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„Es gibt nur Gewinner.“

28.10.2025 AOK PLUS, Pascal Ziehm

Obwohl Klinikschließungen oft Ängste auslösen, kann daraus Neues entstehen: In Reichenbach ist aus dem ehemaligen Krankenhaus ein modernes Gesundheitszentrum geworden. Warum er an diese Transformation geglaubt hat, welche Hürden er überwinden musste und was seine Vision für die Zukunft ist – darüber spricht Investor Dr. Kilian Lange im Interview mit AmPuls.

Herr Dr. Lange, Sie stammen aus Greiz und sind tief in der Region verwurzelt. Welche Rolle spielt diese Verbundenheit für Ihr Engagement in Reichenbach?
Ich bin in Greiz aufgewachsen, meine Mutter kommt aus Schöneck, mein Vater ebenfalls aus Greiz. Meine Eltern waren selbstständig, wir hatten einen Baustoffhandel und dadurch schon früh viele Kontakte zu Architekten, Handwerkern und Ingenieuren. Über die Jahre ist daraus ein starkes berufliches und privates Netzwerk im Vogtland entstanden. Diese regionale Verwurzelung war für mich entscheidend. Bei einem so schwierigen Projekt wie der Transformation eines Krankenhauses war es ein Vorteil, viele direkte Drähte zu haben – zu Menschen, die man kennt und denen man vertraut. Das hat mir auch ein Stück weit das Gefühl gegeben: Hier kann ich wirklich etwas bewegen, um mit einem ersten Referenzobjekt zu starten und dies vielleicht sogar besser als irgendwo sonst in Deutschland.

Das Klinikum Reichenbach musste nach der Insolvenz schließen. Viele Menschen hatten Angst, ihre medizinische Versorgung zu verlieren. Was hat Sie überzeugt, dennoch einzusteigen?
Ich habe von Anfang an die Chance gesehen. Meine Vision war, dass die ambulante Versorgung nach der Transformation sogar besser sein kann als vorher. In die Notaufnahme muss man zum Glück nicht oft, aber auf einen Termin bei einem Facharzt Will ein Arzt nach erfolgter Approbation eine Fachgebietsbezeichnung (zum Beispiel Arzt für… wartet man lange – manchmal Monate, manchmal bekommt man ihn gar nicht. Gerade im Vogtland war das damals ein riesiges Problem. Diese Versorgungslücke zu schließen, war für mich die Motivation, hier einzusteigen.

War Reichenbach Ihr erstes Projekt im Gesundheitswesen?
Im Bereich Fachärzte und Gesundheitsversorgung ja. Ich bin eigentlich Projektentwickler. Seit 2009 habe ich in der Immobilienentwicklung gearbeitet, im Bereich Denkmalschutz, Wohnungsbau, Gewerbe. Parallel habe ich früh in Photovoltaik investiert und mittlerweile auch in Speichertechnologien – beides Themen, die heute wichtig sind, um Nebenkosten großer Immobilien überhaupt noch bezahlbar zu halten. 2015 kam die Pflege Kann die häusliche Pflege nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden, besteht Anspruch auf… dazu: betreutes Wohnen, ambulante Wohngruppen, Intensivpflege. Das Gesundheitszentrum Reichenbach war also mein erstes großes Projekt im Gesundheitswesen Das Gesundheitswesen umfasst alle Einrichtungen, die die Gesundheit der Bevölkerung erhalten,… – aber ich habe es als logische Erweiterung gesehen.

Dr. Kilian Lange (Mitte) im Gespräch mit Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer.

Wie kam Reichenbach konkret in Ihren Fokus?
Über einen Anruf aus Frankfurt. Ein Geschäftspartner sagte zu mir: „In deiner Heimat steht ein Krankenhaus Krankenhäuser sind Einrichtungen der stationären Versorgung, deren Kern die Akut- beziehungsweise… vor der Insolvenz – ist das nicht etwas für dich?“ Ich habe mir den Standort angesehen, und es war sofort klar: Das ist ein Projekt, das Potenzial hat. Im Sommer 2023 haben wir den Kaufvertrag beurkundet, am 1. Oktober 2023 war der Übergang. Heute, zwei Jahre später, ist die Transformation vollzogen.

Die Transformation war ein Kraftakt. Was war die schwierigste Phase?
Die ersten sechs Monate. Man hat die Vision im Kopf, aber es braucht Partner, die Vertrauen haben und bereit sind, langfristige Mietverträge zu unterschreiben. Anfangs herrscht Zurückhaltung, Skepsis – auch von politischer Seite. Man wartet ab, schaut, ob das Konzept wirklich trägt. Das war nervenaufreibend. Aber irgendwann kippte die Stimmung ins Positive. Mit jeder Praxis, die eröffnet, wuchs das Vertrauen. Am Ende hatten wir sogar mehrere Bewerber für einzelne Flächen. Dieser Wendepunkt – zu sehen, dass die Idee angenommen wird – das war ein Schlüsselmoment.

Was hat Sie persönlich durch diese Phase getragen?
Für mich gab es keine Option des Scheiterns. Ich wusste: Am Ende gibt es nur Gewinner. Die Patientinnen und Patienten, weil sie eine verlässliche ambulante Versorgung haben. Die Ärztinnen und Ärzte, die hier bessere Arbeitsbedingungen finden. Die Bewohnerinnen und Bewohner im betreuten Wohnen oder in der Intensivpflege, die kurze Wege haben. Und die Region, weil Arbeitsplätze erhalten und neue geschaffen wurden. Aber auch meine Familie hat mich immer getragen und mit mir an das Projekt geglaubt. Das Feedback der ersten Mieter und Beschäftigten war enorm wichtig. Viele sagten: „Wir fühlen uns hier wohl, wir sehen die Vorteile.“ Solche Rückmeldungen geben Kraft. Und auch die Überzeugung: Das ist kein Experiment, sondern ein Weg, der am Ende zu einer Win-win-win-Situation führt.

Wie wichtig war die Zusammenarbeit mit Partnern für den Erfolg?
Absolut entscheidend. Von Anfang an war klar: Das funktioniert nur, wenn alle mitziehen. Die Menschen vor Ort müssen das Konzept annehmen, die Politik von Stadt über Landkreis bis Freistaat muss unterstützen, die Unternehmer in der Region müssen mitmachen. Und die Krankenkassen Die 97 Krankenkassen (Stand: 26.01.22) in der gesetzlichen Krankenversicherung verteilen sich auf… . Ich hatte alle eingeladen, aber die AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… PLUS war die einzige, die wirklich von Anfang an vor Ort war. Diese Unterstützung war wichtig – nicht nur finanziell oder organisatorisch, sondern auch inhaltlich: Ideen, Konzepte, fachlicher Input. Ohne diese Partnerschaft hätte ich das Projekt nicht in Angriff genommen.

Viele Partner sind beim Termin mit Ministerpräsident Kretschmer zusammengekommen. Wie wichtig war dieses Signal für Sie?
Sehr wichtig. Es hat gezeigt: Hier ziehen alle an einem Strang. Die Stadt, der Landkreis, der Freistaat, die Ärzteschaft, die Pflege, die Wirtschaft. Auch ehemalige Krankenhausmitarbeiter haben mitgeholfen – manchmal spontan, wenn ein technisches Problem auftauchte. Dieses Miteinander war entscheidend für den Erfolg.

Wenn Sie fünf Jahre in die Zukunft blicken – wie sieht das Gesundheitszentrum Reichenbach dann aus?
Ich wünsche mir, dass es im Kern so aussieht wie heute – nur noch stärker genutzt. Aktuell haben wir drei OP-Tage pro Woche, in fünf Jahren sollen es jeweils fünf OP-Tage in 2 Operationssälen sein. Wir werden mit rund 15 Fachärzten gut aufgestellt sein, vielleicht kommt noch die eine oder andere Spezialisierung hinzu. Wichtig ist mir, dass die Bevölkerung sagen kann: Wir bekommen hier vor Ort die Versorgung, die wir brauchen. Und dass die Beschäftigten sagen: Wir arbeiten hier gerne, besser als im Krankenhaus früher.

Reichenbach gilt inzwischen bundesweit als Referenzprojekt. Wo sehen Sie Potenzial für weitere Transformationen?
Vor allem in Mitteldeutschland – Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt. Aber auch deutschlandweit. Jede Region muss individuell betrachtet werden, ein Copy & Paste funktioniert nicht. Aber das Prinzip bleibt gleich: Klinikschließungen dürfen nicht das Ende sein, sondern können der Anfang neuer Strukturen sein. Wir sind bereit, das weiter zu verfolgen – am liebsten in Sachsen und Thüringen mit der AOK PLUS, die dieses Projekt von Anfang an unterstützt hat. Ohne diese Partnerschaft hätte es Reichenbach nicht gegeben.