Entlastung für die Pflege
Pflegeroboter können in der stationären Altenpflege bereits heute vielfältige Aufgaben übernehmen und die Pflegekräfte somit spürbar entlasten. Sven Nobereit und Annette Düring erklären im Interview, warum Robotik in der Pflegeausbildung verankert werden muss und welche Vorteile die Pflegekräfte und die Pflegebranche insgesamt davon hätte.

Pflege-Roboter bekommen kein Gehalt, brauchen keine Pausen und haben niemals Rückenschmerzen. Wie lange dauert es noch, bis Roboter flächendeckend die Pflege übernehmen?
Sven Nobereit: Sie haben Recht, Roboter bringen einige Vorteile mit sich. Aber auch Roboter kosten viel Geld. Sie können gewinnbringend jedoch dort eingesetzt werden, wo wir sie am dringendsten benötigen, etwa beim Heben und Tragen oder dem Ändern von Liegepositionen der Pflegebedürftigen. Tendenziell sind Pflegebedürftige nämlich immer adipöser. Das ist auch für die Pflegekräfte herausfordernd. Indem Roboter die Pflegekräfte insbesondere bei körperlich schwerer Arbeit entlasten, erleben wir positive Effekte für die Gesundheit der Beschäftigten, sodass es zu weniger Ausfallzeiten kommt. Ich bin davon überzeugt, dass es keine vollautomatisierte Pflege Kann die häusliche Pflege nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden, besteht Anspruch auf… geben wird. Roboter sollen die Menschen ja auch nicht ersetzen, sondern die Lebenssituation der Pflegenden verbessern und die Arbeit der Pflegekräfte deutlich erleichtern. Als Unterstützungssystem kann Robotik den Pflegeberuf also noch attraktiver machen.
„Als Unterstützungssystem kann Robotik den Pflegeberuf also noch attraktiver machen.“

Alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrats der AOK PLUS (Arbeitgeberseite)
Es gibt ja durchaus schon einige Erfahrungen mit Pflegerobotern. Was sind denn noch weitere typische Einsatzgebiete zur Entlastung der Pflegenden?
Annette Düring: Roboter können die Pflegekräfte auch in den Zeiten zwischen den eigentlichen pflegerischen Anwendungen gut unterstützen. Das ist im Pflegealltag einer stationären Einrichtung ja durchaus ein großer Teil des Tages. Pflegeroboter können beispielsweise auf spielerische Art und Weise die Bewohnerinnen und Bewohner mit Bewegungsübungen aktivieren. Spielerische Gedächtnistrainings-Übungen oder das gemeinsame Singen von Volksliedern oder Schlagern gelingen ebenfalls erstaunlich gut. Indem die Roboter hier Aufgaben übernehmen, werden Kapazitäten für andere pflegerische Tätigkeiten frei. Letzen Endes sehen wir hier ein großes Potenzial, die Qualität ist ein zentrales Versorgungsziel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Im Rahmen der… in der stationären Pflege zu verbessern. Wir sehen aber auch in der ambulanten Pflege ein großes Unterstützungspotenzial. Hier können Roboter pflegende Angehörige entlasten, indem sie an die Medikamenteneinnahme erinnern, soziale Interaktionen fördern, Notrufe absetzen oder einfache Haushaltsaufgaben übernehmen. Das stärkt die Autonomie der Menschen, die in der eigenen Häuslichkeit gepflegt werden und reduziert den Aufwand für die pflegenden Angehörigen.
Viele Menschen verunsichert der Einsatz von Pflegerobotern. Wie ließe sich die Akzeptanz steigern?
Sven Nobereit:Wir brauchen vor allem gute Beispiele. So funktioniert es ja auch in anderen Gebieten: Wir orientieren uns immer daran, was andere bereits erfolgreich umgesetzt haben. Je höher der Mehrwert für uns, desto wahrscheinlicher wird der Einsatz neuer Produkte oder Verfahren. In verschiedenen Modellversuchen hat sich jedoch gezeigt, dass es Pflegefachkräfte gibt, die Probleme mit diesem Thema haben. Sie sorgen sich um ihren Arbeitsplatz oder dass durch den Einzug der Technik ihr Job komplizierter wird – und nicht etwa leichter. Ein Blick über den Tellerrand – etwa nach Japan – könnte zum Abbau solcher Vorbehalte beitragen. Robotik in der Pflege lässt sich dann zielführend nutzen, wenn Pflegekräfte – aber auch die zu Pflegenden – darin auch einen Gewinn für sich erkennen können. Wir müssen deshalb das Thema Robotik so schnell wie möglich in der Pflegeausbildung verankern. Wenn sich professionell Pflegende bereits in der Ausbildung mit dem Thema auseinandersetzen, wird das die Akzeptanz deutlich erhöhen. Immer mehr Pflegekräfte arbeiten in Teilzeit, was den Fachkräftemangel in der Pflege weiter verschärft und damit die Verfügbarkeit von freien Pflegeplätzen verringert. Insofern schließt Robotik hier auch eine Lücke.
„Anbieter von Pflegerobotern müssen beim Datenschutz maximale Transparenz gewährleisten.“

Alternierende Vorsitzende des Verwaltungsrates der AOK Bremen/Bremerhaven (Versichertenseite)
Sehen Sie Probleme beim Datenschutz?
Annette Düring: Datenschutz Der Datenschutz ist in der Sozialversicherung von besonderer Bedeutung, da ihre Träger auf eine… ist schon ein wichtiges Thema in der Robotik. Je nach eingesetztem Pflegeroboter sind sie durchaus in der Lage, Daten zu sammeln. Sozialroboter haben ihre Kameras und Mikrofone jederzeit aktiviert, damit sie auf Anfrage auch reagieren können. Die zentrale Frage ist also letztlich, ob die erhobenen Daten gespeichert werden. Und falls sie gespeichert werden, für welche Zwecke das geschieht. Hier müssen die Anbieter von Pflegerobotern maximale Transparenz gewährleisten, um das Vertrauen von Pflegeheimbewohnern beziehungsweise ihren Angehörigen zu gewinnen. Darüber hinaus bietet die europäische Datenschutzgrundverordnung eine gesetzliche Grundlage, die mit sehr hohen Maßstäben den Datenschutz sicherstellt.