G+G Kassentreffen: Versorgungspfade jenseits des SGB V
Die neunte Podcast-Folge vom „G+G Kassentreffen – Wer kommt, was geht?": Zu Gast ist Lutz Hager, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Managed Care (BMC).

Wenn Prof. Dr. Lutz Hager über das Gesundheitssystem der Zukunft spricht, kommt er ein bisschen ins Schwärmen. Nicht minder weiß der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Managed Care (BMC) um die Hürden und Herausforderungen, weil Gesetze immer noch einen sehr starren Rahmen setzen. In der aktuellen Ausgabe des „G+G Kassentreffens“ spricht Hager mit Linda Peikert und Ralf Breitgoff über die Faszination des Gesundheitswesens, die Potenziale der Digitalisierung, gute sektorenübergreifende Versorgung, über langfristige Transformationsprozesse und die Kurzfristigkeit von Legislaturperioden.
„Von der Vorstellung, dass Gesundheitsversorgung die Praxis oder das Krankenhaus braucht“, werde und müsse man sich in der Zukunft verabschieden. Davon ist der BMC-Vorstandsvorsitzende Lutz Hager jedenfalls fest überzeugt. „Das wird sich künftig viel, viel fluider darstellen.“ Der Professor für Management im Gesundheitswesen an der SRH Fernhochschule zeichnet eine Welt, in der „das Diagnostik-Kit nach Hause kommt, wo die Apotheke zur Anlaufstelle ohne Termin wird, wo mir mein ‚Gesundheits-Buddy‘ als Chat-Bot oder Avatar einen Tipp gibt“. Die SRH nennt sich selbst auch „The Mobile University“.
Managed Care – eine nach wie vor richtige Idee
Hager und der BMC monieren seit mehr als zwei Jahrzehnten zu hohe Hürden und zu enge Grenzen, die insbesondere das Fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V) setze. „Die vielen Initiativen und die große Innovationskraft, die in diesen Bereich fließen, die bricht sich sozusagen an der Mauer des SGB V“, findet der BMC-Chef. Das System sei gekennzeichnet von starren Sektorengrenzen, die Vergütungslogik stelle die einzelne Leistung über die Kontinuität. Das aufzubrechen sei das eigentliche Ziel des BMC.
„Managed Care“ sei das „Buzzword Ende der 90er-Jahre gewesen“, erinnert sich Hager. Die Euphorie und die Faszination sei inzwischen etwas verflogen. Dennoch glaubt Hager an die Idee. „Der grundsätzliche Gedanke von Managed Care ist ja, auf diese große Leerstelle hinzuweisen, nämlich auf Kommunikation, auf Kooperation, auf Koordination, auf kontinuierliche Versorgung.“ Diese Lücke vernachlässige derzeit berechtigte Patienteninteressen. „Wir als Experten im Dschungel Gesundheitswesen, wir sollten wissen, was der nächste Schritt ist und wie eine Versorgungskette und ein Behandlungsschritt aussehen“, unterstreicht Hager. Der BMC sei „der einzige Verband, der in so großer Art und Weise pluralistisch aus den unterschiedlichen Bereichen des Gesundheitswesens die Perspektiven zusammenbringt“.
„Untiefen“ der Klinikreform und Chancen der Primärversorgung
Hinsichtlich der aktuellen Reformbemühungen schwankt Hager zwischen Optimismus und Skepsis. Beispiel Krankenhausreform: „Das hat große Untiefen. Der erste Grund ist, dass wir viele Beteiligte haben und dass es uns nach drei Jahren Krankhausreformprozess nicht gelungen ist, die Rollen klar voneinander zu trennen oder klar zu bestimmen“, so Hager. Die Länder hätten von Anfang auf ihre Planungshoheit gepocht und der einstige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach – Initiator der Reform – habe versucht, dieses Diktum auszuhebeln. Das sei ein Fehler gewesen, findet Hager. Ein zweites Problem sei, dass sich Lauterbach und die Ampel vielleicht mit „gigantischen Großprojekten“ wie der Einführung von Leistungsgruppen und die neue Vergütung über Vorhaltepauschalen zu viel auf einmal vorgenommen hätten. „Vielleicht bricht sich das auch an einigen Stellen weiterhin an der Wirklichkeit, die sich halt über Jahre und Jahrzehnte anders organisiert hat.“ Positiv sei, dass die Krankenhausplanung in Bewegung geraten sei.
Deutlich freundlicher blickt der Gesundheits- und Politikwissenschaftler auf die Pläne zur Primärversorgung. „Es ist auch ein Kernanliegen von Managed Care.“ Kontinuität, Koordination, Verknüpfung – all das sei „ganz stark in der Primärversorgung beheimatet“. Verknüpfung auch mit der Klinikreform und der Reform der Notfallversorgung. „Am Ende weist uns das alles dahin, dass in den Regionen Zusammenarbeit entstehen muss, die von den Akteuren getragen werden“, erläutert Hager. Die Bundespolitik in Berlin könne einen Rahmen schaffen, „aber wir müssen immer diese Gestaltungsräume dorthin legen, wo man sich in den besonderen Bedingungen zurechtfinden muss und Versorgung organisieren muss“.
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