Daten und Analysen Prävention

Hitzeschutz kann Leben retten

25.09.2023 Ulrike Serbent 3 Min. Lesedauer

Der Sommer 2023 war der heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen. Dennoch starben weniger Menschen aufgrund von Hitze. Die kürzlich eingeführten Hitzeschutzmaßnahmen scheinen sich auch hierzulande bewährt zu haben. Doch Ärzteverbände fordern, besser in staatliche Aktionspläne involviert zu werden.

Foto: Eine ältere Person hält ein Thermometer in der Hand, das circa 35 Grad anzeigt.
Hitze kann insbesondere für ältere Menschen lebensbedrohlich sein.

Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) gab es bis Ende der 37. Kalenderwoche (17. September 2023) in Deutschland hitzebedingt 3.100 Tote. Der größte Anteil der Hitzetoten entfällt auf die Altersgruppen ab 75 Jahren. Demnach starben laut Bericht absolut gesehen mehr Frauen als Männer im Zusammenhang mit Hitze. Als Grund wird der hohe Frauenanteil in den älteren Altersgruppen genannt.

Die Zahl der hitzebedingten Sterbefälle ist in diesem Jahr im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2022 deutlich gesunken. Im Sommer des vergangenen Jahres stand Deutschland mit 8.173 Todesopfern nach Italien mit etwa 18.010 und gefolgt von Spanien mit 11.324 Toten an dritter Stelle bei der Zahl der Hitzetoten.

Das Ziel von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach scheint erfüllt. Er wollte in diesem Sommer die Zahl der hitzebedingten Todesfälle mit kurzfristigen Maßnahmen auf unter 4.000 halbieren.

Schutz vor extremer Hitze über SMS und Warn-App

Der Bundesgesundheitsminister hatte Ende Juli einen Aktionsplan mit sofortigen Hitzeschutzmaßnahmen vorgestellt. Im Fokus standen besonders vulnerable Gruppen, die vor einer erhöhten Morbidität und Mortalität durch Hitze zu schützen sind. Um einen kurzfristig wirksamen Hitzeschutz zu erreichen, sollte schneller und besser kommuniziert, aufgeklärt und für das Thema Hitzegefahren sensibilisiert werden. Nach Lauterbachs Angaben erhielten Heime, Kliniken und andere Einrichtungen Informationsplakate mit den sechs wichtigsten Hitzetipps. Vor extremer Hitze sollte auch über SMS oder die Nina-Warn-App gewarnt werden. Einige Krankenkassen hatten Hitze-Hotlines eingerichtet.

Das RKI veröffentlicht seit Juli wöchentlich ein Hitzeradar, mit dem die Übersterblichkeit in Relation zu steigenden Temperaturen gesetzt wird. Die Daten des RKI zeigen, dass sich in Wochen mit einer Durchschnittstemperatur von über 20 Grad Celsius ein deutlich erhöhter Verlauf der Sterbefälle im Vergleich zu kühleren Sommerwochen zeigt.

Bundesregierung will sich strukturell besser aufstellen

Da die zunehmenden Hitzewellen in Deutschland eine langfristigere Planung für Hitzeschutz-Maßnahmen erfordern, will sich die Bundesregierung auch strukturell besser aufstellen. Für den Herbst plant das Bundesgesundheitsministerium eine Konferenz mit Vertreterinnen und Vertretern der Pflege, der Städte und Kommunen, der Ärzteschaft sowie der Wissenschaft. Dann soll auch der Hitzeschutzplan für 2024 auf der Agenda stehen.

Bislang kritisierten Ärzteverbände, wie der der Dermatologen, dass Lauterbach seinen bisherigen Hitzeschutzplan ohne Einbindung der fachärztlichen Expertise erarbeitet habe. Die Verbände fordern, sie besser in alle Verfahren und Planungen einzubinden.

Lauterbach hatte anlässlich des von der Bundesärztekammer und der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit ausgerufenen Hitzeaktionstags Anfang Juli angekündigt, einen Hitzeschutzplan nach französischem Vorbild erarbeiten zu wollen. Dazu hatte er sich Ende Juni mit dem französischen Gesundheitsminister getroffen.

Deutschlandweit gab es im Juli und August hochsommerliche Temperaturen und Hitzespitzen über 30 Grad. Auch im September gab es ungewöhnlich hohe Temperaturen und außergewöhnlich viele Sonnenstunden, während es gleichzeitig  erheblich zu trocken war. So lag der September 2023 mit 17,2 Grad Celsius fast vier Grad über dem Temperaturmittel. Dies meldete der Deutsche Wetterdienst.

Zusammenhang von Krankenhausbehandlungen und Hitze

Foto: Grafik "Vollstationäre Krankenhausbehandlungen aufgrund von Schäden durch Hitze/Sonnenlicht und durchschnittliche Hitzetage ​in Deutschland"
Vollstationäre Krankenhausbehandlungen aufgrund von Schäden durch Hitze/Sonnenlicht und durchschnittliche Hitzetage ​in Deutschland (Behandlungsfälle pro Jahr und Tage mit einer Höchsttemperatur von 30 Grad Celsius und mehr).

Quelle: Deutscher Wetterdienst/Destatis

Sommer 2023 mit Abstand heißester seit Beginn der Aufzeichnungen

Global betrachtet, war der Juli 2023 der erste erfasste Monat mit einer Durchschnittstemperatur von etwa 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau, berichtete Copernicus, der EU-Klimawandeldienst. Im August war es so warm wie noch nie in dem Monat. Die Durchschnittstemperatur von 16,82 Grad über Land lag um 0,71 Grad höher als der Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2000 und schätzungsweise um 1,5 Grad höher als im vorindustriellen Zeitalter von 1850 bis 1900. Damit war der August der zweitwärmste jemals gemessene Monat. Nur im Vormonat Juli war es mit 16,95 Grad noch wärmer. Insgesamt war der Sommer 2023 tatsächlich der mit Abstand heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen 1940, meldete Copernicus. Der EU-Klimawandeldienst hatte die drei Monate Juni bis August weltweit untersucht.

Sorgen bereiten auch die rekordverdächtig hohen Meeresflächentemperaturen. So warnt eine Studie davor, dass der Golfstrom bei anhaltenden Treibhausgasemissionen wahrscheinlich um 2050, spätestens bis 2095 ganz oder teilweise kollabieren wird. Als Folge könnten Teile Europas um fünf bis zehn Grad abkühlen. Der Potsdamer Klimaforscher Stefan Rahmstorf nannte das Ergebnis „alarmierend“. Zwar wiesen solche Modelle große Unsicherheiten auf, aber auch andere neuere Studien zeigten, dass der Kipppunkt „deutlich näher“ liegen könnte als bisher gedacht, warnte er im „Spiegel“. „Der Meeresspiegel im Nordatlantik würde bis zu einem Meter zusätzlich ansteigen. Europa drohten deutlich heftigere Stürme.“

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