Bettnässen bei Kindern: Ursachen verstehen und hilfreiche Tipps

Wenn Kinder nachts ins Bett machen, ist ihnen das meist peinlich. Sie schämen sich und auch viele Eltern sind verunsichert. „Bei der Behandlung gibt es keine einfachen Lösungen, aber viele hilfreiche Maßnahmen“, sagt Thomas Ebel, Arzt im AOK-Bundesverband. „Wichtig ist vor allem, dem Kind keine Schuld zu geben, und Geduld zu haben, da sich das Problem oft von selbst löst.“

Ein kleiner Junge liegt schlafend im Bett, Eltern wecken ihn.

Wann ist Bettnässen eine Störung?

Dass Kinder nachts gelegentlich ins Bett machen, ist völlig normal. Von Bettnässen (Enuresis nocturna) spricht man, wenn Kinder, die älter als fünf Jahre sind, immer wieder ins Bett machen, ohne dass eine körperliche Ursache vorliegt – für die Betroffenen ist das oft sehr unangenehm und belastend. Als Störung wird Bettnässen erst dann bezeichnet, wenn es über eine Dauer von drei Monaten mindestens einmal monatlich auftritt.

Jungen häufiger betroffen

16 Prozent der Fünfjährigen machen nachts manchmal noch ins Bett. Mit zunehmendem Alter werden es dann immer weniger: Bei Zehnjährigen sind es noch fünf Prozent, bei Jugendlichen über 15 Jahren ist es nur noch etwa ein Prozent. Manche machen nur ein- bis zweimal im Monat ins Bett, andere mehrmals pro Woche. Dabei sind Jungen häufiger betroffen als Mädchen.

O-Ton von Thomas Ebel, Arzt im AOK-Bundesverband

Reifeprozess noch nicht abgeschlossen

Klar ist: Bettnässen ist kein Zeichen von schlechter Erziehung oder mangelnder Sauberkeit. Die Ursache liegt meist in der noch nicht abgeschlossenen Reifung des kindlichen Nervensystems. „Das Hauptproblem beim Bettnässen liegt darin, dass das kindliche Gehirn noch nicht vollständig gelernt hat, die Signale der vollen Blase zu erkennen und das Kind rechtzeitig aufzuwecken. Die Kontrolle über den Blasenschließmuskel ist ebenfalls noch nicht vollständig entwickelt“, erklärt Mediziner Ebel. „Außerdem produziert der Körper nachts noch zu wenig Vasopressin – ein Hormon, das die Urinproduktion in der Nacht reduziert.“ Manchmal ist die Blase schlicht nicht groß genug. Auch die Veranlagung spielt eine Rolle: Hat bereits ein Elternteil als Kind eingenässt, machen die Kinder mit einer Wahrscheinlichkeit von 40 Prozent ebenfalls nachts ins Bett. Waren beide Eltern betroffen, steigt das Risiko sogar auf 75 Prozent.

Kinderärztliche Abklärung sinnvoll

„Die gute Nachricht: Bettnässen ist in der Regel kein Zeichen für eine Erkrankung. Es kann aber in manchen Fällen durch Harnwegsinfektionen, Nierenerkrankungen, Diabetes oder Schlafapnoe verursacht werden. Deshalb ist eine kinderärztliche Abklärung sinnvoll, wenn das Problem länger anhält oder das Kind bereits für längere Zeit trocken war und plötzlich wieder einnässt“, so Ebel weiter. Letzteres – das sogenannte sekundäre Einnässen – kann aber auch durch belastende Erlebnisse wie die Scheidung der Eltern oder einen Todesfall in der Familie verursacht sein.

Vorbereitungen treffen

Um das Problem in den Griff zu bekommen, ist vor allem Geduld gefragt. „Machen Sie Ihrem Kind keine Vorwürfe, denn es kann ja nichts dafür. Reduzieren Sie die Trinkmenge am Abend und erinnern Sie Ihr Kind vor dem Schlafengehen noch einmal daran, auf die Toilette zu gehen. Führen Sie ein ‚Blasen-Tagebuch‘ und schreiben Sie auf, wann, was und wieviel Ihr Kind trinkt“, so die Empfehlung von Mediziner Ebel für Eltern betroffener Kinder.  Wichtig und für alle stressmindernd ist auch, die Schlafumgebung entsprechend vorzubereiten: Gummimatten oder Überzüge schützen die Matratze, frische Bettwäsche sollte griffbereit sein, und bei Bedarf können Windeln oder Windelhosen verwendet werden. Nach einem nächtlichen Malheur sollte das Kind morgens duschen, um Uringeruch zu vermeiden und mögliche soziale Konflikte zu verhindern.

Was noch helfen kann

Hilfreich können auch elektronische Wecksysteme wie sogenannte Klingelhöschen oder -matten sein: Sie lösen bei Feuchtigkeit einen Alarm aus, der das Kind oder vielmehr die Eltern weckt. Der Nachwuchs selbst verschläft das Klingeln zwar meist, aber die Eltern wecken ihn dann auf und bringen ihn zur Toilette. Es kann jedoch einige Monate dauern, bis sich hier ein Erfolg einstellt.

Medikamente wie Desmopressin, das die Urinproduktion in der Nacht verringert, werden nur in bestimmten Fällen eingesetzt, vor allem bei kurzfristigem Bedarf – zum Beispiel bei Klassenfahrten oder Übernachtungen bei Freunden. Sie sind jedoch keine Dauerlösung und sollten nur unter kinderärztlicher Aufsicht eingenommen werden.