Hintergrund

Primärversorgungszentren - Bessere Medizin auf dem Land

Arztsitze in ländlichen Regionen bleiben vermehrt unbesetzt. Nach den Planungen von Bundesgesundheitsminister Lauterbach sollen Primärversorgungszentren in strukturschwachen Regionen deshalb die hausärztliche Versorgung stärken. Dieser Ansatz bietet weitere Chancen, wenn die regionalen Gestaltungsmöglichkeiten ausgeweitet werden.

Nach Auffassung der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… NordWest könnten Primärversorgungszentren einen wichtigen Beitrag zur Sicherung und Verbesserung der ambulanten Versorgung leisten. Mit einem erweiterten Angebot könnten sie insbesondere den Bedürfnissen älterer und multimorbider Patientinnen und Patienten gerecht werden.

Bernd Marchlowitz, Unternehmensbereichsleiter Ambulante Versorgung der AOK NordWest, befürwortet die Einführung von Primärversorgungszentren: „Die Bedarfe der Patientinnen und Patienten werden immer komplexer. PVZ bieten eine gute Chance, einen niedrigschwelligen Zugang und eine umfassende Grundversorgung zu vereinen.“ Für die Patientinnen und Patienten müsse es eine bessere Erreichbarkeit und geringere Fragmentierung der Versorgung geben. Primärversorgungszentren sollten deshalb auch als Grundlage für die Etablierung einer interprofessionellen Zusammenarbeit auf Augenhöhe dienen.

„Primärversorgungszentren sollten flächendeckend umgesetzt werden können.“

Bernd Marchlowitz, Unternehmensbereichsleiter Ambulante Versorgung der AOK NordWest

Bernd Marchlowitz

Unternehmensbereichsleiter Ambulante Versorgung der AOK NordWest

Um das zu erreichen, müssen Strukturen erweitert werden. „PVZ sollten flächendeckend umgesetzt werden können“, meint Marchlowitz, „Errichtungsbeschränkungen auf unterversorgte Regionen sind nicht zielführend.“ Vielmehr sollten die Gründungsvoraussetzungen möglichst niedrig sein und sich ausschließlich am Bedarf der Patientinnen und Patienten orientieren. Dabei sei ein ausreichender Spielraum für eine auf die Region zugeschnittene Ausgestaltung wichtig. So sollte der Versorgungsauftrag eines PVZ zum Beispiel auch die fachärztliche Grundversorgung einer Region umfassen können. Je nach regionalem Bedarf könnten auch weitere Gesundheitsprofessionen sowie soziale Beratungsangebote und Nachsorge- und Beobachtungsmöglichkeiten das Versorgungsangebot ergänzen.

Nach Auffassung von Bernd Marchlowitz ist die derzeitige Arztzentrierung nicht förderlich, um die interprofessionelle Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu etablieren. „Medizinisch-pflegerische Leistungen sollten im PVZ als Teamleistung zur Verfügung gestellt werden“, erläutert Marchlowitz. Pflegefachpersonen – wie etwa Advanced Practice Nurses oder Community Health Nurses – müssten dabei eine wesentliche Rolle einnehmen. Ebenso sollten besonders qualifizierte Medizinische Fachangestellte oder Physician Assistants entsprechend ihrer Kompetenzen eingesetzt werden. „Vor diesem Hintergrund sollte eine solche interprofessionelle Betriebsform auch gesetzlich verankert werden“, so der Experte.

Nach seiner Auffassung können Primärversorgungszentren aber nur ein Teil der Lösung für die ambulante Versorgung sein. Wichtig sei es auch, die Vorschläge zur Krankenhausreform in Bezug auf die Einführung von sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen frühzeitig mitzuberücksichtigen. Diese können so Teil eines insgesamt erforderlichen Umbaus der Versorgungslandschaft sein und zur Bereitstellung eines bedarfsgerechten wohnortnahen Versorgungsangebots beitragen.

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