfreude auf die freie Zeit.

„Erwartungen und Schlaf sind wichtige Hebel.“

Dr. Oliver Weigelt

Arbeits- und Organisationspsychologe

Wie können Beschäftigte zu mehr Zufriedenheit in der gesamten Arbeitswoche finden?

Dr. Weigelt:
In einer Tagebuchstudie konnten wir zeigen, dass die Vorfreude auf spannende Aufgaben den Montagsblues-Effekt abschwächt. Die Grundlagenforschung zeigt, dass diese das Bewältigen von stressigen Situationen erleichtert und die Stressreaktion auf physiologischer Ebene dämpft. Darüber hinaus legt unsere Studie nahe, dass Erwartungen und Schlaf wichtige Hebel sind.
 

Was können Unternehmen tun, um die Arbeitszufriedenheit im Wochenverlauf zu steigern?

Dr. Weigelt:
Ich plädiere dafür, so viele Freiräume bei der Gestaltung der Arbeitszeiten zuzulassen wie organisatorisch möglich und vernünftig ist. Grundsätzlich ist eine durchdachte Gestaltung der Arbeitstätigkeit wichtig. Das schließt zum Beispiel das Bereitstellen von genügend Handlungsspielraum oder das Vermeiden von Belastungsspitzen zu Wochenbeginn ein. Die psychische Gefährdungsbeurteilung zeigt ziemlich genau, wo Handlungsbedarf und Verbesserungspotenzial bestehen.

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