„Hitzeschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe“
Der Landkreis Barnim zeigt, wie Hitzeschutz im Alltag ankommt: mit verständlichen Informationen, greifbaren Aktionen und starken Netzwerken vor Ort. Ermöglicht wurde das durch die Förderung der Krankenkassen – so konnten Maßnahmen erprobt, Partner gewonnen und besonders gefährdete Gruppen gezielt erreicht werden.

Frau Ringel, warum braucht Barnim überhaupt eine Hitzeschutzplanung?

Anne‑Kathrin Ringel: Hitze ist eine ernsthafte Gesundheitsgefahr, vor allem für Kinder oder ältere Menschen. Im stillen Kämmerlein einen Plan auf Papier zu entwickeln, reicht dabei nicht. Hitzeschutz funktioniert nur dort, wo Menschen leben: zu Hause, in Kindertagesstätten, Schulen, Pflegeeinrichtungen, Vereinen und Gemeinden. Wir als Landkreis beraten und unterstützen. Hitzeschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe.
Frage: Welche Erfahrungen im Landkreis Barnim haben Ihnen gezeigt, dass Sie handeln müssen?
Der Landkreis Barnim ist von Trockenheit geprägt. Das Thema Schutz vor UV-Strahlung war bei uns früh im Fokus. Aus diesen Erfahrungen ist der Impuls gewachsen, Hitzeprävention systematisch zu denken. Als das Land Workshops zum Hitzeschutz angestoßen hat, konnten wir trotz der Belastungen in der Pandemie am Thema weiterarbeiten und den Einstieg in die Hitzeschutzplanung finden.
Wie haben Sie die besonders gefährdeten Zielgruppen konkret erreicht?
Wir haben uns gefragt: Wo erreichen wir die Menschen wirklich? Ein zentraler Baustein war der Hitzeknigge, eine sehr gut gemachte Broschüre des Umweltbundesamtes, die wir in großer Auflage drucken ließen. Unsere Kommunen, Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher, Vereine und sogar Skatgruppen haben ihn breit verteilt. Besonders wichtig war uns, Menschen in der Häuslichkeit zu erreichen, die keine Einrichtung im Rücken haben. Wir wollten die Informationen direkt an die Basis bringen.
Was hat es mit der Sonnenmilch Bar auf sich?
Die Idee ist bei Sportfesten entstanden, die im Sommer oft bei Hitze und starker UV-Belastung stattfinden. Wir stellen verschiedene Sonnenschutzmittel bereit, erklären die richtige Anwendung und räumen mit Missverständnissen auf. Die Menschen können ausprobieren und nachcremen, und sie bekommen Antworten auf ihre Fragen. Zudem erklären wir, dass zum UV-Schutz nicht nur Sonnencreme gehört. Dieses Angebot wird sehr gerne angenommen, das hätten wir zu Beginn nicht erwartet.

Wer ist eigentlich … Anne‑Kathrin Ringel
Anne-Kathrin Ringel ist Koordinatorin der Gesundheitsförderung und Prävention im Landkreis Barnim und fünfzehn Jahren im Gesundheitsamt tätig. Ihre Erfahrungen teilt sie im Zentralen Netzwerk Hitzeschutz Brandenburg, in dem auch die AOK Nordost Mitglied ist.
Geplant war auch ein Lotsennetzwerk, bei dem zu Hause lebende Seniorinnen und Senioren bei Hitze Hilfe bekommen. Was ist daraus geworden?
Unser ursprünglicher Plan, Warnhinweise über Messenger zu organisieren, hat leider nicht funktioniert. Datenschutz Der Datenschutz ist in der Sozialversicherung von besonderer Bedeutung, da ihre Träger auf eine… und Informationssicherheit setzen uns klare Grenzen. Die Lehre lautet: Wir setzen auf bestehende Strukturen. „Pflege vor Ort“, der Seniorenbeirat, „lokale Allianzen“ oder die vielen Sportvereine erreichen die zu Hause lebenden Seniorinnen und Senioren zuverlässig. Über diese Partner konnten wir die Kommunikation deutlich verstärken.
Welche Rolle spielte die Förderung der Krankenkassen über das GKV-Bündnis für Gesundheit in Brandenburg?
Die Förderung war entscheidend. Sie hat uns trotz knapper kommunaler Mittel ermöglicht, freier zu handeln, Veranstaltungen umzusetzen und Neues auszuprobieren. So sind Kontakte gewachsen, die es vorher nicht gab, zum Beispiel zum Kreissportbund und zum Seniorenbeirat. Das Projekt hat unser Netzwerk spürbar gestärkt.
Geben Sie Ihre Erfahrungen an andere Kommunen weiter?
Ja. Wir teilen unsere Erfahrungen im Zentralen Netzwerk Hitzeschutz. Der Austausch hilft uns und anderen, passgenaue Maßnahmen zu entwickeln. Wir beraten, holen Rückmeldungen ein und bauen unsere eigenen Kanäle aus. So wird aus einzelnen Projekten ein lebendiges Netz.
Was bleibt, wenn die Projektförderung endet – und was wünschen Sie sich?
Wir wollen das Netzwerk erhalten und erweitern. Die Sonnenmilch‑Bar soll verstetigt werden. Außerdem bauen wir eine neue Internetpräsenz aus und setzen auf Maßnahmen, die mit überschaubaren Mitteln viel bewirken. Und ich wünsche mir, dass wir die Eigenverantwortung stärken. Hitzeschutz beginnt bei jedem Einzelnen und umfasst die Nachbarschaft. Wir sollten aufeinander achten – auf ältere Menschen, auf Kinder, auf die Menschen nebenan. In der Förderpraxis wünsche ich mir flexible Lösungen bei Eigenanteilen, damit auch finanzschwächere Kommunen mitgehen können.