Daten und Analysen Finanzierung

Etat-Sanierung zulasten der Beitragszahler

13.08.2025 Bernhard Hoffmann 4 Min. Lesedauer

Mit Mindestreserven sollen die Krankenkassen Schwankungen in den Ausgaben ausgleichen, um ihre Zusatzbeiträge möglichst stabil und niedrig zu halten. Das hat viele Jahre gut funktioniert – bis Bundesregierungen die Rücklagen indirekt für ihre finanzpolitischen Ziele einsetzten. Diese haben sie zwar nicht erreicht, aber die Rücklagen der Kassen sind aufgebraucht.

Zu Sehen ist ein geschlossenes Einmachglas, gefüllt mit hohen Euro Scheinen. Es steht auf mehreren Euro Scheinen.
Die finanziellen Reserven der gesetzlichen Krankenkassen schrumpfen seit 2020 zusehends. Mit Folgen für Versicherte.

„Die Krankenkasse hat zur Sicherstellung ihrer Leistungsfähigkeit eine Rücklage zu bilden“ – so einfach lautet der Absatz 1 des Paragrafen 261 im Fünften Sozialgesetzbuch, dem SGB V. Bis zum Start des Gesundheitsfonds 2009 diente diese Rücklage dazu, Schwankungen bei den Beitragseinnahmen und den Leistungsausgaben aufzufangen. Die Rücklage konnte per Satzung bis auf eine Monatsausgabe festgelegt werden.

Seit 2009 geht es nur noch um Ausgabenschwankungen, da die Einnahmen durch die monatlichen Zuweisungen des Gesundheitsfonds gleichmäßig sind. Der Fonds hingegen muss sich mit seiner Liquiditätsreserve gegen schwankende Einnahmen wappnen – seine Ausgaben bleiben monatlich gleich.

Die Differenz zwischen den gleichmäßigen Einnahmen und den schwankenden Ausgaben einer Krankenkasse wird mit der Höhe des Zusatzbeitragssatzes deutlich. Je größer die Rücklage einer Kasse ist, umso besser kann sie steigende Leistungsausgaben auffangen, ohne am Zusatzbeitrag drehen zu müssen.

Seit Start des Gesundheitsfonds 2009 blieb die Vorgabe für die Rücklagen von mindestens 0,25 und maximal einer Monatsausgabe gleich. Mit dem GKV-Versichertenentlastungsgesetz wurde 2019 sogar die Obergrenze gestrichen.

Im Zuge der Corona-Pandemie und der daraus resultierenden Kosten für den Bund und die Krankenkassen änderten sich die Vorgaben. Die Regierungskoalitionen – vom vierten Kabinett Merkel über die Ampelkoalition bis zu Schwarz-Rot – verengten den Finanzspielraum der Krankenkassen, damit sie ihre Rücklagen aufbrauchten und in der Folge steigende Zusatzbeiträge möglichst ausgeschlossen waren. Zugleich weigern sich die Bundesregierungen bis heute, für gesamtgesellschaftliche Aufgaben, zu denen sie die Kassen verpflichtet haben, die entsprechenden Beiträge in voller Höhe zu begleichen. Die zu niedrigen Pauschalen für Bürgergeld-Empfänger sind das eklatanteste Beispiel. Der Bund entlastet sich also, indem er die Beitragszahler in der gesetzlichen Krankenversicherung – Arbeitnehmer und ihre Arbeitgeber – belastet.

Die Folgen einer solchen Sparpolitik auf Kassenkosten waren zum Jahresanfang 2025 die bislang höchsten Anhebungen der Zusatzbeiträge. Die liegen im Schnitt nun bei mehr als 2,9 Prozent. Auch der erzwungene Abbau der Rücklagen hat zu einem Negativ-Rekord geführt: Sie lagen Ende 2024 über alle Kassen hinweg bei sechs Prozent anstelle der vorgeschriebenen 20 Prozent. Zum Ende des ersten Quartals 2025 sind die Rücklagen zwar auf zwölf Prozent gestiegen, liegen aber noch immer unter der Mindestreserve. Einen Puffer, um Ausgabensteigerungen aufzufangen, haben die Kassen noch nicht wieder aufbauen können.

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