„Tut mir leid, nicht lieferbar!“

Diese oder eine ähnliche – Antwort erhielten viele Menschen in den letzten Wochen, wenn sie in der Apotheke beispielsweise Fiebersaft oder Antibiotika für das kranke Kind oder sich selbst benötigten. Groß und verständlich sind der Ärger und die Sorge.

13.03.2023Autor/in: Jenny FüstingRubrik: Grüner Kosmos und AOK-Welt, Presse und Politik, Versorgung und Innovation 0

Was tut die AOK PLUS für Ihre Versicherten und Ihre Partner?

Die AOK PLUS hat den Handlungsbedarf, Familien mit kranken Kindern zu unterstützen, schnell erkannt. Seit Dezember 2022 übernahm die Gesundheitskasse die anfallenden Mehrkosten für ibuprofen- und paracetamolhaltige Fiebersäfte, wenn diese nicht lieferbar waren und von den Apothekerinnen und Apothekern hergestellt wurden. Zudem müssen AOK PLUS-Versicherte bei diesen Kinderarzneimitteln sowie bei Antibiotika, die zur Anwendung bei Kindern bestimmt sind seit diesem Jahr keine Zuzahlung leisten.

Ist die Versorgung gefährdet?

Das löst natürlich nicht das bestehende Grundproblem des Lieferengpasses. Ein solcher liegt laut Definition des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vor, wenn ein Medikament mehr als zwei Wochen nicht verfügbar ist oder deutlich stärker nachgefragt als angeboten wird. Das BfArM erhält die Informationen dazu von den Pharmaunternehmen. Es prüft und bewertet, ob Alternativpräparate für die Therapie zur Verfügung stehen und sich diese Arzneimittel zurzeit auf dem Markt befinden. Sofern alternative Arzneimittel für die Versorgung der Patientinnen und Patienten vorrätig sind, muss ein Lieferengpass nicht zwingend ein Versorgungsengpass sein.

Was tun, wenn das Arzneimittel nicht verfügbar ist?

Bei einer Dauermedikation empfiehlt es sich, frühzeitig das Rezept vom Arzt zu besorgen, um der Apotheke notfalls ein paar Tage Zeit für die Beschaffung zu geben. Diese kontaktiert verschiedene Großhändler oder den Hersteller selbst. Auch prüft die Apotheke, welche Alternativpräparate zur Verfügung stehen.

Was sind Generika?

Alternativpräparate sind die sogenannten Generika. Das sind Nachahmerprodukte, die nach Ablauf des Patentschutzes für ein Originalpräparat auf den Markt gebracht werden. Ein Generikum muss dem Original in Darreichungsform, Wirkstoff, Wirkstärke und Bioverfügbarkeit entsprechen. Generika werden wie alle neuen Medikamente vor der Zulassung arzneimittelrechtlich geprüft und unterliegen den Qualitätsstandards der Arzneimittelzulassung und des Arzneimittelgesetzes.

Welche Rolle spielen Generika bei den Engpässen?

Die generellen Engpässe bei Medikamenten – Originalpräparate und Generika – sind ein Problem, das seit Jahren besteht. Dass die Ursache der Engpässe zu niedrige Preise seien, die den deutschen Markt für Hersteller zu unattraktiv machen, widerlegt der empfehlenswerte Beitrag in der G+G digital. Geld allein wird es nicht richten. Tatsache ist, dass der Generikamarkt 2021 einen Nettoumsatz in der Gesetzlichen Krankenversicherung von 16,8 Milliarden Euro erzielte. Das ist im Vergleich zu den Schwellenländern immer noch beachtlich und durchaus attraktiv.

Was sind die Ursachen für Lieferengpässe?

Insbesondere die Pharmaindustrie versucht den Rabattverträgen der gesetzlichen Krankenkassen, die Schuld an Lieferengpässen zuzuschieben. Seit Anfang 2003 dürfen die Krankenkassen mit einzelnen Arzneimittelherstellern Verträge über Preisnachlässe für Medikamente schließen. Die gesetzlichen Krankenkassen geben Jahr um Jahr mehr Geld für Medikamente aus. 2021 waren es nach Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums rund 46,65 Milliarden Euro. Die Arzneimittelrabattverträge bremsen den Anstieg der Arzneimittelausgaben. Alle gesetzlichen Krankenkassen zusammen konnten 2021 durch die Verträge rund 5,11 Milliarden Euro einsparen und für die Versorgung ihrer Versicherten einsetzen. Rabattverträge haben nichts mit der Höhe der Lieferausfälle zu tun. Die meisten der zuletzt weltweit aufgetretenen Lieferausfälle betrafen insbesondere die Bereiche ohne Rabattverträge, wie beispielsweise Fiebersäfte oder bestimmte Antibiotika. Von insgesamt knapp 50.000 verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die auf dem deutschen Markt angeboten und verordnet werden, waren zum 1. Dezember 2022 289 Arzneimittel von einem Lieferengpass betroffen. Das entspricht 0,6 Prozent dieser Arzneien. Die Ursachen dafür sind global und vielschichtig. Sie reichen von produktions- bzw. qualitätsbedingten Ursachen wie dem Ausfall von Maschinen oder ganzer Fabriken oder auch, dass Rohstoffe knapp sind oder nicht den Qualitätsanforderungen entsprechen. Auch ein gestiegener saisonaler Bedarf wie bei Grippe- und Erkältungswellen kann zu Lieferengpässen führen.

Lieferengpass am Beispiel Fiebersaft

Die Problematik der Fiebersäfte hat verdeutlicht, welche Auswirkungen durch saisonale Mehrbedarfe entstehen. Gab es während der Corona-Pandemie einen Rückgang an Atemwegs- und Erkältungskrankheiten, so zog die Zahl der Infekte im Winter 2022/2023 deutlich an. Dies zeigt sich sehr genau in der Abgabemenge der Packungen von Kinderfiebersäften auf Rezept in der AOK PLUS. Dabei verdoppelte sich zwischen Dezember 2019 und Dezember 2022 die Anzahl der abgegebenen Packungen, der Preis pro Packung stieg von 3,44 Euro auf 4,25 Euro.

Quelle: eigene Berechnungen AOK PLUS, 16. Februar 2023

Positionspapier der AOK-Gemeinschaft

Die AOK-Gemeinschaft setzt sich seit langem für eine größtmögliche Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln ein und wird diese im Interesse ihrer Versicherten auch mit Blick auf die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie weiter stärken. Deshalb hat sie im Rahmen der Vertragsgestaltung bei Rabattverträgen Anpassungen vorgenommen und fordert weitere gesetzliche Maßnahmen

Kommentare (0)

Bisher gibt es keine Kommentare zu diesem Beitrag.

Beitrag kommentieren
Alle mit * gekennzeichneten Felder sind Pflichtangaben.