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G+G Kassentreffen: Der kranke Mann Europas

05.12.2025 2 Min. Lesedauer

Die zehnte Podcast-Folge vom „G+G Kassentreffen – Wer kommt, was geht?": Zu Gast ist Oliver Huizinga, Abteilungsleiter Prävention im AOK-Bundesverband.

Deutschland belegt bei der Prävention europaweit den vorletzten Platz: nicht beim Geldausgeben, aber bei der Umsetzung wissenschaftlich empfohlener Präventionsmaßnahmen. Das ist das Ergebnis des neuen Public Health Index (PHI). Intensiv am PHI mitgearbeitet hat Oliver Huizinga, Abteilungsleiter Prävention im AOK-Bundesverband. In der aktuellen Ausgabe des „G+G Kassentreffens“ spricht Huizinga mit Linda Peikert und Ralf Breitgoff darüber, was Deutschland falsch und ein großer Teil Europas in Sachen Prävention einfach besser macht.

In Sachen Prävention ist Oliver Huizinga nicht nur ein Experte. Während der eine oder andere Zeitgenosse es nicht immer ganz so ernst meint mit dem gesunden Lebenswandel, scheint der 40-Jährige ein echtes Vorbild zu sein. So ein richtiges Laster habe er nicht mehr, räumt aber ein: „Was ich aber schon feststelle, ich schaff’s zu selten in die Natur.“ Das sei durchaus typisch für viele Großstadtmenschen, obwohl jede und jeder wisse, dass das der Gesundheit und dem allgemeinen Wohlbefinden zuträglich sei. „Zum Glück habe ich aber auf dem Fahrradweg den Berliner Tiergarten.“ Das sei „immerhin ein kleiner Ausgleich“, betont Huizinga, ohne dass er in irgendeiner Form oberlehrerhaft daherkäme. Ihm ist es ernst, sehr ernst und die Fakten sind eindeutig.

Foto: Lutz Hager, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Managed Care (BMC). Links daneben ein Smartphone, auf dem Display: G+G-Kassentreffen.
Die neunte Podcast-Folge vom „G+G Kassentreffen – Wer kommt, was geht?": Zu Gast ist Lutz Hager, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Managed Care (BMC).
07.10.20252 Min

Bittere Realitäten

Was Anfang des 21. Jahrhunderts die wirtschaftliche Lage hierzulande beschreiben sollte, ist bittere Realität geworden: Deutschland ist im Wortsinne der kranke Mann Europas. Jeder zweite Erwachsene über 65 leidet nach AOK-Angaben an mindestens zwei chronischen Krankheiten. Dennoch zögere Deutschland, bei der Prävention umzusteuern, kritisieren die Autorinnen und Autoren des PHI. Deutschland mangele es am politischen Willen. Obwohl es für viele der diskutierten Public-Health-Maßnahmen breite gesellschaftliche Mehrheiten gebe, genügend wissenschaftliche Evidenz vorliege und der finanzielle Druck auf die sozialen Sicherungssysteme erheblich sei.

Ernüchternde Erfahrungen

In den vergangenen Jahren habe er viele Veranstaltungen im Bereich der Tabakpolitik und Tabakprävention oder der Ernährung besucht. „Die Diskussionen sind sehr ähnlich“, beschreibt Huizinga seine Erfahrungen. „Man beklagt oft, dass Deutschland irgendwie hinterherhinkt im europäischen Vergleich, schaut ins Ausland und sagt, warum können wir nicht dieses oder jenes uns mal anschauen und auf Deutschland übertragen.“ Das tatsächliche Ergebnis sei nicht sehr schmeichelhaft, so der AOK-Experte. „Wir hinken gerade bei der Tabakpolitik, Alkoholpolitik und Ernährungspolitik den internationalen Vorreitern weit hinterher und das ausgerechnet bei den Maßnahmen, die die größten Wirkungen versprechen würden.“ Die traurige Wahrheit: Im Vergleich von 18 Staaten Nord- und Zentraleuropas belegt Deutschland Platz 17. In der Einzelbetrachtung der vier untersuchten Handlungsfelder Tabak, Alkohol und Ernährung jeweils auf den hinteren Rängen, bei Bewegung im unteren Mittelfeld.

Das ist das Kernergebnis des Publik Health Index. Der PHI ist ein Kooperationsprojekt des AOK-Bundesverbandes und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), das von einem interdisziplinären Forschungsteam begleitet wird. „Zusammen mit renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mehrerer Universitäten haben wir uns angeschaut, was wird wissenschaftlich empfohlen, um die Ernährungssituation zu verbessern, Bewegung zu vereinfachen, um Tabak- und Alkoholkonsum einzudämmen, und welche Staaten setzen diese Maßnahmen eigentlich um, und wie steht Deutschland eigentlich im Vergleich“, erläutert AOK-Experte Huizinga. Der PHI soll künftig alle zwei Jahre aktualisiert, auf weitere Präventionsbereiche und weitere Länder erweitert werden.

Im zehnten G+G-Kassentreffen erläutert Oliver Huizinga, was ein sicherer Radweg mit guter Prävention zu tun hat, wie Großbritannien es geschafft hat, seine Kinder vor ungesunder Werbung zu schützen, warum der Alkoholkonsum in Skandinavien deutlich zurückgegangen ist und warum ein neues Präventionsgesetz mehr braucht als ein paar neue Paragrafen im Fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) – also mehr ist als alleinige Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Foto: Illustration mit Kopfhörer und Smarthphone, daneben der Text: G+G-Podcast. Jetzt reinhören.

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Pressekonferenz

Vorstellung des neuen Public Health Index

Wo steht Deutschland beim Thema Prävention im internationalen Vergleich?